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Material 9

Zwei Typen von Fragen

Manfred Frank, ein Tübinger Philosoph, hat einen Vortrag nur für Kinder gehalten – und dies ausdrücklich nicht für Erwachsene, denn:

„ (…) für sie (gemeint: die Erwachsenen) waren die Antworten (…) auf die Warum-Fragen nicht bestimmt, wie Kinder sie gern und unermüdlich stellen. Nicht, dass die Erwachsenen etwa die Antworten alle schon wüssten. Nein, sie haben sich im Laufe ihres Lebens – und weil das Leben mit viel Mühsal verbunden ist – das grundsätzliche Fragen immer mehr abgewöhnt.“

Um genauer zu verstehen, worum es bei Fragen dieser Art geht, hilft die Unterscheidung zwischen naturwissenschaftlichen und philosophischen Fragen, wie Manfred Frank erklärt:

Wir müssen unterscheiden zwischen „Warum“-Fragen zweierlei Typs. Die einen wollen eine Ursache herausfinden. Die Dinos sind ausgestorben, weil ein riesiger Meteorit in die Erde eingeschlagen ist und die klimatischen Verhältnisse zum Überleben von Riesenechsen unmöglich gemacht hat. Vulkane rauchen, weil die Flüssigkeit in den heißen Lavamassen, die die Erde aus Bereichen von unterhalb ihrer Kruste ausstößt, verdampft und an der kühleren Luft kondensiert. Aber Fragen wie die: „Warum müssen wir sterben?“, sind eigentlich keine Warum-Fragen. Sie wollen nicht die Ursache wissen, sondern fragen: Wozu ist die Welt eingerichtet, dass Tieren und Menschen etwas so Schreckliches abverlangt wird - egal was die biologische Ursache dafür ist. Wozu-Fragen sind auch solche wie: „Warum gibt es überhaupt etwas, warum gibt es nicht vielmehr nichts?“, oder: „Warum dürfen wir nicht lügen? “ oder „Warum sind wir Iche?“ Sie lassen sich gar nicht beantworten durch Angabe einer Ursache. Es sind nämlich philosophische Fragen; und philosophische Fragen haben eigentlich keine (oder selten) eindeutige Antworten. Philosophen sind Wissenschaftler, die die Kinderfragen nicht vergessen haben, wenn sie erwachsen geworden sind. Sie machen solche Fragen zu Ihrem Beruf. Unter anderem stellen Sie lauter ‚Wozu-Fragen‘. Zum Beispiel: „Wozu ist etwas, das es gibt, eigentlich gut?“

Manfred Frank: Warum bin ich Ich? Eine Frage für Kinder und Erwachsene, Frankfurt/M./Leipzig: Insel, 2007, S. 9, 11f.

Arbeitsaufträge (PA)

  1. Gebe wieder, wieso sich M. Frank ausdrücklich an Kinder und nicht an Erwachsene wendet.
  2. Notiert die Beispiele für „Warum“-Fragen und arbeitet heraus, inwiefern es sich dabei um zwei Typen handelt.

Information Philosophie, Sokrates, Kant

Philosophie

Die Philosophie ist eine Wissenschaft. Sie stellt wichtige, allgemeine Fragen, um die Welt zu verstehen: Was können Menschen wissen? Wie soll man sich richtig verhalten? Was ist veränderlich, und was bleibt?

Der Ausdruck Philosophie kommt aus dem Griechischen und heißt so viel wie „Liebe zur Weisheit“. Im alten Griechenland gab es weise Leute, die neugierig auf die Welt waren. Die Philosophen haben immer neues Wissen gesucht, und sie haben sich Fragen über die Welt gestellt.

Vieles, was man damals und später „Philosophie“ genannt hat, würde man heute als Wissenschaft bezeichnen. Wie soll ein Staat funktionieren? Das ist jetzt eine Frage für die Politikwissenschaft. Wie soll man Kinder erziehen? Damit beschäftigt sich die Pädagogik. Woraus bestehen die Dinge? Das ist ein Thema für die Chemie und die Physik. Früher waren das alles philosophische Themen.

Aber auch heute noch gibt es Philosophie. Wo ein „normaler“ Wissenschaftler etwas erforscht und Antworten findet, stellt ein Philosoph sich immer weiter Fragen. Er will wissen, wie etwas eigentlich ist und rätselt über das Wissen an sich. Bekannte Philosophen waren zum Beispiel Sokrates, Plato und Aristoteles im alten Griechenland oder Immanuel Kant in der Neuzeit.

Das Beispiel Sokrates

Sokrates war ein Philosoph des alten Griechenlands. Er lebte und wirkte im fünften Jahrhundert vor Christus in Athen. Seine Schüler Platon und Xenophon schrieben seine Lehren meist in Form von Dialogen auf.

Sokrates dachte viel über die Menschen und ihre Taten nach. Er war der Meinung, dass man nur dann glücklich werden kann, wenn man gerecht handelt. Eher sollte man Unrecht ertragen als selbst Unrecht zu tun. Dies erzählte er den Griechen auf öffentlichen Plätzen. Sokrates versuchte aber nicht, die Menschen zu belehren. Er wollte, dass seine Gesprächspartner eigene Schlüsse zogen. Mit Fragen wie „Was ist das Gute?“, „Was ist Gerechtigkeit?“, „Was ist Wissen?“, „Was ist Glück?“, „Was ist Tapferkeit?“ verwickelte er die Menschen in lange Gespräche, in denen die mit ihm diskutierenden Menschen erkannten, dass das vermeintlich von ihnen sicher Gewusste sich doch weiteren Nachfragen und Zweifeln stellen muss. So hat Sokrates zum Beispiel zwei Feldherren gefragt, was Tapferkeit sei. Zu Beginn des Gespräches sind die Soldaten absolut sicher, dass sie – als Experten für alles, was mit Tapferkeit zusammenhängt – genau sagen können, was das ist. Aber bald stellt sich heraus, dass beide nicht genau sagen können, was sie damit meinen, wenn sie sagen, dass ein Kämpfer tapfer sei. Das macht sie ziemlich ärgerlich, denn sie fühlen sich von Sokrates in ihrer Ehre als Feldherren angegriffen und vorgeführt.

Chodowiecki_Basedow_Tafel_83_a.jpg

Das Bild zeigt, wie Sokrates ruhig und gelassen den Giftbecher nimmt.

Bildquelle: Chodowiecki Basedow Tafel 83 a.jpg [ PD ], via Wikimedia Commons

Sokrates kritisierte auch die Politiker, die ihr Amt nicht richtig erfüllten. Damit machte er sich viele Feinde. Man brachte ihn vor Gericht. Es wurde behauptet, dass er die Jugend verderbe. Auch Gotteslästerung warf man ihm vor. Sokrates hielt aber an seinen Ideen fest. Wenn niemand in der Diskussion ein überzeugendes Argument gegen seine Auffassung anbringen konnte, dann blieb Sokrates bei seiner Meinung – auch dann, wenn sein gegenüber ein mächtiger Herrscher oder Priester war.

Schließlich wurde er sogar zum Tod durch den Schierlingsbecher verurteilt. Er musste einen Becher mit dem tödlichen Gift der Schierlingspflanze trinken. Seine Schüler wollten ihm helfen zu fliehen. Aber aus Respekt vor den Gesetzen floh er nicht. Er sagte seinen Schülern, sie sollen sich keine Sorgen machen, der Tod würde nicht schmerzhaft sein. Er trank den Becher aus und starb.

Das Beispiel Kant

Immanuel Kant war ein deutscher Philosoph. Er lebte in Königsberg, einer Stadt weit im Osten von Preußen. Heute liegt die Stadt in Russland. Kant hat dort fast sein gesamtes Leben verbracht.

Er wurde im Jahr 1724 geboren. Mit 16 Jahren ging er bereits an die Universität, um zu studieren. Sechs Jahre später starb sein Vater, und Immanuel Kant wurde Hauslehrer. Er unterrichtete also die Kinder von reichen Leuten in deren Häusern. Später wurde er Professor an der Universität.

Kant hat sich für so ziemlich alles interessiert, zum Beispiel für die Astronomie und die Physik. So überlegte er, wie die Sterne und Planeten entstanden sein könnten. Auch wie die Menschen entstanden waren wollte er wissen.

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Ein Gemälde aus dem Jahr 1768. Kant galt als sehr ordentlicher und pünktlicher Mensch: Angeblich haben die Königsberger die Uhr nach ihm gestellt. Heute weiß man, dass das eine Übertreibung war.

Bildquelle: [ PD ], via Wikimedia Commons

Noch wichtiger fand er dann aber die Frage: Wie kann der Mensch sicher sein, dass er die Welt richtig erkennt? Was also kann der Mensch prinzipiell wissen? Auch beschäftigte er sich intensiv u.a. mit den Fragen, was gutes Handeln eigentlich ist, ob die Welt einen Anfang in Raum und Zeit habe oder schon immer da sei und ob man beweisen könne, dass es einen Gott gibt. Genauso stellte er die Frage, wie es den Menschen gelingen kann, friedlich miteinander zu leben. Sehr wichtig war für ihn dabei der Gedanke der Aufklärung, den er so erklärte: Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen. Man soll also selbst denken und das nicht anderen überlassen, die für einen denken.

Die Bücher von Kant haben ihn auf der ganzen Welt berühmt gemacht. Noch 100 Jahre später haben alle deutschen Philosophen viel von Kant gelernt. Selbst diejenigen, die heute anderer Meinung sind, müssen Bücher von Kant lesen, um überhaupt mitreden zu können.

Arbeitsauftrag (PA)

  1. Notiert euch, welche Fragen sich Philosophen stellen.
  2. Arbeitet heraus, welche Gemeinsamkeiten es zwischen Sokrates und Kant gibt.

Sicherung Philosophie, Sokrates, Kant

Kreuze die richtige Antwort(en) an!

Zum Abschnitt „Philosophie“:

  1. Das Wort ´Philosophie´ kommt …

▢ … aus dem Lateinischen und heißt „Liebe zur Weisheit“.

▢ … aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „Suche nach neuem Wissen“.

▢ … aus dem Griechischen und bedeutet etwa „Liebe zur Weisheit“.

▢  … aus dem Griechischen und bedeutet etwa „Liebe zur Wahrheit“.

  1. Das Verhältnis von Wissenschaften und Philosophie:

▢  Die Wissenschaften und die Philosophie haben nichts miteinander zu tun.

▢  Die Wissenschaften und die Philosophie sind dasselbe.

▢  Viele Wissenschaften haben sich aus der Philosophie entwickelt.

▢  Die Philosophie hat sich aus den Wissenschaften entwickelt.

  1. Fragen und Antworten in Wissenschaften und Philosophie:

▢  Wissenschaftler*innen und Philosoph*innen stellen Fragen.

▢  Wissenschaftler*innen und Philosoph*innen geben nur Antworten.

▢  Wissenschaftler*innen und Philosoph*innen suchen Antworten auf Fragen.

▢  Das Besondere an Philosoph*innen ist, dass sie immer grundsätzlichere Fragen stellen.

▢  Das Besondere an Wissenschaftler*innen ist, dass sie immer grundsätzlichere Fragen stellen.

▢  Philosoph*innen stellen nur Fragen, auf die Wissenschaftler*innen antworten können.

Zum Abschnitt „Das Beispiel Sokrates“:

  1. Sokrates als Lehrer:

▢  Sokrates war kein Lehrer, er hat nur für sich philosophiert.

▢  Sokrates hat als Lehrer Schüler gehabt.

▢  Sokrates hat einen Schüler gehabt.

  1. Sokrates vertrat die Meinung, dass …

▢  … man erlittenes Unrecht rächen soll.

▢  … man erlittenes Unrecht ertragen soll, weil es dann keinen Streit gibt.

▢  … man erlittenes Unrecht besser ertragen soll, weil es ungefährlicher ist.

▢  … man erlittenes Unrecht besser ertragen soll, als selbst Unrecht zu tun.

  1. Sokrates war …

▢  … bei den Mitbürgern beliebt, weil er sich viel mit ihnen unterhalten hat.

▢  … bei den Mitbürgern beliebt, weil er ihnen bestätigt hat, dass sie viel wissen.

▢  … bei den Mitbürgern unbeliebt, weil er öffentlich gezeigt hat, dass sie nur scheinbar viel wissen.

▢  … bei den Mitbürgern unbeliebt, weil er sie öffentlich beleidigt hat.

▢  … bei den Mitbürgern unbeliebt, weil er alles besser wusste als sie.

▢  … bei den Mitbürgern unbeliebt, weil er selbst Priestern widersprochen hat, wenn ihm das Gesagte nicht einleuchtete.

Zum Abschnitt „das Beispiel Kant“:

  1. Vervollständige den Satz:

Kant interessierte sich u.a. für Physik und Astronomie. Er stellte sich hier die Frage(n), …

  1. Kant wollte wissen, …

▢  … was wir von der Welt im Einzelnen alles wissen.

▢  … was Wissen überhaupt ist.

▢  … ob wir überhaupt etwas von der Welt wissen können.

▢  … ob wir überhaupt etwas erkennen können.

▢  … ob Wasser bei 80 Grad kocht.

  1. Nach Kant ist sehr wichtig, dass man das für richtig hält, …

▢  … was Erwachsene sagen.

▢  … was üblich ist.

▢  … was sich nach eigenem Nachdenken als das Richtige herausstellt.

▢  … was Freunde sagen.

▢  … wogegen es kein gutes Argument gibt.

▢  … wogegen es keinen Widerspruch gibt.

▢  … wofür es mindestens zwei Argumente gibt.

 

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Weiter zu Beispiel: „Medien“