Die Vergleiche des Philosophen mit Ärzten, Kapitänen und Turnlehrern in der „Politeia“
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Diese Seite ist Teil einer Materialiensammlung zum Bildungsplan 2004: Grundlagen der Kompetenzorientierung. Bitte beachten Sie, dass der Bildungsplan fortgeschrieben wurde.
IV. Die Vergleiche des Philosophen mit Ärzten, Kapitänen und Turnlehrern in der „Politeia“
Vorbemerkung:
Für Platon ist der Abstand zwischen dem Philosophen, der durch die Schau der Ideen über wahres Wissen verfügt und den normalen Menschen, die in der „Höhle“ des Nichtwissens leben und die von der sophistischen Rhetorik nur ein Scheinwissen vermittelt bekommen, unermesslich groß. Dieser Abstand drückt sich auch in den Gleichnissen aus, die Platon gebraucht, um das Verhältnis zwischen Philosoph bzw. Staatenlenker und Bürger zu verdeutlichen, und in denen der Philosoph mit einem Turnlehrer, einem Arzt oder einem Kapitän verglichen wird. Die Bürger wären demnach Ratsuchende, Patienten oder Matrosen. Diese Gleichnisse enthalten problematische Aspekte und besonders deutlich werden sie beim Arzt-Gleichnis:
- Der Arzt hat ein festes Wissen, mit dem er seinen Beruf ausübt.
- Der Patient hat in der Regel nur begrenzte Einsicht in seine Wissenschaft.
- Durch seine Krankheit ist er in starker Abhängigkeit von ihm.
Werden diese Merkmale auf das Verhältnis Regierender – Bürger übertragen, werden die Letzteren zu Abhängigen und zu Leitungsbedürftigen. Die Verteilung von Wissen und Nicht-Wissen mag beim Verhältnis Arzt-Patient klar ausfallen, beim Verhältnis Regierender - Bürger veranschlagt unser Empfinden den Wissensvorsprung des Politikers geringer – es sei denn, er hätte tatsächlich durch die Ideenschau letzte Erkenntnis gewonnen und dies wäre möglich. Das Ziel des Arztes ist durch die Heilung klar definiert – und das des Politikers? Kann man hier ein so eindeutig und konkret umrissenes Ziel formulieren? Kann die Politik eigentlich zu besten Lösungen kommen, wie es der Begriff Heilung impliziert? – Tatsächlich ist doch immer die eine Politik für die einen gut, für die anderen schlecht und von den jeweiligen Interessen her lässt sich die eine oder andere politische Entscheidung begründen. – Das Gleichnis ist insofern problematisch, als es ein hierarchisches Verhältnis, ein Abhängigkeitsverhältnis auf die Politik überträgt. Und es überschätzt den Wert des Wissens, den wir für die Politik eher mit der Fähigkeit, jeweils einen akzeptablen Interessensausgleich herbeizuführen, ersetzen würden. Hier können die Ss. kritisch reflektieren, welche Implikationen ein solches Gleichnis in sich trägt und was eigentlich – für uns – der Begriff der Politik impliziert.
Auch der Vergleich zwischen Kapitän und Politiker ist fragwürdig. Der Kapitän kennt das Ziel, zu dem das Schiff steuern soll. Und auch er hat natürlich in vollem Umfang das Wissen, wie das Schiff dorthin zu steuern ist. In der Politik können Ziele jedoch nicht so eindeutig feststehen: die Politik ist das Feld des Abwägens, des Beratens und des Interessensausgleichs und dies geht in diesem Gleichnis verloren.
Der Vergleich Herrscher – Steuermann / Arzt
Im folgenden Text wird der Philosophenherrscher mit einem Steuermann bzw. einem Arzt verglichen.
Platon, Politeia 489 bc |
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οὐ γὰρ ἔχει φύσιν κυβερνήτην ναυτῶν δεῖσθαι ἄρχεσθαι ὑφ’ αὑτοῦ […], τὸ δὲ ἀληθὲς πέφυκεν, ἐάντε πλούσιος ἐάντε πένης κάμνῃ, ἀναγκαῖον εἶναι ἐπὶ ἰατρῶν θύρας ἰέναι καὶ πάντα τὸν ἄρχεσθαι δεόμενον ἐπὶ τὰς τοῦ ἄρχειν δυναμένου, οὐ τὸν ἄρχοντα δεῖσθαι τῶν ἀρχομένων ἄρχεσθαι, οὗ ἂν τῇ ἀληθείᾳ τι ὄφελος ᾖ. |
Denn es hat ja doch keine Art, dass ein Steuermann die Schiffsleute anfleht, […] die richtige Art ist vielmehr die, dass der Kranke, mag es nun ein Großer oder ein Geringer sein, zu den Ärzten in das Haus kommen muss und dass jeder Regierungsbedürftige zu den Türen des Regierungsverständigen komme, nicht aber, dass, wer zu herrschen versteht, wenn er in Wahrheit etwas taugt, die der Beherrschung Bedürftigen bitte, sich von ihm beherrschen zu lassen. (Übersetzung: Wilhelm Wiegand) |
Aufgaben:
1. Arbeiten Sie aus dem griechischen Text heraus, mit wem der Regierende und mit wem der Regierte verglichen wird!
2. Beschreiben Sie mit griechischen Zitaten das Verhältnis, das zwischen ihnen bestehen soll!
3. Welche Konsequenzen ergeben sich daraus, dass jeweils Herrscher und Arzt, Bürger und Kranker gleichgesetzt werden?
Lernstandsdiagnosen und Binnendifferenzierung in der Kursstufen-Lektüre:
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