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Re­chen­ge­set­ze der Aus­sa­gen­lo­gik

Ziel die­ser Stun­de ist es, die De Mor­gan­schen Re­geln zu be­wei­sen und den SuS einen ers­ten Über­blick zu den Tau­to­lo­gi­en (Re­chen­ge­set­zen) der Aus­sa­gen­lo­gik zu geben und aus­ge­wähl­te Re­geln ex­em­pla­risch be­wei­sen zu las­sen.

Dabei ste­hen die De Mor­gan­schen Re­geln wegen ihrer Be­deu­tung an ers­ter Stel­le und wer­den daher gleich in Auf­ga­be 1 be­wie­sen. In Klas­se 9 gab es im Rah­men eines Zu­satz­an­ge­bots die Mög­lich­keit, diese Re­geln be­wei­sen zu las­sen. (Zu­satz­auf­ga­be: Mit Wahr­heits­ta­feln ent­de­cken und be­wei­sen", Auf­ga­be 7 auf Seite 4). Falls ein oder meh­re­re SuS die Re­geln be­reits in Klas­se 9 be­wie­sen haben, könn­te dies ge­nutzt wer­den, indem man die­sen SuS Auf­ga­be 1 als Ein­stiegs­vor­trag in die Stun­de an­bie­tet. Ob dann auch die Vi­sua­li­sie­rung der Zu­sam­men­hän­ge in den Venn-Dia­gram­men über­tra­gen wird oder diese im An­schluss ge­mein­sam wie­der­holt wer­den, kann ge­trennt ent­schie­den wer­den.

Falls die Re­geln in Klas­se 9 noch nicht be­wie­sen wur­den, könn­te man vorab zur Mo­ti­va­ti­on in Er­in­ne­rung rufen, dass sie be­reits mehr­fach in­tui­tiv an­ge­wen­det wur­den, z.B. in der vor­he­ri­gen Stun­de bei Auf­ga­be 1, 5 und 7, um die zen­tra­le Be­deu­tung der Re­geln zu ver­deut­li­chen. Mög­li­cher­wei­se hat man sich auch für Auf­ga­be 5 oder 7 als Haus­auf­ga­be ent­schie­den, dann könn­te man nach deren Be­spre­chung naht­los zum Be­weis der Re­geln über­lei­ten. Der Be­weis selbst wird nicht viel Zeit in An­spruch neh­men und stellt gleich­zei­tig eine gute Übung zum Um­gang mit den Wahr­heits­ta­feln dar.

Damit wäre der Bil­dungs­plan im Kern be­reits ab­ge­deckt, da dort ex­pli­zit nur der Be­weis der De Mor­gan­schen Re­geln und ihre An­wen­dung auf All­tags­si­tua­tio­nen ge­for­dert wird1.

Da spä­ter das Be­weis­ver­fah­ren der Kon­tra­po­si­ti­on durch­drun­gen wer­den soll, wird für den wei­te­ren Ver­lauf der Stun­de emp­foh­len, den SuS einen Über­blick zu den Re­chen­ge­set­zen zu er­mög­li­chen. Eine sol­che Über­sicht könn­te gleich­zei­tig einen hilf­rei­chen roten Faden lie­fern, der die Ein­heit über­sicht­lich struk­tu­riert. Dazu fin­den Sie auf Seite 2 das In­fo­blatt "Re­chen­ge­set­ze der Aus­sa­gen­lo­gik", des­sen Ein­satz in ver­schie­de­nen Va­ri­an­ten denk­bar ist und eine mög­lichst fle­xi­ble Vor­ge­hens­wei­se ga­ran­tie­ren soll:

  • als "Wen­de­blatt": Man ko­piert Seite 1 und 2 auf Vor­der- und Rück­sei­te eines Ar­beits­blat­tes und kann ent­we­der mit der einen oder an­de­ren Seite be­gin­nen oder auch zwi­schen­durch wech­seln. So könn­te man mit Auf­ga­be 1 bei­spiels­wei­se die Re­geln von De Mor­gan be­wei­sen, diese mit dem In­fo­blatt in den grö­ße­ren Rah­men der Re­chen­ge­set­ze ein­ord­nen (ggf. die Dua­li­tät im Leh­rer­vor­trag er­läu­tern), bevor man dann in Auf­ga­be 2, 3 wei­te­re Ge­set­ze be­wei­sen lässt. Es ist aber auch mög­lich, das In­fo­blatt wie vor­ge­se­hen erst nach Be­ar­bei­tung der Auf­ga­ben 1, 2 und 3 ein­zu­set­zen, um dann meh­re­re be­reits be­wie­se­ne Ge­set­ze ein­zu­ord­nen.
  • als "Ex­tra­blatt": Man ko­piert Seite 1 und 3 auf Vor­der- bzw. Rück­sei­te des Ar­beits­blat­tes für die Stun­de und hat dann alle Auf­ga­ben auf zwei Sei­ten eines Blat­tes. Das In­fo­blatt zu den Re­chen­ge­set­zen ko­piert man als "Ex­tra­blatt", das dann im wei­te­ren Ver­lauf der Ein­heit immer wie­der se­pa­rat ge­nutzt wer­den könn­te. An ei­ni­gen Stel­len wird auf die Num­me­rie­rung Bezug ge­nom­men, so dass sich das In­fo­blatt zum Nach­schla­gen als klei­ne For­mel­samm­lung nut­zen ließe.
  • als "hal­bes Blatt": Man ko­piert nur die obere Hälf­te mit dem Über­blick über die Re­chen­ge­set­ze, falls man die Un­ter­schie­de zur ele­men­ta­ren (den SuS ver­trau­ten) Al­ge­bra nicht the­ma­ti­sie­ren möch­te. Aus di­dak­ti­scher Sicht ist es sinn­voll, die Ge­mein­sam­kei­ten und Un­ter­schei­de der Ver­knüp­fun­gen und bzw. und in den bei­den Al­ge­bren zu re­flek­tie­ren, aber si­cher­lich geht dies für man­che Lern­grup­pen auch zu weit. In die­sem Fall soll­ten Sie nur die obere Hälf­te des In­fo­blat­tes ver­wen­den oder neu for­ma­tie­ren.

Für Auf­ga­be 2 ("Ge­schluck­te Va­ria­ble") wurde das zwei­te Ab­sorp­ti­ons­ge­setz aus­ge­wählt, um in­halt­lich den Bogen zur ers­ten Stun­de zu span­nen, in der be­reits das erste Ab­sorp­ti­ons­ge­setz be­wie­sen wurde.

Auf­ga­be 3 soll einen schnel­len, un­kom­pli­zier­ten Über­blick über zen­tra­le Ge­set­ze bzw. Axio­me der Aus­sa­gen­lo­gik lie­fern, ohne dass diese zu­sätz­lich ver­tieft wer­den müss­ten. Nach dem Be­weis kön­nen die Ge­set­ze gemäß der Num­me­rie­rung des Über­sichts­blat­tes iden­ti­fi­ziert und da­durch in die sinn­stif­ten­de Ge­samt­struk­tur ein­ge­ord­net wer­den.

Mög­li­che Ver­tie­fung: Falls man in stär­ke­ren Lern­grup­pen die Un­ter­schie­de zur ele­men­ta­ren Al­ge­bra be­to­nen möch­te, bie­tet es sich hier an, ex­em­pla­risch die Be­deu­tung der Id­em­po­tenz­ge­set­ze (9) und (9‘) zu ver­deut­li­chen. In der ge­wohn­ten Al­ge­bra ist, es exis­tie­ren Po­ten­zen von Zahl-Va­ria­blen. In der Aus­sa­gen­lo­gik würde dies kei­nen Sinn ma­chen, dort muss die Id­em­po­tenz2 von Aus­sa­ge­va­ria­blen ge­for­dert wer­den.

In Auf­ga­be 4 wurde zum Be­weis der Dis­tri­bu­tiv­ge­set­ze noch­mals eine Auf­ga­be aus dem Ver­tie­fungs­be­reich von Klas­se 9 in leicht mo­di­fi­zier­ter Form ein­ge­bun­den, die ggf. auch als Wie­der­ho­lungs­vor­trag von SuS prä­sen­tiert wer­den könn­te3. Durch die wei­ter­ge­hen­de Vi­sua­li­sie­rung in den Venn-Dia­gram­men eig­net sich diese Auf­ga­be vor allem zur Aus­bil­dung einer ver­netz­ten Sicht­wei­se. Die Dua­li­tät der bei­den Dis­tri­bu­tiv­ge­set­ze (4) und (4‘) kann hier aktiv beim Aus­fül­len der Dia­gram­me er­lebt wer­den. Hin­wei­se dazu fin­den sich bei den Mus­ter­lö­sun­gen.

Auf­ga­be 5 sieht ex­em­pla­risch den Be­weis des As­so­zia­tiv­ge­set­zes (2) (a ∨ b) ∨ c ⇔ a ∨ (b ∨ c) für die Dis­junk­ti­on vor. Hier könn­ten Ge­mein­sam­kei­ten zur ele­men­ta­ren Al­ge­bra an­ge­spro­chen wer­den, da die As­so­zia­tiv­ge­set­ze in bei­den Al­ge­bren gel­ten und ge­dank­lich über­tra­gen wer­den kön­nen. Hin­wei­se dazu fin­den sich eben­falls in den Mus­ter­lö­sun­gen.

Op­tio­na­le Ver­tie­fung: Ex­kurs zu wei­te­ren Tau­to­lo­gi­en

Auf­ga­be 6 kommt ganz harm­los daher, öff­net aber tat­säch­lich ein Fens­ter in einen Kos­mos un­ter­schied­lichs­ter Tau­to­lo­gi­en. Sie kann ein­fach als Übungs­auf­ga­be im Rah­men einer Haus­auf­ga­be ein­ge­setzt wer­den, bie­tet aber zahl­rei­che An­knüp­fungs­punk­te, die im Hin­ter­grund­do­ku­ment aus Klas­se 9 be­reits dar­ge­stellt wur­den. Aus Grün­den der ein­fa­che­ren Les­bar­keit wer­den die An­re­gun­gen hier noch­mals auf­ge­führt.

Fol­gen­de Bei­spie­le könn­ten im Un­ter­richt ent­we­der nach­ge­wie­sen oder un­ter­sucht wer­den:

Ei­ni­ge Tau­to­lo­gi­en Han­delt es sich um eine Tau­to­lo­gie?
(1) [(p → q) ∧ (q → r)] → (p → r) 1) (p → q) → (q → p) nein
(2) [p ∧ (p → q)] → q 2) (p → q) → (¬ p → ¬ q) nein
(3) [(p → q) ∧ ¬ q] → ¬ p 3) (p → q) → (¬ q → ¬ p) ja
(4) [(p → q) ∧ (p → ¬ q)] → ¬p 4) (p ↔ q) → (¬ p ↔ ¬ q) ja
(5) [(¬ p → q) ∧ (¬ p → ¬ q)] → p 5) ¬ (p → ¬ p) nein
(6) [(p ∨ q) ∧ ¬ p] → q 6) ¬ (p ∨ q) → (¬ p ∨ ¬ q) ja
(7) ¬ (p ↔ ¬ p) 7) ¬ (p ∧ q) → (¬ p ∧ ¬ q) nein
(8) [p ↔ (p ∧ q)] ↔ [q ↔ (p ∨ q)] 8) (¬ p ∨ ¬ q) → ¬ (p ∨ q) nein

"Die Wahr­heits­ta­fel ist eine sys­te­ma­ti­sche Me­tho­de zur Ve­ri­fi­ka­ti­on von Tau­to­lo­gi­en, aber Tau­to­lo­gi­en las­sen sich mit etwas Übung häu­fig schnel­ler er­ken­nen."4 Es fol­gen in An­leh­nung an Ray­mond Smul­lyan Er­läu­te­run­gen zu den links auf­ge­führ­ten Tau­to­lo­gi­en:

  1. Wenn p q im­pli­ziert und wenn q r im­pli­ziert, dann im­pli­ziert p auch r. Diese Tau­to­lo­gie wird als Syl­lo­gis­mus be­zeich­net.
  2. Wenn p wahr ist und p q im­pli­ziert, dann ist auch q wahr. Oder an­ders aus­ge­drückt: Alles was von einer wah­ren Aus­sa­ge p im­pli­ziert wird, ist eben­falls wahr.
  3. Wenn p eine fal­sche Aus­sa­ge im­pli­ziert, dann muss p falsch sein. Die­ses Prin­zip wurde z.B. bei Ar­beits­blatt 4 (Nr 1, "Nasse Stra­ße") zu­grun­de ge­legt.
  4. Wenn p gleich­zei­tig q im­pli­ziert und nicht q im­pli­ziert, dann muss p falsch sein. Keine Aus­sa­ge p kann eine Aus­sa­ge q und gleich­zei­tig ihre Ne­ga­ti­on ¬ q im­pli­zie­ren.
  5. Die­ses Prin­zip wird als "re­duc­tio ad ab­sur­dum" be­zeich­net und wird beim Be­wei­sen durch Wi­der­spruch ver­wen­det. Um zu zei­gen, dass p wahr ist, ge­nügt es zu zei­gen, dass ¬ p eine Aus­sa­ge q eben­so im­pli­ziert wie ihre Ne­ga­ti­on ¬ q.
  6. Wenn min­des­tens eine der Va­ria­blen p oder q wahr ist und wenn p falsch ist, dann muss q die Va­ria­ble sein, die wahr ist.
  7. Eine Aus­sa­ge p kann nicht zu ihrer Ne­ga­ti­on ¬ p äqui­va­lent sein. Durch die Ne­ga­ti­on die­ser Kon­tra­dik­ti­on er­hält man eine Tau­to­lo­gie.
  8. Diese Tau­to­lo­gie fußt dar­auf, das so­wohl die linke Aus­sa­ge [p ↔ (p ∧ q)] als auch die rech­te Aus­sa­ge [q ↔ (p ∨ q)] je­weils äqui­va­lent zur Aus­sa­ge (p → q) bzw.(¬ p ∨ q) sind.

Damit ste­hen für stär­ke­re Lern­grup­pen An­re­gun­gen zur Ver­fü­gung, mit denen eine ver­tief­te Aus­ein­an­der­set­zung mit Tau­to­lo­gi­en er­fol­gen könn­te. Für den Un­ter­richt lässt sich die­ser Fun­dus fle­xi­bel nut­zen. Man könn­te sich ein­zel­ne Aus­sa­gen her­aus­grei­fen und un­ter­su­chen las­sen. Neben dem Er­stel­len von Wahr­heits­ta­feln könn­te man ggf. bei Tau­to­lo­gi­en auch mit­hil­fe von Venn-Dia­gram­men die All­ge­mein­gül­tig­keit an­schau­lich mo­ti­vie­ren. Bei der me­tho­di­schen Um­set­zung wäre es z.B. denk­bar, ein Grup­pen­puz­zle oder eine Sta­tio­nen­ar­beit mit einer Aus­wahl der oben be­schrie­be­nen Tau­to­lo­gi­en an­zu­bie­ten. Einen ech­ten di­dak­ti­schen Mehr­wert könn­te man al­ler­dings nur dann er­zie­len, wenn sich die Be­ar­bei­tung von der Ebene des Aus­fül­lens von Wer­te­ta­feln löst und Tau­to­lo­gi­en neben die­ser nu­me­ri­schen Dar­stel­lungs­ebe­ne auch auf sym­bo­li­scher (als Terme), vi­su­el­ler (in Venn-Dia­gram­men) und sprach­li­cher Ebene an­ge­spro­chen wer­den. Ge­ra­de die sprach­li­che Deu­tung soll­te hier in den Mit­tel­punkt ge­rückt wer­den. Dies wäre vor allem in Hin­blick auf spä­te­re Um­for­mun­gen lo­gi­scher Terme von gro­ßem Vor­teil, da so ei­ni­ge der wich­tigs­ten "Schluss­re­geln" nach­hal­tig er­ar­bei­tet wer­den könn­ten. Al­ler­dings soll ab­schlie­ßend deut­lich be­tont wer­den, dass die­ses sehr an­spruchs­vol­le The­men­feld si­cher­lich nicht für alle Lern­grup­pen ge­eig­net ist und ggf. nur ein­zel­nen SuS zur in­di­vi­du­el­len För­de­rung er­öff­net wer­den soll­te.

 

Un­ter­richts­ver­lauf: Her­un­ter­la­den [odt][320 KB]

Un­ter­richts­ver­lauf: Her­un­ter­la­den [pdf][215 KB]

 

1 Vgl. Bil­dungs­plan IMP, 3.​3.​2.​2., Item (5) und auf All­tags­si­tua­tio­nen an­wen­den

2 Id­em­po­tenz ist eine Be­zeich­nung aus der Ma­the­ma­tik und In­for­ma­tik. In der Ma­the­ma­tik be­zeich­net man ein Ob­jekt a mit a ∘ a = a als id­em­po­tent be­züg­lich der Ver­knüp­fung "∘". Ana­log dazu wird in der In­for­ma­tik ein Stück Pro­gramm­code, das mehr­fach hin­ter­ein­an­der aus­ge­führt das glei­che Er­geb­nis wie bei einer ein­zi­gen Aus­füh­rung lie­fert, als id­em­po­tent be­zeich­net, vgl. Wi­ki­pe­dia zur "Id­em­po­tenz".

3 "Dis­tri­bu­tiv­ge­set­ze", Stun­de 4, Auf­ga­be 5, in der Datei "M9au­g04_­lo­gik­raet­sel_­mit­3V.odt"

4 Ray­mond Smul­lyan, in [SMU], S. 52

 

Wei­ter zu NAND, NOR & De Mor­gan