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Überraschende Primzahlen

In der abschließenden achten Stunde besteht die Möglichkeit, einige interessante zahlen-theoretische Zusammenhänge rund um die Primzahlen zu entdecken und beweisen zu lassen.

Als Einstieg wird ausdrücklich Aufgabe 1 ("Benachbarte Quadratzahlen") empfohlen, da sich bei der Darstellung der ungeraden Zahlen als Differenz zweier benachbarter Quadratzahlen aus didaktischer Sicht wertvolle Synergieeffekte nutzen lassen. Einerseits ist auch hier ein sehr anschaulicher Zugang auf verschiedenen Darstellungsebenen möglich, andererseits handelt es sich um einen wichtigen zahlentheoretischen Zusammenhang, auf dessen Grundlage die Darstellung der ungeraden Zahlen in der Formmitvertieft durchdrungen werden kann.

Quadrate aus Kugeln

Darüber hinaus können hier mengentheoretische Vorstellungen (u.a. zur Teilmengenrelation) vermittelt und konkret die Primzahlen als Teilmenge der ungeraden Zahlen charakterisiert werden. Beim Beweis lässt sich damit auch unterschwellig das "Prinzip der Generalisierung" verdeutlichen, nach dem es einfacher sein kann, einen allgemeineren Satz (hier über die ungeraden Zahlen) zu beweisen, um damit gleichzeitig den schwieriger zu beweisenden Spezialfall (hier für die Teilmenge der Primzahlen) abzuhandeln. Nicht zuletzt könnte im Anschluss als optionale Vertiefung der rote Faden der figurierten Zahlen aufgegriffen werden, um im Anschluss an die Gaußsche Summenformel zu den Dreieckszahlen nun auch die Summenformel für die ersten n Dreieckszahlen und weiter für die ersten n Quadratzahlen zu entwickeln (vgl. [Pos], Einheit 82, a.a.O.).

Damit wäre bereits das Ziel einer reichhaltigen, runden Stunde erreicht, in der bei Bedarf auch noch Aufgabe 2 oder Aufgabe 3 zur Differenzierung genutzt werden könnten. Beide Aufgaben eignen sich aber auch als Anschlussaufträge für Hausaufgaben oder Einzelvorträge.

Aufgabe 2 ("Eindeutigkeit der Darstellung") ermöglicht den Beweis der vertiefenden Einsicht, dass die für alle ungeraden Zahlen mögliche Darstellung als Differenz zweier Quadratzahlen für die Teilmenge der Primzahlen sogar eindeutig ist. Einleitend könnte man die Eindeutigkeit der Differenzdarstellung zunächst auf numerischer Ebene für die ersten ungeraden Zahlen untersuchen lassen. Man würde so z.B. entdecken, dass 11 = 6 2 - 5 2 und 13 = 7 2 - 6 2 eindeutig darstellbar sind, während die Nicht-Primzahl 15 wegen 15 = 8 2 - 7 2 und 15 = 5 3 = ( 4 + 1 ) ( 4 - 1 ) = 4 2 - 1 2 = 16 - 1 nicht eindeutig als Differenz zweier Quadratzahlen darstellbar ist, bevor der Satz mit einem schönen direkten Beweis bestätigt wird. Beim Beweis werden die dritte binomische Formel und die Definition der Primzahlen elegant kombiniert, um ein LGS zweier Bedingungen aufzustellen, aus dem durch Rechnung (z.B. mit dem Einsetzungsverfahren) die Eindeutigkeit gefolgert werden kann, eine schöne Übung zur Vernetzung mathematischer Basiskompetenzen.

Aufgabe 3 ("Knapp daneben") liefert die Grundlage für die folgenden Aufgaben, indem die bekannte, aber bei erstem Kontakt spannende Einsicht bewiesen wird, dass die Primzahlen ab 3 immer um 1 neben den Vielfachen von 4 und die Primzahlen ab 5 immer um 1 neben den Vielfachen von 6 liegen. Formal kann dies elegant durch die übersichtlicheren Termdarstellungen p = 4 n ± 1 für n 3 bzw. p = 6 n ± 1 für n 5 ausgedrückt werden.

Aufgabe 4 ("Primzahlen erster und zweiter Art") knüpft direkt an die Darstellung p = 4 n ± 1 aus Aufgabe 3 an und nutzt das Prinzip der Aufgabenvariation, indem hier statt der Darstellung der ungeraden Zahlen als Differenz von Quadratzahlen (wie bei Aufgabe 1) die Darstellung als Summe von Quadratzahlen untersucht wird. Dies führt zur Unterscheidung der Primzahlen "erster und zweiter Art", wobei nur Primzahlen erster Art die besondere Eigenschaft haben, dass sie als Summe zweier Quadratzahlen darstellbar sind. Der Einstieg über zwei Zahlenfolgen ermöglicht die Wiederholung der Modulo-Schreibweise und aus Sicht der Mengenlehre die Einführung des Begriffs der Disjunktheit auf Basis intuitiver Vorstellungen. Außerdem bietet die Aufgabe eine Übungsmöglichkeit für das Beweisverfahren der Kontraposition.

Aufgabe 5 ("Primzahlfreie Fünferserien") knüpft an den zweiten Teil von Aufgabe 3 an und bietet die Möglichkeit, die Untersuchung der Primzahlen auf deren Quadrate auszuweiten, um zu weiteren zahlentheoretischen Einsichten zu gelangen. Durch Quadrieren von p = 6 n ± 1 gelangt man mit einer kleinen Übung zur Nutzung der binomischen Formeln zu p 2 = 36 n 2 ± 12 n + 1 und kann nach einfachen Teilbarkeitsuntersuchungen die Existenz unendlich vieler Serien von fünf aufeinanderfolgenden Nicht-Primzahlen nachweisen.

Aufgabe 6 ("Zehn Ziffern") kann als Übungsaufgabe genutzt werden, um die Quersummenregeln für die Teilbarkeit durch 3 bzw. 9 und ggf. die Gaußsche Summenformel zu wiederholen, während der b)-Teil eine Zusatzaufgabe zur Differenzierung mit einem Beweis durch Widerspruch bereit hält.

Mit Aufgabe 7 ("Vierundzwanzig") ist eine weitere Beweisübung verbunden. Durch einen direkten Beweis lässt sich hier die Erkenntnis gewinnen, dass die Quadrate von Primzahlen immer um 1 größer sind als Vielfache von 24, andererseits kann man mit der Suche nach Gegenspielen für die Umkehrung aufzeigen, dass das Finden eines Gegenbeispiels manchmal einen etwas längeren Atem benötigt. Daran könnte sich die Untersuchung ausgewählter quadratischer Terme anschließen, die auf der nächsten Seite kurz erläutert wird.

Abschließend ließe sich mit Aufgabe 8 ("Quadratzahlen gesucht") nochmals eine schöne Vernetzung verschiedener zahlentheoretischer Einsichten motivieren. Die Aufgabe stammt aus dem Landeswettbewerb Mathematik Baden-Württemberg1 und könnte als Überleitung zu einem vertiefenden Exkurs zur Behandlung weiterer Wettbewerbsaufgaben dienen. Dazu bietet sich beispielsweise die sorgfältig aufbereitete Aufgabensammlung an, die von der Aufgabenkommission anlässlich des 30-jährigen Jubiläums des Wettbewerbs erstellt wurde2.

Mögliche Vertiefungen

"Faszinierende Terme" – Jagd nach Gegenbeispielen

Quadratische Folgen liefern lange Reihen aufeinanderfolgender Primzahlen. So könnte beispielsweise die Zahlenfolge auf Basis der provokanten Aussage
"ist für jede natürliche Zahl n eine Primzahl" untersucht werden. Erst für n=41 findet man das erste Gegenbeispiel 1681=412, das man freilich mit einem "scharfen Blick" auch sofort erkennen kann. Die ersten 10 Einsetzungen könnten dabei als Übung zur Wiederholung der kleineren Quadrat- und Primzahlen durchaus von Hand bzw. "im Kopf" berechnet werden. Dann sollten aber eine Tabellenkalkulation und ggf. Primzahltabellen verwendet werden, um die Jagd nicht zu sehr in die Länge zu ziehen. Alternativ könnte auch der modifizierte Term betrachtet werden. Er liefert die gleichen Zahlen ein Folgenglied früher, da bzw. gilt, wie beim Vergleich zu sehen ist. Vielleicht möchten manche Ihrer SuS anschließend noch den Term untersuchen? Wer es aber gerne kompakter und mit historischen Bezug mag, dem sei Eulers Quadratterm ans Herz gelegt, mit dem man für die ersten Einsetzungen von 0 bis 15 die 16 Primzahlen 17, 19, 23, 29, 37, 47, 59, 73, 89, 107, 127, 149, 173, 199, 227 und 257 erhält.

ULAM-Spirale

Eulers Term könnte auch zur ULAM-Spirale überleiten, einem nach wie vor nicht vollständig erklärbaren Phänomen, bei dem auch quadratische Terme eine Rolle spielen3. Man könnte im Anschluss an den Ausflug zu den quadratischen Folgen die Spirale ins Spiel bringen und ihren Beginn exemplarisch zeichnen lassen, bevor einschlägige Seiten im Internet genutzt werden4. Quadratische Terme wie z.B. an=n²+n+41 (s.o.) erzeugen wie oben gesehen Primzahlen, die in der Spirale dann auf Diagonalen erscheinen. Beim erstgenannten Applet werden u.a. zu jeder Primzahl ausgewählte erzeugende quadratische Terme eingeblendet. Beweise zu Fakultäten und Primzahlen

Man könnte die Fakultät einführen (oder wiederholen) und nach einfachen einleitenden kombinatorischen Betrachtungen folgende Sätze beweisen lassen:

"Für jede natürliche Zahl n ist die Summe 1+2+...+n genau dann Teiler der Fakultät n!, wenn n+1 keine Primzahl ist."5

"Für n 3 liegt zwischen n und n ! stets mindestens eine Primzahl."6

 

Unterrichtsverlauf: Herunterladen [odt][320 KB]

Unterrichtsverlauf: Herunterladen [pdf][215 KB]

 

1LWM Baden-Württemberg, 2008/09, Runde 1, Aufgabe 5 (Beweisvarianten sind ausgearbeitet)

2[LWM], 2017

3Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Ulam-Spirale (letzter Aufruf: 9.4.2020) oder http://www.numberspiral.com/index.html (letzter Aufruf (9.4.2020)

4z.B. von Dario Alpern: https://www.alpertron.com.ar/ULAM.HTM (letzter Aufruf: 9.4.2020)

5Vgl. z.B. LWM Baden-Württemberg, 2003/04, Runde 1, Aufgabe 6

6Vgl. z.B. [PAD], Kap. III.5 "Primzahlzwillinge und Primzahllücken, Satz 5, S. 49

 

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