Arbeitsblatt 1
Thomas Mann: Mario und der Zauberer
M1: Zur Begriffsbestimmung
„Denn was ist eine Novelle anders als eine sich ereignete unerhörte Begebenheit.“ Johann Wolfgang von Goethe hat in seinen Gesprächen mit seinem engen Vertrauten, dem Schriftsteller Johann Peter Eckermann, im Januar 1827 eine Definition der Novelle entwickelt, die heute noch gerne zitiert wird. Anknüpfend an den Dichter Christoph Martin Wieland, der auf die Funktion des Erzählens in einem geselligen Kontext verweist, hebt auch Goethe das Neuartige der erzählten Geschichte hervor, das besondere Ereignis, das oft den Wendepunkt der Handlung markiert.
Der Begriff selbst kommt aus dem Italienischen: „novella“ bedeutet „kleine Neuigkeit“. In der Literaturwissenschaft ist eine klare Begriffsdefinition der Novelle jedoch umstritten, eine klare Abgrenzung zum Begriff „Erzählung“ wird kontrovers diskutiert, die Grenzen zu anderen Gattungsunterformen der Epik sind fließend. Autoren selbst (vgl. auch Thomas Mann, Theodor Storm, Günter Grass) allerdings berufen sich immer wieder auf den Formtypus der Novelle.1
Auch wenn die herkömmlichen Gattungsgrenzen mit Beginn der literarischen Moderne an Geltung verlieren, so sind dem novellistischen Erzählen in der Regel folgende Merkmale gemein: Die eigentliche Geschichte mittlerer Länge (in Abgrenzung vom Roman, aber auch der Kurzgeschichte) wird straff, oft einsträngig und linear erzählt, wobei der Erzähler objektiv berichtet, ohne sich ins Geschehen einzumischen. Häufig eingebettet in eine Rahmenhandlung, stellt die Binnenhandlung eine tatsächliche oder mögliche Begebenheit dar (Realitätsbezug). Zudem prägen oft psychologische Vorgänge die Handlung, allerdings werden die Figuren nicht in epischer Breite charakterisiert. Der in der Regel klar strukturierte Aufbau einer Novelle ist mit dem des Dramas vergleichbar, von Theodor Storm ist die Novelle deshalb auch als „Schwester des Dramas“ bezeichnet worden. Typisch für Novellen sind bestimmte Leitmotive und auch Dingsymbole, die auf das Kernthema verweisen.2
M2: Aufbau des klassischen Dramas
(nach Gustav Freytag)
Arbeitsauftrag
- Untersuche, ob auch Thomas Manns Novelle „Mario und der Zauberer“ als „Schwester des Dramas“ bezeichnet werden kann. Belege deine Ergebnisse mit konkreten Verweisen auf den Text. Präsentiere dein Ergebnis grafisch analog zu M2.
- Prüfe, ob sich weitere Elemente novellistischen Erzählens finden lassen bzw. ob es auch Abweichungen davon gibt. Belege deine Ergebnisse ebenfalls am Text.
1vgl. Bekes, Peter: Novellen und Erzählungen. Seelze 2015, S. 25ff
2vgl. von Wilpert, Gero: Sachwörterbuch der Literatur. Stuttgart 1989, 7. Erweiterte Auflage, S. 628ff
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