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Unterrichtsansätze

2.1 Kl. 5.6 - Organisierendes Zentrum: "Gotteshäuser"

Lernstandskontrolle

Wie bei allen anderen Unterrichtssequenzen auch, ist beim Unterricht eine Lernstandskontrolle unumgänglich. Ein Blick in den Bildungsplan der 3./4. Klasse wird nötig sein. Es zeigt sich für die Grundschule (u.a. auch für den Bereich "Religionen und Weltanschauungen") ein anspruchsvolles Tableau, das aber, zum Beispiel anhand von Bildern, weiterfragen lässt [Theologisch-didaktische Fragestellungen: Welche Räume kennen wir schon? Zu welchen Gegenständen können wir etwas sagen? Welche Erzählungen, Geschichten, Bilder fallen uns ein?]

Gotteshäuser als signifikante, aber keineswegs einzige Orte und Gestaltwerdungen religiöser Praxis

(a) Synagoge, Kirche und Moschee werden als Orte des Gebets und der jeweiligen heiligen Schrift identifiziert. Diese Vorentscheidung gibt eine Vorgabe für mögliche Beobachtungsperspektiven beim Besuch der jeweiligen Gotteshäuser oder bei der Betrachtung von Filmen und/oder Bildmaterial [Theologisch didaktische Fragestellungen und Horizonte: Welche Aufgaben erfüllen die einzelnen Gegenstände der verschiedenen Gotteshäuer im jeweiligen gottesdienstlichen Geschehen? Wo und wie wird jeweils gebetet? Wodurch wird das Geschehen im jeweiligen Raum eigentlich zu einem "feierlichen" Geschehen? Wie sind besondere Anlässe für dieses Geschehen [Kirchenjahr/Festpraxis]? Wo und wie wird die jeweilige heilige Schrift im gottesdienstlichen Versammlungsgeschehen (lesend) gebraucht und/oder inszeniert?]

(b) Die Beobachtungsperspektive (a) ermöglicht auch Erweiterungen, wenn man nach dem Alltag der Menschen fragt, die diese Gotteshäuser besuchen, diese Häuser aber auch wieder verlassen. [Theologisch-didaktische Fragestellungen und Horizonte: Wie wirkt sich der Besuch des Gotteshauses für den Alltag der Besuchenden aus? Festkultur: Wie feiern die Menschen bei großen religiösen Festen „zu Hause weiter“? Was wird „nur zu Hause“ gefeiert? Welche Unterschiede und Verbindungen gibt es zwischen häuslichen Feiern und den gottesdienstlichen Ereignissen und ihren Inhalten? ]

Gotteshäuser als Orte der Heiligen Schriften

Die verschiedenen heiligen Schriften werden zunächst im "Gottesdienst" und im gottesdienstlichen Raum verortet. Exemplarische "Verortungen" könnten sein: Die Altarbibel in der (protestantischen) Kirche; der Toraschrein in der Synagoge; der "Stuhl des Koran" in einer Moschee. Ziel ist es, dass Schülerinnen und Schüler hierbei basal über folgende Fragestellungen Auskunft geben können: Welche Heiligen Schriften kommen in den Gotteshäusern der einzelnen Religionen wie zur Sprache? Was können wir über die Bedeutung dieses "Einsatzes von Schriften" (zum Beispiel bei Jahres- und Lebensfesten) sagen?

Beispiele für "horizontale Vernetzungen" in andere Bereiche des Bildungsplans für Kl. 5/6:

3.1.2 (2) [Der Dekalog ist als wichtiges Element der Tora auch wichtig für christliche Ethik];

3.1.1 (3) [Wie wichtig (oder problematisch) sind eigentlich (religiöse) Feste für ein gelingendes Miteinander, zum Beispiel in Familien?]

2.2 Klassen 7/8 - Organisierendes Zentrum: "Heilige Schriften"

Lernstandskontrolle

Bilder von verschiedenen Gotteshäusern, die aus dem Unterricht in Klasse 5/6 bereits bekannt sind, könnten im Unterricht (an verschiedenen Stellen, zu unterschiedlichen Zeiten und "immer mal wieder") eingespielt werden. Basiswissen zu den heiligen Schriften und zur Verortung von Gebet ist wieder zu aktivieren oder nochmals zu platzieren [Theologisch didaktische Fragestellungen könnten zum Beispiel sein: Was machen Muslime mit dem Koran in ihrer Moschee? Wo kommt der Koran in der Moschee eigentlich vor?]

Umgang mit dem "Schwerpunkt Islam" und anderen Religionen bei einer Orientierung am Thema "Heilige Schriften [vgl. ibK 3.2.3 (3)]

Ein Blick in den Bildungsplan zeigt, dass der Islam im Bereich Religionen einen gewissen Schwerpunkt bildet. Die wesentlichen historischen Informationen zur Gestalt Mohammeds können über die Leitfrage nach dem geschichtlichen Weg und Werdegang Mohammeds als Empfänger des Korans gestaltet werden. [Theologisch-didaktische Fragestellungen: Warum ist Mohammed wichtig für die Weitergabe des Koran und seine Bedeutung für die muslimische Gemeinschaft?]. Die unumgänglichen „Fünf Säulen des Islam“ können in ihrer Relativität dargestellt werden, wenn unterrichtlich exemplarisch eine Rückfrage bearbeitet wird: Wie redet eigentlich der Koran von den jeweiligen Themen der einzelnen Säulen? In der Perspektive eines horizontalen Vergleichs kann vergleichend gefragt werden: Welche Verpflichtungen ergeben sich aus der jüdischen Bibel für Jüdinnen und Juden und aus dem Neuen Testament für Christinnen und Christen?

Vergleichende Perspektiven mit der Tora als heiliger Schrift des Judentums sowie der christlichen Bibel können Unterschiede und Gemeinsamkeiten herausarbeiten und dabei noch einmal auf Unterrichtsperspektiven der Kl.5/6 (im besten Falle!) vertiefend rekurrieren. [Theologisch-didaktische Fragestellungen unterschiedlicher Komplexität; sie sind jeweils an exemplarischen Beispielen zu „erden“: Inwiefern spielt die Rezitation im Judentum und im Islam eine wichtige Rolle? Wie steht es damit eigentlich im christlichen Gottesdienst? Der Koran als ganzer wird als Text der unmittelbaren göttlichen Offenbarung präsentiert. Wie steht es damit in der jüdischen und in der christlichen Bibel? Wo und wie geschieht die Auslegung der jeweiligen heiligen Schrift?]

Die Dialogthematik in Klasse 7/8

Auch die im Bildungsplan geforderte Ausarbeitung von Regeln für einen Dialog [vgl. ibk 3.2.7 (3)] sollte in Klasse 7/8 an möglichst konkreten Beispielen erfolgen. Eine Begegnungsstunde mit muslimischen Schülerinnen und Schülern zur entsprechenden Thematik ist nach entsprechender Vorbereitung wünschenswert. Das in der Übersicht angegebene Szenario zum Koran könnte gut an der Frage anknüpfen: Wie gehen wir jeweils („physisch“) mit Schulbibel und Koran um? Eine weitergehende theologisch-didaktische Fragestellung könnte lauten: "Wo und wie kommt der Koran/die Bibel heute im Leben von Jugendlichen vor?". Hier sollte man angesichts einer auch bei jungen Muslimen um sich greifenden Säkularisierung nicht zu idealtypischen Stilisierungen greifen ("Junge Muslime lesen mehr im Koran als junge ´Kirchenchristen´ in der Bibel"). Interessant wären für die Jugendlichen vielmehr Erkundungen zur Frage: Wo begegnet uns der Koran/die Bibel eher vermittelt über andere Menschen (Rezitationen/Werbung/RU)? Andere Ansatzpunkte für Anforderungssituationen finden sich in der "Kopftuchfrage" und in der Bearbeitung einer etwas heiklen Situation in einer Moschee. (Vgl. dazu: Werkstück W1).

Beispiele für "horizontale Vernetzungen" in andere Bereiche des Bildungsplans für Kl. 7/8

3.2.4 (2) [Gottesvorstellungen im Islam - 99 Namen in Auswahl mit Rekursen auf koranische Gottesbezeichnungen und Vergleich mit Texten zur biblischen Gottesvorstellung (AT und NT); vgl. dazu auch eine mögliche Bezugnahme auf die entsprechende inhaltsbezogene Kompetenz in Klasse 5/6, ibK 3.1.4 (2) und 3.2.3 (2). Die Bearbeitung dieser Kompetenz stellt (etwa am Beispiel des Amos) auch die Frage nach dem Wesen eines Propheten. Kontrastierend ergibt sich die Frage: Wer ist eigentlich nach islamischem Verständnis ein Prophet?

2.3 Klassen 9/10 - Organisierendes Zentrum: "Religion - Fundamentalismus - Gewalt"

Die Wiederaufnahme der "Schriftthematik"

Fundamentalismus ist von seinem Ursprung her ein Phänomen vor Schriftreligionen, von seinem begrifflichen Ursprung her gar ein Phänomen des (nordamerikanischen) Christentums. Von daher ergeben sich aus den drei Schriftreligionen drei Problemfelder, bei denen sich der fundamentalistische Umgang mit der Schrift auf je unterschiedliche Weise zeigt. Bei der "religionsübergreifenden" Behandlung der Thematik ist gut vorstellbar, zu den Fundamentalismen der einzelnen Religionen oder zu Teilaspekten dieser Fundamentalismen Referatsthemen zu vergeben. [Theologisch-didaktische Fragestellungen: Wie zeigt sich der jeweilige Fundamentalismus im Umgang mit der jeweiligen heiligen Schrift? Wie wirkt sich dieser Umgang im jeweilig "politisch-strategischen“ Vorgehen aus?] Zwei der drei Fundamentalismusbeispiele "bespielen" die Gewaltthematik und lassen dadurch popularisierte Formen der These von Jan Assmann auf den ersten Blick plausibel erscheinen. Diese bündelnden Popularisierungen lauten in etwa: "Monotheistische Religionen an sich neigen zu religiösen oder auch theologischen Absolutsetzungen und damit automatisch zur Gewalt." Gegen solche Vereinfachungen kann gerade in Klasse 9/10 bei der Behandlung der Bibelthematik [ ibKs. 3.3.3 (1) und 3.3.3 (2)] wirkungsvoll "angedacht" werden. Die "unterrichtliche Grundmelodie" könnte in dieser Hinsicht lauten: Diskursivität im Verständnis von heiligen Schriften ist ein gutes Mittel gegen gewaltgefährdete Verabsolutierungen. Dabei muss „Diskursivität zu einer heiligen Schrift“ nicht identisch sein mit der Etablierung einer "historisch-kritischen" Methode.

Kontraste und Scheinkontraste: Buddhismus/Ethnische Religionen/Sekten

Die Gewaltthematik im Zusammenhang mit den monotheistischen Religionen führt, auf den ersten Blick in starkem Kontrast, zur Befassung mit dem Buddhismus. Der Buddhismus nämlich wird in säkularen westlichen Gesellschaften gern als eine Religion gesehen, die "gottfrei" und (daher) gewaltfrei agiert. Es zeigt sich zunächst methodisch: Die Befassung mit dem Buddhismus in Klasse 9/10 ist nicht komplett "horizontal" vernetzbar. Allerdings ist der in dieser Klassenstufe angestrebte "cantus firmus" "Religion und Gewalt" als Ausgangspunkt für übergreifende kritische Rückfragen geeignet. Es könnte unterrichtlich und/oder durch geeignete Referate gezeigt werden, dass der Buddhismus durchaus in der Lage ist, kräftige Gewaltpotentiale zu entwickeln. [Weitergehende theologisch-didaktische Fragestellung: Was muss geschehen, dass in einer Religion oder mit einer Religion destruktive Gewalt ausgeübt wird?]

Der alternative thematische Ansatzpunkt (Ethnischen Religionen) könnte bei der Tatsache einsetzen, dass bei ethnischen Religionen Schriftzeugnisse keine oder keine zentrale Rolle für die Grundlegung und die religiöse Praxis der jeweiligen Religion spielen. An dieser Stelle zeigt sich nun ein „echter Kontrast“ zur Gestalt der Schriftreligionen. [Theologisch-didaktische Fragestellung: Wie "funktioniert" eigentlich Religion ohne Schrift? Weitergehend: Gibt es auch im evangelischen Christentum eine „Religion ohne Schrift“ oder ist das eigentlich nicht möglich?]. Die Sektenthematik ist keinesfalls mittels der zu schlichten Gleichung „Sekte = gewalttätige religiöse Gemeinschaft“ zu behandeln. Wohl aber könnte historisch und/oder aktuell gezeigt werden, dass Sekten zumindest in der Lage waren oder sind, z.B. massive psychische Gewalt auszuüben.

2.4 Kursstufe (zweistündig) - Organisierendes Zentrum: „Religion(en) und Wahrheit/Dialog II

Ein innerer Zusammenhang: Gewaltfragen und Wahrheitsfragen

Die Überschrift definiert die „Lebenswelt“ des Christentums und anderer Religionen als „pluralistisch-säkular“. Damit ist gemeint, dass gegenwärtige westliche Gesellschaften im Blick auf die Religionen tendenziell pluralistisch organisiert sind, aber tendenziell naturwissenschaftlich-technizistisch im Blick auf das allgemein akzeptierte Wirklichkeitsverständnis. Die Begriffe Wirklichkeit, naturwissenschaftlich-technischer Zugriff und Messbarkeit verschmelzen in den hochentwickelten Effizienz-Gesellschaften des Westens immer stärker. In einer solchen Konstellation aber stehen auch die in Kl. 9/10 thematisierten Fundamentalismen; die gewaltförmigen Ausschläge dieser fundamentalistschen Gestalten von Religionen können geradezu als „Abwehrreflexe“ gegen die (vermeintlichen) Zumutungen der (post)modernen Lebenswelt gedeutet werden. Dieser Zusammenhang bestimmt die Logik des Übergangs von Klasse 9/10 zur Kursstufe.

Religionswissenschaftlich orientierte Metaebene, Christentum und andere Religionen

In der Kursstufe werden bereits durch die Kompetenzformulierungen übergreifende Zugänge zur Religionsthematik gesucht. Damit wird wie in einem Brennglas deutlich, was auch in allen anderen Stufen präsent und wichtig ist. Die Aufgabe im konkreten Unterrichtsgeschehen wird darin bestehen, dass die Lehrkraft im evangelischen Religionsunterricht den permanenten Wechsel zwischen „Innen- und Außenperspektive“ leistet. Das Einspielen von religionskundlichen Beschreibungen ist das eine. (Beispiel: „So läuft der Konflikt zwischen orthodoxen Juden und israelischem Staat.“ „So vollzieht sich Einflussnahme von orthodoxen Juden auf den israelischen Staat.“). Das andere ist aber gerade bei „heiklen Themen“: Schülerinnen und Schüler haben hier (wie in allen Klassenstufen) das Recht, eine Stellungnahme der Lehrkraft zu erwarten und auch das Recht, sich eine eigene Position auszubilden. Die entscheidende Frage lautet dann: „Was sagen Sie als christlicher Religionslehrer dazu? Und wie begründen Sie Ihre Meinung?“. Gerade im Bereich „Religionen und Weltanschauungen“ ist darum die naheliegende Vermutung, man bewege sich hier stets auf „neutralem“, „objektiv“ zu beschreibenden Boden, zu kurz gegriffen.

Im konkreten Falle schlage ich zwei Grundperspektiven für die Bearbeitung der Kompetenzen vor.

Perspektive I (Was macht die Religion im Staat? Was macht der Staat mit der Religion) geht von konkreten (auch politisch relevanten) Konfliktlagen und sozialen Figurationen von Religionen in verschiedenen staatlichen Zusammenhängen aus. Methodisch sind hier Schülerreferate, wenigstens als Ausgangspunkt (Startimpuls), für die Befassung mit den Teilthematiken für Islam, Judentum und Christentum denkbar.

Perspektive II (Religion-Wahrheit-Konflikt) hat durchaus auch konkrete Konflikt- oder Gesprächssituationen im Blick (vgl. hier die Punkte a und b). Mit dem Ansatzpunkt (c) aber wird der Blick durchaus „theorieorientiert“ auf gegenwärtige Diskurslagen hin geweitet.

 

(Dr. Ulrich Löffler, RPI Karlsruhe, Dezember 2016)

 

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