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Ein­füh­rung und me­tho­di­sche Über­le­gun­gen

In­fo­box

Diese Seite ist Teil einer Ma­te­ria­li­en­samm­lung zum Bil­dungs­plan 2004: Grund­la­gen der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung. Bitte be­ach­ten Sie, dass der Bil­dungs­plan fort­ge­schrie­ben wurde.

Sach­ana­ly­se
In den Lek­ti­ons­tex­ten 15-17 Kai­ros geht es um das un­heil­vol­le Ge­sche­hen um Aga­mem­non, das von der Op­fe­rung der Iphi­ge­nie bis zum Mut­ter­mord des Ores­tes reicht. Aga­mem­non, Kly­taim­ne­s­tra und Ores­tes laden je­weils Schuld auf sich, die un­ter­schied­lich zu be­wer­ten ist.

Lek­ti­on 15 : Aga­mem­non muss, um wei­ter gegen Troja se­geln zu kön­nen, seine Toch­ter Iphi­ge­nie op­fern. Dies fällt ihm of­fen­bar schwer, denn der Text er­wähnt, dass er lange Zeit mit sich zu Rate ge­gan­gen ist und es der Über­re­dungs­kunst des Me­ne­la­os be­durft hat, um ihn davon zu über­zeu­gen, seine Va­ter­ver­ant­wor­tung hin­ter den be­ab­sich­tig­ten Tro­ja­zug zu­rück­zu­stel­len. Aga­mem­non ist also per se nicht si­cher, er hat kei­nen ei­ge­nen star­ken Hand­lungs­im­puls, son­dern ist in die­ser wich­ti­gen Frage Ob­jekt der In­ter­es­sen sei­nes Bru­ders Me­ne­la­os. Hinzu kommt, dass der Op­fe­rung der Toch­ter die Ehre (Zeile 4) wohl sei­nes Bru­ders ge­gen­über­steht. Um die Op­fe­rung voll­zie­hen zu kön­nen, muss er seine Toch­ter (sowie seine Frau) mit einem Trug her­an­lo­cken: Sie solle wegen einer Hei­rat (mit Achill) ins Lager kom­men. Auch der nächs­te Ab­schnitt bringt For­mu­lie­run­gen, die die Schuld des Aga­mem­non wei­ter be­to­nen: die Toch­ter bit­tet um Gnade, doch Dio­me­des und Odys­seus zer­ren sie ge­walt­sam auf den Altar.

Zu­sam­men­fas­send lässt sich eine gra­vie­ren­de Schuld bei Aga­mem­non fest­stel­len. Er hat kein ei­ge­nes Motiv, seine Toch­ter zu op­fern, son­dern macht sich zum Er­fül­lungs­ge­hil­fen der In­ter­es­sen sei­nes Bru­ders und setzt diese durch Trug und Ge­walt skru­pel­los um.

Lek­ti­on 16 : Kly­taim­ne­s­tra tötet ihren heim­keh­ren­den Gat­ten Aga­mem­non zu­sam­men mit sei­ner Ge­lieb­ten Kas­san­dra. Auch in die­sem Text wird die Schuld der Ak­teu­rin be­tont. Sie han­delt im Zorn (7, 8), ver­birgt die­sen je­doch hin­ter einer Maske, was meh­re­re For­mu­lie­run­gen des Tex­tes be­to­nen (8, 9). Der Mord an Aga­mem­non im Bad zeigt voll­ends, dass sie in Heim­tü­cke han­delt, indem sie einen wehr- und arg­lo­sen Mann hin­ter­rücks um­bringt. Indem sie auch Kas­san­dra tötet, zeigt sich, dass sie auch eine na­he­zu un­schul­di­ge Per­son zu töten be­reit ist. Ihr Han­deln wird des­halb auch zu Recht im Text als Rache be­zeich­net (5).

An­ders als in Lek­ti­on 15 bei Aga­mem­non las­sen sich je­doch auch Ge­sichts­punk­te be­nen­nen, die Kly­taim­ne­s­tra ent­las­ten und ihre Schuld mil­dern. Dass Aga­mem­non mit einer Ne­ben­frau heim­kehrt, ist eine ver­let­zen­de Takt­lo­sig­keit. Und seine Un­ta­ten aus der Ver­gan­gen­heit (die ver­such­te Op­fe­rung der Iphi­ge­nie) sowie der of­fen­bar schon lange wäh­ren­de Ehe­bruch mit Kas­san­dra las­sen ein ge­wis­ses Ver­ständ­nis für den Ra­che­wunsch der Kly­taim­ne­s­tra auf­kom­men.

Lek­ti­on 17 : Die­ser Lek­ti­ons­text be­han­delt den letz­ten Akt des Atri­den­fluchs: Ores­tes bringt seine Mut­ter um. Der Mut­ter­mord ist ei­ner­seits be­son­ders ent­setz­lich, an­de­rer­seits bringt der Text vie­les zur Spra­che, was zu Guns­ten von Ores­tes ge­wer­tet wer­den kann. Er han­delt zum einen nicht aus ei­ge­nem An­trieb, son­dern ge­zwun­gen und zwar von der gött­li­chen Au­to­ri­tät des Apoll. Er kämpft zum zwei­ten in einem of­fe­nen Zwei­kampf gegen den Ehe­bre­cher Ai­gis­t­hos (7) und be­sei­tigt auf diese Weise die il­le­gi­ti­me Herr­schafts­form der Ty­ran­nis, die von die­sem eta­bliert wurde. Der Text be­tont ei­gens, dass der ei­gent­li­che Mut­ter­mord durch das gött­li­che Wort ge­for­dert ist (7).

Dass Orest nun von den Er­i­ny­en ver­folgt wird, ist ei­gent­lich un­sin­nig und tat­säch­lich macht der Text durch ὅμως die­ses Pa­ra­dox auch deut­lich (8). Orest wird schließ­lich in Athen von der Göt­tin Athe­ne selbst ent­sühnt.

Krea­ti­ve Text­pro­duk­tio­nen zu den Lek­tio­nen 15-17 Kai­ros: Her­un­ter­la­den [doc][58 KB]