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Einleitung

Das Fach Griechisch darf an den humanistischen Gymnasien kraft seiner universalen Inhalte seit jeher einen exponierten Platz für sich beanspruchen. Der neue Bildungsplan bestätigt in diesem Sinn den hohen Bildungswert des Griechischunterrichts und definiert diesen in den Leitgedanken insbesondere anhand des Umgangs der Schülerinnen und Schüler mit bedeutsamen und ästhetisch ansprechenden Texten.[1] Das Fach verschafft den Schülern und Schülerinnen in der Auseinandersetzung mit der Sprache ein vertieftes Bewusstsein dafür, wie Sprache und Denken zusammenhängen und Kultur und Gesellschaft sich bedingen.[2] Dieser Zielsetzung ist bereits die Phase des Spracherwerbs verpflichtet. So soll Sprache und Kultur nicht nur mittels Lehrbuchtexten gelernt und verstanden werden, vielmehr gilt es, die Lerngruppen anhand von Originaltexten, nämlich den frühen und mittleren Dialogen Platons, die abwechslungsreiche inhaltliche Bandbreite des antiken Kulturraums zu eröffnen. So können die Schülerinnen und Schüler ihre Weltsicht um eine philosophische Dimension erweitern und hieran eigene Standpunkte überprüfen.[3]

Die Zielsetzung des Faches ist ambitioniert und oftmals hat der Griechischunterricht einen Balanceakt zwischen seiner reichen Didaktik und den Gegebenheiten und Rahmenbedingungen gerade des achtjährigen Gymnasiums zu vollführen; dort ging zwar nummerisch kein Jahrgang verloren, doch sind die Schüler jünger geworden. Gleichzeitig scheint aus entwicklungsbiologischer und lernpsychologischer Sicht gerade das zweite, wichtige Lernjahr die Progression der Spracherwerbsphase zu retardieren. Diesem Phänomen werden die gängigen Lehrwerke jedoch nur teilweise gerecht: So mag das eine durch seine Platonnähe in der Textausrichtung gefallen, doch bleibt es in seiner didaktischen Organisation ein anspruchsvoller Universitätslehrgang. Ein anderer Band drosselt das Lerntempo hingegen mit einer über eine Vielzahl an Lektionen kurzschrittig gehaltenen Progression des Grammatikstoffs und erreicht mit seiner Dominanz an mythischen und historischen, oft entlegenen Geschichten nur gebrochen das Interesse der Schülerinnen und Schüler. Ein weiteres, erst seit jüngerer Zeit auf dem Markt in zeitgemäßem Layout erschienene Schulbuch fällt durch attraktive, gattungsvielfältige und originaltextnahe Themen auf; zudem gibt es den Lernenden vielschichtige und niveauvolle Informationen über meist texteinführende oder ergänzende Zusatzschriften. Doch neigt es dazu, die Lernenden zu wenig anzuleiten und ihnen den Lernstoff in didaktischer Entlastung zugänglich zu machen.

Der Bildungsplan konzentriert die Textarbeit im Spracherwerb nicht nur auf die didaktische Prosa der Lehrwerke, sondern rückt auch Platons Philosophie ins Zentrum der Betrachtung. Dies scheint nicht nur im Hinblick auf das Graecum zweckmäßig, sondern hilft nachdrücklich, die leitgedanklich formulierten Zielsetzungen des Bildungsplans für die Schülerinnen und Schüler zu erfüllen. Die Behandlung von Platons Philosophie in der Spracherwerbsphase befruchtet den Unterricht in vielerlei Hinsicht; denn Philosophie hat für die Schülerinnen und Schüler einen außergewöhnlichen Reiz.

Dennoch birgt die Beschäftigung mit Platons Philosophie auch ein erhebliches Risiko, die Schülerinnen und Schüler in der Spracherwerbsphase in dreierlei Hinsicht zu überfordern: So könnte der Abstraktionsgrad der philosophischen Fragestellungen abschrecken. Außerdem könnten Platontexte, die zusätzlich zur Lehrbuchlektion behandelt würden, als belastende Mehrarbeit demotivieren. Schließlich wäre es didaktisch kontraproduktiv, die neuen Grammatik und den neuen Wortschatz nicht textimmanent zu lernen.

Die Gestaltung von Unterrichtseinheiten zu Platons Philosophie muss sich daher didaktisch angemessen an den Fragen der Lernenden orientieren und sie motivieren, sich mit den Texten auseinanderzusetzen. Die Einheiten müssen als Alternativeinheiten konzipiert sein, mit denen die Grammatik und das Vokabular der jeweiligen Lektion eingeführt und eingeübt wird, ohne dass ein zusätzlicher Aufwand entsteht. Um die ohnehin knappe Zeit der Spracherwerbsphase nicht zusätzlich zu beschneiden, verfahren die Alternativeinheiten daher in einer ökonomisierten Progression.

[1] Bildungsplan, Leitgedanken, 1.1 Bildungswert des Faches Griechisch, S. 5.

[2] Bildungsplan, Leitgedanken, 1.2 Kompetenzen, S. 6.

[3] Bildungsplan, Inhaltliche Kompetenzen, 3.1.4 Texte und Literatur, S. 17.

 

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