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Kor­rek­tur- und Lö­sungs­hin­wei­se

In­fo­box

Diese Seite ist Teil einer Ma­te­ria­li­en­samm­lung zum Bil­dungs­plan 2004: Grund­la­gen der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung. Bitte be­ach­ten Sie, dass der Bil­dungs­plan fort­ge­schrie­ben wurde.


Neue­rung: Was müs­sen die Prüf­lin­ge kön­nen?

Auf­ga­be 1:

Be­schrei­ben Sie an Hand von M2 mög­li­che Zu­sam­men­hän­ge zwi­schen öko­no­mi­scher und so­zia­ler Ent­wick­lung. (14 VP)

Die Auf­ga­be ver­langt von den Prüf­lin­gen, mög­li­che Zu­sam­men­hän­ge zwi­schen öko­no­mi­scher und so­zia­ler Ent­wick­lung der in den Dia­gram­men dar­ge­stell­ten Län­der und Re­gio­nen zu be­schrei­ben. Sie kön­nen aus den Dia­gram­men schlie­ßen, dass ein meist deut­li­cher Zu­sam­men­hang zwi­schen Wirt­schafts­wachs­tum und sin­ken­der Ar­beits­lo­sen­quo­te zwar prin­zi­pi­ell vor­liegt, die­ser sich je­doch bei einer Be­trach­tung der Dia­gramm­de­tails nicht immer klar er­ken­nen lässt. Wei­ter er­ken­nen die Prüf­lin­ge, dass eine ins­ge­samt sin­ken­de Zoll­hö­he einen Ein­fluss auf das Wirt­schafts­wachs­tum zu haben scheint, wobei auch hier die De­tails in den Dia­gram­men die Be­haup­tung einer Ent­wick­lungs­ent­spre­chung ver­hin­dern. Sie stel­len wei­ter fest, dass die Zu­nah­me des durch­schnitt­li­chen BIP pro Kopf nach Kauf­kraft­pa­ri­tät nicht in einem Zu­sam­men­hang mit einer Gleich­ver­tei­lung der Ein­kom­men ste­hen muss, wie die ge­gen­läu­fi­ge Ent­wick­lung des Gini-Index in den USA und der EU zeigt: An­ga­ben zu den Ur­sa­chen – z. B. Me­cha­nis­men zur so­zia­len Um­ver­tei­lung („So­zi­al­staat“) - feh­len hier. Ein­fa­che Kau­sa­li­täts­be­haup­tun­gen ver­bie­ten sich für alle Zu­sam­men­hän­ge zwi­schen den Dia­gram­men und damit zu den Zu­sam­men­hän­gen zwi­schen öko­no­mi­scher und so­zia­ler Ent­wick­lung.

Die Prüf­lin­ge be­schrei­ben, dass das BIP pro Kopf nach PPP in den USA und in der EU bis auf einen Ein­bruch im Jahr 2009 zu­nimmt, wenn auch in der EU auf einem um rund 10000 Dol­lar nied­ri­ge­rem Ni­veau (vgl. M2a). Selbst klei­ne Ver­än­de­run­gen in der Wachs­tums­kur­ve schei­nen sich auf Ver­än­de­run­gen in der Ar­beits­lo­sen­quo­te (M2b) aus­zu­wir­ken: Die Ab­fla­chung der Wachs­tums­kur­ve in den USA zwi­schen den Jah­ren 2000 bis un­ge­fähr 2002 geht ein­her mit einer Ver­än­de­rung der Ar­beits­lo­sen­quo­te in den USA von ca. 4 % im Jahr 2002 auf ca. 6 % im Jahr 2002. Wei­ter zei­gen die Wachs­tums­kur­ven von EU und USA ab dem Jahr 2007/2008 (auf Grund der Fi­nanz­kri­se) einen deut­li­chen Ein­bruch – und par­al­lel hier­zu eine kräf­ti­ge Zu­nah­me der Ar­beits­lo­sen­quo­te von ca. 5 % auf fast 10 % in den USA und von ca. 7 % auf fast 10 % in der EU. Der Zu­sam­men­hang ist je­doch nicht immer klar er­kenn­bar: Die Zu­nah­me der Ar­beits­lo­sen­quo­te in der EU ab 2001 mit etwas über 8 % bis zum Jahr 2005, sowie der sich hier­an an­schlie­ßen­de Rück­gang der Ar­beits­lo­sen­quo­te bis zum Jahr 2007 auf ca. 7 % fin­den z. B. in der Wachs­tums­kur­ve der EU keine di­rek­te Ent­spre­chung. Wird von den Prüf­lin­gen zur Ana­ly­se zu­sätz­lich die durch­schnitt­li­che Höhe der Zölle in Pro­zent für alle Han­dels­gü­ter her­an­ge­zo­gen (M2b), zeigt sich zwar ins­ge­samt ein Rück­gang der Zoll­hö­he in den USA wie auch in der EU - eine di­rek­te Ent­spre­chung der hier oft kräf­ti­gen Schwan­kun­gen scheint aber in der Wachs­tums­kur­ve oder in der Ar­beits­lo­sen­quo­te nicht vor­zu­lie­gen. Auch zur Ent­wick­lung des Gini-Index (M2d) scheint es keine di­rek­te Ent­spre­chung in den an­de­ren Dia­gram­men zu geben: Hier kann le­dig­lich fest­ge­stellt wer­den, dass in den USA zwi­schen 1997 und 2007 trotz einer Zu­nah­me des BIP von durch­schnitt­lich mehr als 15000 Dol­lar pro Kopf die Un­gleich­heit zu­ge­nom­men hat – wo­hin­ge­gen in der EU bei einer Zu­nah­me des BIP pro Kopf von mehr als 10000 Dol­lar im Zeit­raum zwi­schen 1995 und 2011 die Un­gleich­heit ab­ge­nom­men hat.

Auf­ga­be 2:

Der Autor von M3 plä­diert für „Die Ver­ei­nig­ten Staa­ten des Wes­tens“ (vgl. Titel M3). Er­stel­len Sie für M3 eine Mind Map, wel­che die Ar­gu­men­te für ein Frei­han­dels­ab­kom­men zwi­schen der EU und den USA dar­stellt. (14 VP)

Die Prüf­lin­gen er­ken­nen, dass der Autor von M3 für TAFTA auf den Ana­ly­se­e­be­nen Po­li­tik, Öko­no­mie und Werte („Kul­tur“) ar­gu­men­tiert. Sie stel­len in Form einer Mind Map dar, dass der Autor ge­mein­sa­me In­ter­es­sen zur Si­che­rung der Vor­macht­stel­lung „des Wes­tens“ (M3) ge­gen­über auf­stre­ben­der Kon­kur­renz (Asien, China) ins Zen­trum stellt und ver­wen­den zur Glie­de­rung zen­tra­le Fach­be­grif­fe / -ka­te­go­ri­en. Eine Re­duk­ti­on auf die we­sent­li­chen Ar­gu­men­ta­ti­ons­li­ni­en ist klar er­kenn­bar. Der Grad an Dif­fe­ren­zie­rung macht es Drit­ten mög­lich, die Ar­gu­men­te nach­zu­voll­zie­hen.

MindMap
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Auf­ga­be 3:

Ver­glei­chen Sie, mit wel­chen Ar­gu­men­ten die Au­to­ren von M3 und M4 zu un­ter­schied­li­chen Ein­schät­zun­gen von „TAFTA“ kom­men. (12 VP)

Die Prüf­lin­ge er­ken­nen im Ver­gleich der Texte, dass der Autor von M3 ver­stärkt eine Ef­fi­zi­en­zar­gu­men­ti­on für die Ana­ly­se­e­be­ne Öko­no­mie nutzt, die durch Maß­nah­men auf der Ana­ly­se­e­be­ne Po­li­tik ge­si­chert und er­mög­licht wer­den solle. Der Autor von M4 ver­weist im Un­ter­schied hier­zu auf die „hin­ter“ die­ser Ar­gu­men­ta­ti­on ste­hen­den Macht­in­ter­es­sen der Pri­vat­wirt­schaft: die de­mo­kra­tisch le­gi­ti­mier­te Macht des Staa­tes solle zu Guns­ten pri­vat­wirt­schaft­li­cher In­ter­es­sen be­schränkt wer­den (vgl. M4 Z. 129 f. und 138 f.). Die Ver­hand­lun­gen in der WTO und in­ner­halb der EU zeig­ten, dass mit Er­geb­nis­sen auf Grund von wi­der­stre­ben­den Lob­by­in­ter­es­sen nicht zu rech­nen sei – die Haupt­ziel­rich­tung der Ver­hand­lun­gen zum Frei­han­dels­ab­kom­men sei die In­nen­po­li­tik, in der un­po­pu­lä­ren Ge­set­zen das „Label des 'Sach­zwangs' ver­passt wer­den“ könne (vgl M4 Z. 131). Beide Au­to­ren stim­men darin über­ein, dass „TAFTA“ die Vor­macht­stel­lung „des Wes­tens“ ge­gen­über auf­stre­ben­den asia­ti­schen Mäch­ten - und hier ins­be­son­de­re ge­gen­über der wer­den­den Groß­macht China (vgl. M3 Z. 77 f. und M4 Z. 91 f.) - si­chern solle.

Auf­ga­be 4:

Er­ör­tern Sie, ob Frei­han­dels­ab­kom­men die so­zia­le Ge­rech­tig­keit för­dern.
(20 VP)

Die Prüf­lin­ge nut­zen in ihrer Er­ör­te­rung eine De­fi­ni­ti­on des Be­grif­fes „so­zia­le Ge­rech­tig­keit“. Sie kön­nen hier­zu z. B. im An­schluss an Aris­to­te­les an­ge­ben, dass unter Ge­rech­tig­keit mo­ra­lisch be­grün­de­te, ak­zep­tier­te und wirk­sa­me Ver­hal­tens- und Ver­tei­lungs­re­geln ver­stan­den wer­den sol­len, die Kon­flik­te ver­mei­den, wel­che ohne die An­wen­dung die­ser Ge­rech­tig­keits­re­geln bei der Ver­tei­lung be­gehr­ter Güter (oder un­ge­lieb­ter Las­ten) auf­tre­ten wür­den, und dass somit unter „so­zia­ler Ge­rech­tig­keit“ die Ver­mei­dung von so­zia­ler Un­gleich­heit ver­stan­den wer­den könne. Die Er­geb­nis­for­mu­lie­rung ver­deut­licht, warum wel­che (auch: ver­mit­teln­de) Po­si­ti­on ein­ge­nom­men wurde. Die Prüf­lin­ge kön­nen ihre Er­ör­te­rung in einen Pro- und Con­tra-Teil glie­dern und z. B. aus­füh­ren:

Pro: Die meis­ten Au­ßen­han­dels­theo­ri­en kom­men zu dem Er­geb­nis, dass Frei­han­del der Wohl­fahrt eines Lan­des mehr dient als Pro­tek­tio­nis­mus (er­höh­te Ef­fi­zi­enz, schnel­le­res Er­rei­chen von op­ti­ma­len Be­triebs­grö­ßen durch in­ter­na­tio­na­len Wett­be­werb, durch Wett­be­werb be­schleu­nig­te In­no­va­tio­nen) – nicht um­sonst ver­weist M3 auf Ri­car­do (Z. 36). Im Rah­men die­ser Theo­ri­en füh­ren Zölle zu Pro­duk­ti­ons- und Kon­sum­ver­zer­run­gen und somit zu Wohl­fahrts­ver­lus­ten für die ge­sam­te Ge­sell­schaft. Ein stei­gen­des BIP ist je­doch Vor­aus­set­zung für Bil­dungs- und So­zi­al­pro­gram­me (BRD: So­zi­als­staats­ge­bot Art 20 I GG) und damit Vor­aus­set­zung für so­zia­len Auf­stieg. Dazu kommt, dass durch die ver­stärk­te Kon­kur­renz Prei­se für Güter sin­ken, was auch dann gut für die Schwa­chen in der Ge­sell­schaft ist, wenn diese von staat­li­chen Trans­fer­leis­tun­gen leben (BRD: Hartz IV).

Con­tra: Der di­rek­te Nach­weis des Zu­sam­men­hangs zwi­schen so­zia­ler Ge­rech­tig­keit im Sinne so­zia­ler Gleich­heit ge­lingt vor dem Hin­ter­grund von M2 je­doch hier nicht. Nicht um­sonst sehen Kri­ti­ker im Frei­han­del die Ge­fahr von Aus­beu­tung (z. B. durch Lohn­dum­ping im Stand­ort­wett­be­werb; BRD: Nied­rig­lohn­sek­tor, Auf­sto­cker) und Ze­men­tie­rung be­ste­hen­der so­zia­ler Un­ter­schie­de (BRD: Min­dest­lohn­de­bat­te, PISA-De­bat­te). Ge­ra­de die In­sti­tu­ti­on, die durch Um­ver­tei­lung für mehr so­zia­le Ge­rech­tig­keit sor­gen könn­te, wird durch mehr Frei­han­del ge­schwächt: der Staat, des­sen na­tio­na­le Steue­rungs­fä­hig­keit im Stand­ort­wett­be­werb be­grenzt wird. Ent­schei­dun­gen wer­den in die Exe­ku­ti­ve und von dort auf die in­ter­na­tio­na­le Ebene ver­la­gert (Go­ver­nan­ce – oder hier TAFTA-In­sti­tu­tio­nen / -Re­gime), das de­mo­kra­tisch di­rekt le­gi­ti­mier­te Par­la­ment bleibt außen vor oder kann nur noch Ge­samt­pa­ke­te be­stä­ti­gen (BRD: „al­ter­na­tiv­los“): Frei­han­del ge­fähr­det somit nicht nur die so­zia­le Ge­rech­tig­keit, son­dern auch die De­mo­kra­tie an sich.

 

Wei­ter mit Un­ter­richt­li­che Vor­aus­set­zun­gen