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„Glaubensbekenntnis“ des guten Gottes – Einen Kurzvortrag halten

Arbeitsaufträge

  1. Stellen Sie Ihre Ergebnisse zu den folgenden Aufgaben in einem zusammenhängenden Kurzvortrag dar.
    • Lesen Sie zunächst das „Glaubensbekenntnis“ des guten Gottes (S. 80 f. „Wollen Sie mein Glaubensbekenntnis?“ bis „Da mögen sie vielleicht unter die Sternbilder versetzt worden sein.“)
    • Erläutern Sie, in welchem Verhältnis nach Ansicht des guten Gottes die Liebe zur (gesellschaftlichen) Ordnung steht. Berücksichtigen Sie dabei auch Besonderheiten der sprachlichen Gestaltung.
    • Vergleichen Sie die Position des guten Gottes zum Verhältnis von Liebe und gesellschaftlicher Ordnung mit derjenigen Ingeborg Bachmanns.

      Ingeborg Bachmann: Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar. Rede zur Verleihung des Hörspielpreises der Kriegsblinden, 17.3.1959 (Auszug)

      Für ihr Hörspiel „Der gute Gott von Manhattan“ wurde Ingeborg Bachmann 1959 mit dem renommierten Hörspielpreis der Kriegsblinden ausgezeichnet.
      Aus urheberrechtlichen Gründen kann der Text hier nicht abgedruckt werden.
      Quelle: Ingeborg Bachmann (1981): Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar. Essays, Reden, Kleinere Schriften, München: Piper Verlag, S. 76.

  2. Diskutieren Sie, weshalb der gute Gott am Schluss nicht wegen Mordes verurteilt wird (S. 94).

Lösungshinweise

  • zu a) Die Aufgabe dient der gezielten Vorbereitung auf die mündliche Abiturprüfung (Textumfang und Aufgabenstellung entsprechen den Prüfungsvorgaben). Geübt werden kann an diesem Beispiel auch die zwanzigminütige Einarbeitungsphase.

    Der gute Gott sieht in der Liebe eine Gefährdung der „Ordnung für alle und für alle Tage“, die daher vernichtet werden muss. Als romantische Fiktion wird sie „unter die Sternbilder versetzt“ und damit als Gegensatz zur real existierenden irdischen Ordnung dargestellt. Das Motiv des Himmels als Ort für die (ekstatische) Liebe durchzieht das gesamte Hörspiel - ebenso wie die Verbindung der Liebe mit der Nacht. Die Liebe ist an sich „unschuldig“, ihre Auswirkungen auf die gesellschaftliche Ordnung sind jedoch destruktiv, weshalb sie „vor alle Instanzen“ kommen muss.
    Die Form des Glaubensbekenntnisses ist in doppelter Hinsicht ironisch zu verstehen: Ein Gott legt üblicherweise kein Glaubensbekenntnis ab; dass er es hier dennoch tut, zeigt, dass dieser Gott nicht für sich selbst steht, sondern für eine übergeordnete „Ordnung“, „eine große Konvention“. „Geglaubt“ wird hier also nicht an eine metaphysische Wahrheit, sondern an die sehr irdische und prosaische „Ordnung für alle und für alle Tage“.
    Festzuhalten bleibt allerdings, dass die Position des guten Gottes durchaus ambivalent ist. Als Jan schließlich in die Arme der Ordnung zurückkehrt, hat der gute Gott nur Verachtung für ihn übrig: „[Er wird] bei schlechter Laune und mit mäßigen Ansichten lange leben.“ (S. 93)

    Auch Bachmann betont, „daß wir in der Ordnung bleiben müssen, daß es den Austritt aus der Gesellschaft nicht gibt.“ (Z. 9) Allerdings stellt sie den Gegensatz zwischen gesellschaftlicher Ordnung und ekstatischer Liebe nicht als starr, sondern als dynamisch dar: Die Liebe hinterfragt die Grenzen gesellschaftlicher Ordnung und erweitert sie dadurch. Ihren Utopie-Begriff formuliert Bachmann in dem vielzitierten Satz: „Im Widerspiel des Unmöglichen mit dem Möglichen erweitern wir unsere Möglichkeiten.“ (Z. 12 f.) Dabei könnte auch thematisiert werden, dass das Motiv der ekstatischen Liebe selbst zur kulturellen Tradition und damit zur gesellschaftlichen Ordnung gehört.

  • zu b)
    Sowohl der Richter als auch der gute Gott sind Repräsentanten der gesellschaftlichen Ordnung. Und da es „nicht zwei Richter [gibt] – wie es nicht zwei Ordnungen gibt“ (S. 82), kann der Richter nicht den guten Gott verurteilen. Denn dieses Urteil würde auf ihn selbst zurückfallen – und auf die gesellschaftliche Ordnung, deren Vertreter er ist.

Der gute Gott von Manhattan: Herunterladen [docx][4 MB]

 

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