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Lö­sungs­hin­wei­se

In­fo­box

Diese Seite ist Teil einer Ma­te­ria­li­en­samm­lung zum Bil­dungs­plan 2004: Grund­la­gen der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung. Bitte be­ach­ten Sie, dass der Bil­dungs­plan fort­ge­schrie­ben wurde.


Neue­rung: Lö­sungs­hin­wei­se for­mu­lie­ren, was die Prüf­lin­ge kön­nen sol­len.

Auf­ga­be 1:

Be­schrei­ben Sie mit Hilfe von M 2, M 3 und M 4 den Zu­stand der Bür­ger­be­tei­li­gung in Deutsch­land. (10 VP)

Die Auf­ga­be ver­langt, dass die Prüf­lin­ge den Zu­stand der Bür­ger­be­tei­li­gung unter Ver­wen­dung an­ge­mes­se­ner Fach­spra­che be­schrei­ben. Dabei be­schrei­ben sie Art und Grad der ak­ti­ven Teil­nah­me an po­li­ti­schen Wil­lens­bil­dungs- und Ent­schei­dungs­pro­zes­sen. Ins­ge­samt schil­dern die Prüf­lin­ge, dass ver­schie­de­ne Par­ti­zi­pa­ti­ons­mög­lich­kei­ten un­ter­schied­lich und in der Ten­denz ab­neh­mend ge­nutzt wer­den und dass Teile der Be­völ­ke­rung sich nur bei Wah­len bzw. gar nicht aktiv be­tei­li­gen. Die Prüf­lin­ge kön­nen in­ner­halb ihrer Ant­wort den Schwer­punkt der Be­schrei­bung auf Par­ti­zi­pa­ti­ons­be­rei­che ihrer Wahl legen.

So kön­nen die Prüf­lin­ge bei­spiels­wei­se mit Hilfe von M 2 fest­stel­len, dass die Um­fra­ge­wer­te eine sehr hohe Be­reit­schaft zei­gen, an Wah­len teil­zu­neh­men (95%) und dass die Be­reit­schaft, an Ab­stim­mun­gen teil­zu­neh­men, je nach Ab­stim­mungs­ge­gen­stand bzw. -art va­ri­iert (Volks­be­geh­ren: 79%, Ab­stim­mung über In­fra­struk­tur­pro­jek­te: 71%, Ab­stim­mung im In­ter­net: 54%), im Ver­gleich mit der Ein­schät­zung der Wahr­neh­mung in­di­rek­ter Par­ti­zi­pa­ti­ons­rech­te aber auch eher groß ist. Wäh­rend für nur 31% der Be­frag­ten die Mit­glied­schaft in einer Par­tei bzw. für 35% die in einer Bür­ger­initia­ti­ve in Frage kommt, er­scheint die Mit­glied­schaft in einem In­ter­es­sen­ver­band für 66% der Be­frag­ten er­stre­bens­wert.

Dass ins­ge­samt die Be­reit­schaft in einer Par­tei oder einer Bür­ger­initia­ti­ve oder an einem Bür­ger­fo­rum mit­zu­wir­ken für die Mehr­zahl der Be­frag­ten nicht er­stre­bens­wert ist, kor­re­spon­diert auch mit den seit der Wie­der­ver­ei­ni­gung deut­lich sin­ken­den Mit­glie­der­zah­len der eta­blier­ten Par­tei­en (vgl. M 4).

Mit Blick auf die Wahl­be­tei­li­gung an Eu­ro­pa­wah­len in Deutsch­land und der EU (M 3) re­la­ti­viert sich das Um­fra­ge­er­geb­nis in Bezug auf die Be­reit­schaft, an Wah­len teil­zu­neh­men, denn die reale Wahl­be­tei­li­gung sinkt zwi­schen 1979 und 1999 in der EU kon­ti­nu­ier­lich, in Deutsch­land ab­ge­se­hen vom Aus­nah­me­wahl­jahr 1989 eben­falls, und liegt seit 1999 unter 50%.

Auf­ga­be 2:

Er­läu­tern Sie aus­ge­hend von der Ka­ri­ka­tur M 5 die Be­deu­tung von Wah­len in der De­mo­kra­tie. (15 VP)

Die Auf­ga­be ver­langt, dass die Prüf­lin­ge zu­nächst die we­sent­li­chen Bild­ele­men­te der Ka­ri­ka­tur (Baum, ab­ge­säg­te Äste, Säge mit der Auf­schrift „Wahl­ent­hal­tung“, Mi­chel, Sprech­bla­se) be­schrei­ben und deu­ten. Dabei er­ken­nen sie, dass laut Ka­ri­ka­tu­rist der nicht wäh­len­de Bür­ger so­wohl sich selbst als auch der De­mo­kra­tie Scha­den zu­fügt, und klä­ren so­wohl die Pro­ble­ma­tik als auch die Kri­tik des Ka­ri­ka­tu­ris­ten.

Daran an­schlie­ßend ver­langt die Auf­ga­be eine durch Bei­spie­le und Be­le­ge an­schau­lich wer­den­de Er­klä­rung der Be­deu­tung von Wah­len in der De­mo­kra­tie. Dabei müs­sen die Prüf­lin­ge zwar nicht voll­stän­dig alle Wahl­funk­tio­nen auf­lis­ten, ins­ge­samt aber die große, her­vor­ge­ho­be­ne Be­deu­tung von Wah­len deut­lich ma­chen. Sie zei­gen, dass Wah­len in hohem Maße zur Le­gi­ti­mie­rung von Herr­schaft und ganz all­ge­mein zur Le­gi­ti­mie­rung des po­li­ti­schen Sys­tems bei­tra­gen.

Die Prüf­lin­ge er­läu­tern, dass Wah­len die all­ge­meins­te Form der Teil­nah­me am po­li­ti­schen Pro­zess dar­stel­len. Für Teile der Be­völ­ke­rung stel­len Wah­len die ein­zi­ge Form der Par­ti­zi­pa­ti­on dar. Durch Wah­len wird für eine be­stimm­te Zeit Ver­trau­en bzw. das Recht zu re­gie­ren von der Wahl­be­völ­ke­rung auf Per­so­nen und Par­tei­en über­tra­gen. In dem Kon­kur­renz­kampf um po­li­ti­sche Macht wer­den ge­sell­schaft­li­che Kon­flik­te auf fried­li­che Weise aus­ge­tra­gen, dabei wird die Wäh­ler­schaft für Werte, Ziele und Pro­gram­me mo­bi­li­siert. Mei­nun­gen und In­ter­es­sen der Wäh­ler/-innen wer­den in der Folge in ag­gre­gier­ter Form von Re­gie­rungs­mehr­heit oder Op­po­si­ti­on re­prä­sen­tiert.

Zudem kön­nen die Prüf­lin­ge er­läu­tern, dass an­de­re (auf­wän­di­ge­re) Par­ti­zi­pa­ti­ons­for­men wie Par­tei­mit­glied­schaft oder Kan­di­da­tur auf Wah­len hin an­ge­legt sind.

Auf­ga­be 3:

Die Au­to­ren von M 6, M 7 und M 8 be­schäf­ti­gen sich mit der Frage, wie Bür­ge­rin­nen und Bür­ger an Ent­schei­dun­gen teil­ha­ben sol­len. Ver­glei­chen Sie die Po­si­tio­nen der Au­to­ren. (15VP)

Die Auf­ga­be ver­langt, dass die Prüf­lin­ge die für die je­wei­li­ge Po­si­ti­on cha­rak­te­ris­ti­schen Merk­ma­le er­ken­nen, am Text be­le­gen und ge­ord­net dar­stel­len. Dabei zei­gen sie die we­sent­li­chen Un­ter­schie­de und Ge­mein­sam­kei­ten deut­lich auf und nut­zen zu die­sem Zweck Fach­spra­che an­ge­mes­sen und ziel­ge­rich­tet. Die Prüf­lin­ge er­ken­nen im Ver­gleich, dass es allen Au­to­ren um eine Ver­bes­se­rung de­mo­kra­ti­scher Ent­schei­dungs­pro­zes­se in­ner­halb des po­li­ti­schen Sys­tems geht, dass sie aber je­weils an­de­re Mit­tel vor­schla­gen, die­ses Ziel zu er­rei­chen. Zur Er­rei­chung der vol­len Punkt­zahl müs­sen die Prüf­lin­ge die for­ma­len Kri­te­ri­en der Text­ar­beit be­rück­sich­ti­gen.

Die Prüf­lin­ge er­fas­sen Weis­bands Vor­schlag „li­qui­de De­mo­kra­tie“ (Z. 12ff.) in sei­nen Be­son­der­hei­ten und er­ken­nen, dass hier ple­bis­zi­tä­re De­mo­kra­tie­ele­men­te das be­ste­hen­de re­prä­sen­ta­ti­ve Sys­tem weit­ge­hend ver­än­dern.

Mies­sen und Gras­seg­ger kri­ti­sie­ren eben sol­che ba­sis­de­mo­kra­ti­schen, mit Hilfe des In­ter­nets zu rea­li­sie­ren­den Vor­stel­lun­gen (vgl. Z. 6ff., Z. 21ff., Z. 40). Die Prüf­lin­ge er­fas­sen hier die Kri­tik und den Ge­gen­satz und das be­son­de­re Ver­ständ­nis von Par­ti­zi­pa­ti­on im vor­ge­schla­ge­nen Kon­zept (vgl. Z. 28ff.).

Tho­mae geht es um eine Wei­ter­ent­wick­lung der re­prä­sen­ta­ti­ven De­mo­kra­tie Deutsch­lands (vgl. 19ff.) auch mit­tels ple­bis­zi­tä­rer De­mo­kra­tie­ele­men­te. Er schlägt vor, die bei­den De­mo­kra­tie­mo­del­le so zu ver­bin­den, dass ihre je­wei­li­gen Vor­zü­ge zum Tra­gen kom­men (Z. 39f.). Dass Tho­mae diese Ver­bin­dung „flie­ßen­de De­mo­kra­tie“ (Z.44) nennt, zeigt auch durch die Be­griff­lich­keit, dass seine Vor­stel­lun­gen Ge­mein­sam­kei­ten zu denen Weis­bands auf­wei­sen. Die Prüf­lin­ge er­fas­sen dies und ord­nen Tho­ma­es Text im Ver­gleich zudem als den­je­ni­gen ein, der am ehes­ten Vor­zü­ge des be­ste­hen­den Sys­tems zu er­ken­nen ver­mag.

Auf­ga­be 4:

Die Au­to­ren von Mat. 7 be­haup­ten: „Ent­schei­dun­gen gegen die Mehr­heit und ohne Be­tei­li­gung der al­ler­letz­ten Schnarch­na­se kön­nen rich­tig sein – so­lan­ge je­mand die Ver­ant­wor­tung trägt.“ (Z. 30ff.) Be­ur­tei­len Sie, ob diese Form der Ent­schei­dungs­fin­dung ein Zu­kunfts­mo­dell sein kann. (20 VP)

Die Auf­ga­be ver­langt von den Prüf­lin­gen ein be­grün­de­tes und kri­te­ri­en­ori­en­tier­tes Be­ur­tei­len der These unter Be­zug­nah­me auf hier we­sent­li­che Kri­te­ri­en wie Macht / Herr­schaft, Ef­fi­zi­enz und Le­gi­ti­ma­ti­on.

Die Prüf­lin­ge klä­ren die Be­deu­tung der Aus­sa­ge in fach­sprach­lich an­ge­mes­se­ner Form und hin­ter­fra­gen dabei u. a. auch die mög­li­che Be­deu­tung der von den Au­to­ren ver­wand­ten Be­griff­lich­keit („rich­tig“, „letz­te Schnarch­na­se“, „je­mand“).

Um die volle Punkt­zahl zu er­hal­ten, müs­sen die Prüf­lin­ge die vor­ge­schla­ge­ne Form der Ent­schei­dungs­fin­dung um­fas­send als mög­li­ches Zu­kunfts­mo­dell, mit Blick auf al­ter­na­ti­ven Par­ti­zi­pa­ti­ons­mög­lich­kei­ten bzw. De­mo­kra­tie­kon­zep­tio­nen und deren In­ten­ti­on be­ur­tei­len. Auf­grund der viel­fäl­ti­gen Ebe­nen ver­langt die Auf­ga­be je­doch keine voll­stän­di­ge Dar­stel­lung aller As­pek­te.

Ent­schei­dend ist nicht, zu wel­cher Be­ur­tei­lung der Prüf­ling kommt, son­dern Re­fle­xi­ons­tie­fe und Dif­fe­ren­ziert­heit der Ant­wort.

So kön­nen die Prüf­lin­ge bei­spiels­wei­se die Klä­rung der These mit einer kri­te­ri­en­ori­en­tier­ten Be­ur­tei­lung ver­bin­den und zei­gen, dass im Sinne der Au­to­ren „rich­ti­ge“ Ent­schei­dun­gen durch­aus ef­fi­zi­ent oder in­halt­lich wün­schens­wert sein kön­nen. Der As­pekt der Be­tei­li­gung („ohne die letz­te Schnarch­na­se“) kann so­wohl zur The­ma­ti­sie­rung der Ver­ant­wor­tung der Bür­ge­rin­nen und Bür­ger als auch zur Frage der Le­gi­ti­ma­ti­on von Ent­schei­dun­gen bzw. von po­li­ti­scher Herr­schaft ins­ge­samt füh­ren.

Auf­ga­be 4: (Al­ter­na­ti­ve)

Die Leit­fra­ge des Zu­kunfts­fo­rum De­mo­kra­tie lau­tet: „Wie sol­len wir in Deutsch­land po­li­ti­sche Ent­schei­dun­gen tref­fen?“ Ge­stal­ten Sie zur Be­ant­wor­tung die­ser Frage eine Rede. (20 VP)

Die Prüf­lin­ge ge­stal­ten in ge­ord­ne­ter und (fach-)sprach­lich an­ge­mes­se­ner Form eine Rede, in der sie sich mit der The­ma­tik mit­hil­fe der Er­kennt­nis­se aus den Ma­te­ria­li­en, ihres po­li­ti­schen Deu­tungs­wis­sens und/oder ihrer sub­jek­ti­ven Er­fah­run­gen ei­gen­stän­dig aus­ein­an­der­set­zen. Mit Blick auf die The­ma­tik bzw. auf die Leit­fra­ge „Wie sol­len wir in Deutsch­land Ent­schei­dun­gen tref­fen?“ schil­dern sie dabei Par­ti­zi­pa­ti­ons­mo­del­le in ihren Vor­zü­gen und Nach­tei­len und be­ur­tei­len diese.

Auf­grund der viel­fäl­ti­gen Ebe­nen und Par­ti­zi­pa­ti­ons­mög­lich­kei­ten ist eine voll­stän­di­ge Dar­stel­lung nicht zu er­war­ten. Wenn die Prüf­lin­ge be­wusst aus­wäh­len und zu einem kri­te­ri­en­ori­en­tier­ten und be­grün­de­ten Ur­teil in Bezug auf ver­schie­de­ne Par­ti­zi­pa­ti­ons­mo­del­le ge­lan­gen, ist die Auf­ga­be als er­füllt zu be­trach­ten.

Ent­schei­dend ist nicht, zu wel­chem Ur­teil die Prüf­lin­ge kom­men, son­dern Re­fle­xi­ons­tie­fe und Dif­fe­ren­ziert­heit der Ant­wort.

Ver­glei­che hier­zu bitte auch das Me­tho­den­blatt „Die (po­li­ti­sche) Rede“ und die dort vor­ge­schla­ge­nen Be­wer­tungs­kri­te­ri­en „Sach­kennt­nis“, „Über­zeu­gungs­kraft“ und Aus­drucks­ver­mö­gen“.

Bei­spiels­wei­se kön­nen die Prüf­lin­ge als be­denk­lich ein­ge­stuf­te Phä­no­me­ne der Po­li­tik(er)ver­dros­sen­heit (vgl. zum Bei­spiel Mat. 5) zum Aus­gangs­punkt ihrer Über­le­gun­gen neh­men. In der Folge sind so­wohl eine kri­ti­sche Wür­di­gung der Vor­zü­ge und Nach­tei­le der re­prä­sen­ta­ti­ven De­mo­kra­tie als auch Dar­stel­lung und Be­ur­tei­lung ver­schie­de­ner Va­ri­an­ten der ple­bis­zi­tä­ren De­mo­kra­tie als Schwer­punkt mög­lich, eben­so kön­nen Ent­schei­dungs­ebe­nen von der Kom­mu­ne bis zur EU the­ma­ti­siert wer­den. Aus dem kri­te­ri­en­ori­en­tier­ten Ur­teil könn­te sich ab­schlie­ßend ein For­de­rungs­ka­ta­log er­ge­ben, der auf­zählt, was zu be­ach­ten ist, wenn große Le­gi­ti­ma­ti­on, Ef­fek­ti­vi­tät oder Sta­bi­li­tät in­ten­diert sein soll­te.

 

Wei­ter mit Un­ter­richt­li­che Vor­aus­set­zun­gen