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„Sie ist al­lein ge­stor­ben“ - Ge­schlech­ter­rol­len ana­ly­sie­ren

Beschreibung

Ab­bil­dung: ZPG Deutsch

Ar­beits­auf­trä­ge

  1. Ord­nen Sie die Re­gie­an­wei­sun­gen Jan und Jen­ni­fer zu. Be­grün­den Sie Ihre Zu­ord­nung mit Bei­spie­len.
  2. Gibt es Sprech­wei­sen, die Sie als ty­pisch männ­lich bzw. weib­lich be­zeich­nen wür­den? Mar­kie­ren Sie ent­spre­chen­de Bei­spie­le und dis­ku­tie­ren Sie Ihre Zu­ord­nung.
  3. Fer­ti­gen Sie aus­ge­hend von den Re­gie­an­wei­sun­gen eine Cha­rak­ter­skiz­ze von Jan und Jen­ni­fer an. Be­rück­sich­ti­gen Sie dabei auch, in­wie­weit sich die bei­den Cha­rak­te­re im Lauf der Hand­lung ver­än­dern.

    GUTER GOTT [D]ieser Mensch hatte ge­schwo­ren, er werde das Schiff nicht neh­men, son­dern
    • leben und ster­ben mit ihr
    • sich Un­ge­wiss­heit und Not über­ant­wor­ten
    • seine Her­kunft und seine Spra­che ver­ges­sen und mit ihr reden in einer neuen
      bis ans Ende sei­ner Tage. (S. 13)
  4. Hören Sie sich die Szene „In einer Bar in der 46. Stra­ße“ (S. 89 f.) ge­mein­sam an.
  5. Sam­meln Sie Be­leg­stel­len, die zei­gen, dass Jan in die­ser Szene die ei­ge­nen Schwü­re bricht, die er Jen­ni­fer ge­ge­ben hat und die der gute Gott zi­tiert.
  6. Er­läu­tern Sie die Funk­ti­on, die die „Stim­men“ in die­ser Szene haben.


    GUTER GOTT Er war ge­ret­tet. Die Erde hatte ihn wie­der. Jetzt wird er längst zu­rück sein und bei schlech­ter Laune und mit mä­ßi­gen Aus­sich­ten lange leben. (S. 93)
    Der gute Gott zi­tiert an die­ser Stel­le aus Goe­thes Tra­gö­die „Faust“, in wel­cher der Ti­tel­held im letz­ten Au­gen­blick vom Selbst­mord ab­ge­hal­ten wird: „Die Träne quillt, die Erde hat mich wie­der!“ (V. 784)

  7. Dis­ku­tie­ren Sie
    • ob der gute Gott mit sei­nem Ur­teil Recht hat, Jan sei „ge­ret­tet“.
    • warum nur Jan „ge­ret­tet“ wird, nicht aber Jen­ni­fer.

Lö­sungs­hin­wei­se

  • zu a) Die linke Sprech­bla­se ge­hört zu Jan, die rech­te zu Jen­ni­fer.
  • zu b) und c) Mit den SuS soll­te un­be­dingt dis­ku­tiert wer­den, in­wie­weit die Sprech­wei­sen und die dar­aus ab­leit­ba­ren Cha­rak­ter­pro­fi­le Jans und Jen­ni­fers kli­schee­haf­ten Vor­stel­lun­gen der Ge­schlech­ter­rol­len ent­spre­chen (die zum Teil si­cher auch der Ent­ste­hungs­zeit des Hör­spiels ge­schul­det sind):
    Jans Ver­hal­ten ge­gen­über Jen­ni­fer schwankt bis zum Schluss zwi­schen (iro­ni­scher) Dis­tan­zie­rung und lei­den­schaft­li­cher Hin­ga­be. In den letz­ten ge­mein­sa­men Ge­sprä­chen hat er den grö­ße­ren Re­de­an­teil und be­schreibt ihre Liebe als uto­pi­sche „Ge­gen­zeit“.
    Jen­ni­fer ord­net sich da­ge­gen von An­fang an Jans Wil­len unter, wobei diese Un­ter­ord­nung stel­len­wei­se ma­so­chis­ti­sche Züge an­nimmt („Könnt ich mehr tun, mich auf­rei­ßen für dich und in dei­nen Be­sitz über­ge­hen, mit jeder Faser und wie es sein soll: mit Haut und mit Haar“, S. 143). Eine wirk­li­che Ent­wick­lung durch­läuft daher ei­gent­lich nur Jan, wäh­rend Jen­ni­fers lie­ben­de Hin­ga­be un­ver­än­dert bleibt.
  • zu d) und e)

    Beschreibung

    Ab­bil­dung: ZPG Deutsch

  • zu f) Zum ers­ten Mal han­delt es sich hier um „reale“ Stim­men, die als „Re­kla­me“ (S. 90) aus dem Radio kom­men. Sie re­prä­sen­tie­ren auch hier die For­de­run­gen der ge­sell­schaft­li­chen Ord­nung, der sich Jan in die­ser Szene wie­der un­ter­ord­net
  • zu g) Die Ab­schluss­dis­kus­si­on ist wich­tig, um zu einer Ge­samt­deu­tung und Be­wer­tung des Hör­spiels zu ge­lan­gen. Dass es eine ek­sta­ti­sche Liebe au­ßer­halb der (ge­sell­schaft­li­chen) Ord­nung auf Dauer nicht geben kann, hat Bach­mann selbst mehr­fach be­tont. In­so­fern lässt sich Jans Rück­kehr in die (lang­wei­li­ge) Nor­ma­li­tät durch­aus auch als Ret­tung be­grei­fen: „Viel­leicht ist es nicht un­be­dingt ein Ver­rat an der Ek­sta­se und der Frei­heit, wenn man sich ge­le­gent­lich wünscht, wie der Gute Gott von Jan be­haup­tet, ‚nor­mal, ge­sund und recht­schaf­fen wie ein Mann [zu sein], der vor dem Abend­es­sen ein Glas in Ruhe trinkt […]‘“ (Lenn­ox 2013: 95). Bleibt die Frage, warum dann nicht auch Jen­ni­fer „ge­ret­tet“ wird. Im Hör­spiel wer­den Macht und ge­sell­schaft­li­che Ord­nung mit Män­nern in Ver­bin­dung ge­bracht: mit dem guten Gott und dem Rich­ter; selbst die Eich­hörn­chen Billy und Fran­kie sind männ­lich. „Im Ge­gen­zug bleibt die Frau […] als Ver­kör­pe­rung einer sub­ver­si­ven und grenz­über­schrei­ten­den Liebe zu­rück, die das to­ta­li­tä­re Ord­nungs­prin­zip des Guten Got­tes be­droht.“ (Lenn­ox 2013: 94) Pro­ble­ma­ti­siert wer­den müs­sen dabei die kli­schee­haf­ten Rol­len­bil­der, die die­sem Schluss zu­grun­de lie­gen: Der Mann (Jan) steht für die (ge­sell­schaft­li­che) Ord­nung, die Frau (Jen­ni­fer) da­ge­gen für die un­be­ding­te Liebe.

Der gute Gott von Man­hat­tan: Her­un­ter­la­den [docx][4 MB]

 

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