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Spe­zi­fi­sche An­for­de­run­gen des ma­te­ri­al­ge­stütz­ten Schrei­bens

Das ma­te­ri­al­ge­stütz­te Ver­fas­sen ar­gu­men­tie­ren­der Texte weist zahl­rei­che Über­ein­stim­mun­gen mit be­reits be­kann­ten Auf­ga­ben­ar­ten auf. Als neuer Auf­ga­ben­typ stellt es je­doch auch eine Reihe spe­zi­fi­scher An­for­de­run­gen an die Schü­le­rin­nen und Schü­ler:

  • Se­lek­ti­ves Lesen: Im Ge­gen­satz zur Tex­t­er­ör­te­rung wird beim ma­te­ri­al­ge­stütz­ten Schrei­ben keine „voll­stän­di­ge Ana­ly­se“ aller be­reit­ge­stell­ten Texte ver­langt. Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler sol­len viel­mehr den Be­zugs­tex­ten das für ihren Ziel­text We­sent­li­che ent­neh­men. Al­ler­dings be­to­nen Feil­ke et al., „dass die Ma­te­ria­li­en weit­ge­hend durch­drun­gen und ver­stan­den wer­den müs­sen, um Aus­wah­l­ent­schei­dun­gen tref­fen zu kön­nen und zu be­stim­men, wel­che The­men, In­hal­te und Ideen für die Text­pro­duk­ti­on wich­tig wer­den. In­so­fern ori­en­tiert sich der Re­zep­ti­ons­pro­zess wei­ter­hin an Voll­stän­dig­keit – die Spu­ren, die die­ser Pro­zess im Text­pro­dukt hin­ter­lässt, kön­nen aber kur­so­risch und lose sein.“ (Feil­ke et al. 2016: 9) 
  • Aus­wer­tung und Ver­sprach­li­chung nicht­li­nea­rer Texte: Die neue Auf­ga­ben­art heißt nicht zu­fäl­lig ma­te­ri­al­ge­stütz­tes (und nicht text­ge­stütz­tes) Schrei­ben. Neben li­nea­ren Tex­ten müs­sen die Schü­le­rin­nen und Schü­ler z.B. auch Dia­gram­me, Schau­bil­der und Ta­bel­len aus­wer­ten und in einen kon­ti­nu­ier­li­chen Text um­for­men kön­nen. Die Aus­wer­tung nicht­li­nea­rer Texte sieht der Bil­dungs­plan 2016 be­reits für die Se­kun­dar­stu­fe I vor.
  • Ver­glei­chen­des und kon­tras­tie­ren­des Lesen und Schrei­ben: Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler sehen sich vor die Auf­ga­be ge­stellt, nicht nur ex­pli­zi­te, son­dern auch im­pli­zi­te Be­zü­ge zwi­schen den he­te­ro­ge­nen Ma­te­ria­li­en zu er­ken­nen und diese in Be­zie­hung zu­ein­an­der und zum über­ge­ord­ne­ten Thema zu set­zen und zu be­ur­tei­len. Diese Fä­hig­keit wurde zwar schon beim Essay vor­aus­ge­setzt; beim ma­te­ri­al­ge­stütz­ten Schrei­ben muss das Ma­te­ri­al al­ler­dings zwin­gend wei­ter­ver­ar­bei­tet wer­den und kann nicht nur als An­re­gung ge­nutzt wer­den. Auch eine bloße An­ein­an­der­rei­hung von The­sen aus den Ma­te­ria­li­en wird dem Auf­ga­ben­for­mat nicht ge­recht. Als Hil­fe­stel­lung für die Ver­sprach­li­chung in­ter­tex­tu­el­ler Be­zü­ge kön­nen stan­dar­di­sier­te For­mu­lie­rungs­mus­ter die­nen.1
  • Ver­traut­heit mit kom­mu­ni­ka­ti­ven Text­sor­ten: Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler müs­sen mit der vor­ge­ge­be­nen Text­sor­te des Ziel­tex­tes ver­traut sein. Als kom­mu­ni­ka­ti­ve Text­sor­ten bie­ten sich etwa an: Kom­men­tar, of­fe­ner Brief, Pe­ti­ti­on, Be­schwer­de­brief, Le­ser­brief. Die be­kann­ten schu­li­schen Auf­satz­ar­ten Essay und Er­ör­te­rung sind da­ge­gen als Ziel­tex­te (für das Ba­sis­fach) we­ni­ger ge­eig­net: Der Essay auf­grund sei­ner Kom­ple­xi­tät; die Er­ör­te­rung, weil sie sich kaum in eine ent­spre­chen­de Kom­mu­ni­ka­ti­ons­si­tua­ti­on ein­bin­den lässt und eher dem text­be­zo­ge­nen Schrei­ben zu­ge­ord­net wird.

De­fi­ni­ti­on der Text­sor­te „Kom­men­tar“ für das schrift­li­che Ab­itur im Leis­tungs­fach Deutsch Baden-Würt­tem­berg durch die Ab­itur­kom­mis­si­on:

Der Kom­men­tar ist eine mei­nungs­be­ton­te Dar­stel­lungs­form. In einem Kom­men­tar wird eine sub­jek­ti­ve, aber ar­gu­men­ta­tiv be­grün­de­te und sach­lich wer­ten­de Stel­lung­nah­me zu einem ak­tu­el­len do­mä­nen­spe­zi­fi­schen Er­eig­nis oder Thema for­mu­liert. Die Text­sor­te er­for­dert Sach­kennt­nis, ra­tio­na­le Ar­gu­men­ta­ti­on und sprach­li­che Prä­gnanz, die durch einen ge­ziel­ten Ein­satz sprach­li­cher Ge­stal­tungs­mit­tel un­ter­stützt wird.
Grund­le­gen­de Ele­men­te des Kom­men­tars sind eine in­halt­lich kor­rek­te und kon­zi­se Dar­stel­lung des zu kom­men­tie­ren­den Sach­ver­halts, eine ar­gu­men­ta­ti­ve Aus­ein­an­der­set­zung damit und eine Po­si­tio­nie­rung des Ver­fas­sers. Ein Kom­men­tar soll zur dif­fe­ren­zier­ten Aus­ein­an­der­set­zung mit dem Thema an­re­gen, von der Po­si­ti­on des Au­tors über­zeu­gen und somit zur Mei­nungs­bil­dung bei­tra­gen.
Im Un­ter­schied zum eher kür­zer ge­hal­te­nen jour­na­lis­ti­schen Kom­men­tar er­for­dert die Text­sor­te „Kom­men­tar“ als Auf­satz­form im Deut­sch­ab­itur eine aus­führ­li­che­re Aus­ein­an­der­set­zung mit einem kom­ple­xen Thema.

Die ver­schie­de­nen Kom­po­nen­ten des ma­te­ri­al­ge­stütz­ten Schrei­bens fas­sen Feil­ke et al. in einem Mo­dell des Schreib­pro­zes­ses zu­sam­men (Feil­ke et al. 2016: 78). Die­ses Mo­dell kann auch als Grund­la­ge für die Pla­nung einer Un­ter­richts­ein­heit ver­wen­det wer­den:

Medienwelten

 

1 Vgl. etwa: Kühtz, Ste­fan (2018): Wis­sen­schaft­lich for­mu­lie­ren. Tipps und Text­bau­stei­ne für Stu­di­um und Schu­le, Pa­der­born: Ver­lag Fer­di­nand Schö­ningh. Bach­mann, Tho­mas / Feil­ke, Hel­muth (Hrsg.) (2014): Werk­zeu­ge des Schrei­bens. Bei­trä­ge zu einer Di­dak­tik der Text­pro­ze­du­ren, Stutt­gart: Fil­li­bach bei Klett.

Ma­te­ri­al­ge­stütz­tes Ar­gu­men­tie­ren: Her­un­ter­la­den [docx][1 MB]

 

Wei­ter zu Be­wer­tung und Be­ur­tei­lung des ma­te­ri­al­ge­stütz­ten Schrei­bens