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Di­dak­ti­scher Kom­men­tar: Stun­den 1-2

Zheng He als Wen­de­punkt zwi­schen ver­net­zen­der Ex­pan­si­on und Ab­schot­tung; Chi­ne­si­sche Selbst­iso­la­ti­on als Be­ginn des Nie­der­gangs an Welt­gel­tung

Nach­dem die chi­ne­si­sche Ming-Dy­nas­tie 1368 die mon­go­li­sche Yuan-Dy­nas­tie ge­walt­sam ab­ge­löst hatte, er­reich­te die chi­ne­si­sche Zi­vi­li­sa­ti­on einen er­neu­ten Hö­he­punkt, ins­be­son­de­re unter dem Yon­g­le-Kai­ser („Ewige Freu­de“). Als po­li­tisch ge­ein­tes Im­pe­ri­um mit gro­ßen Res­sour­cen pro­fi­tier­te es vom tech­ni­schen Fort­schritt (Schiffs­bau, Kom­pass) und wirt­schaft­li­cher Pro­spe­ri­tät (Ma­nu­fak­tu­ren, über­re­gio­na­ler Han­del, Kai­ser­ka­nal) und dürf­te um 1400 deut­lich fort­schritt­li­cher und mäch­ti­ger als die eu­ro­päi­schen Kö­nig­rei­che ge­we­sen sein. Yon­g­le stell­te sei­nen Welt­herr­schafts­an­spruch nicht nur gegen die Mon­go­len und Viet­na­me­sen krie­ge­risch zur Schau, son­dern ließ auch eine in der chi­ne­si­schen Ge­schich­te bei­spiel­lo­se Flot­te bauen – man sagt, er habe 50 Mil­lio­nen Bäume dafür ge­fällt – und im In­di­schen Ozean pa­trouil­lie­ren.

Unter der Lei­tung des mus­li­mi­schen Eu­nu­chen Ad­mi­ral Zheng He (ca. 1371-1435) stach diese Flot­te sie­ben­mal in See und se­gel­te im Süd­chi­ne­si­schen Meer, vor der Küste In­di­ens und bis ins Ara­bi­sche Meer und den Per­si­schen Golf, um schließ­lich an der Ost­küs­te Afri­kas ent­lang Mo­ga­dis­hu und San­si­bar zu er­rei­chen. Die Flot­te mit 30 000 Mann Be­sat­zung und 300 Schif­fen, dar­un­ter rie­si­ge Dschun­ken der Schatz­flot­te, glich eher einer fah­ren­den Stadt als einer Flot­te. Neben der Be­kämp­fung von Pi­ra­ten dien­ten die Fahr­ten dem Ein­ho­len von Tri­bu­ten, der Sta­bi­li­sie­rung des Han­dels und der Ver­brei­tung der chi­ne­si­schen Kul­tur. In­ner­halb von we­ni­gen Jah­ren hat Zheng He damit die größ­ten Ex­pe­di­ti­ons­fahr­ten vor den gro­ßen eu­ro­päi­schen Ent­de­ckungs­tou­ren durch­ge­führt. Nach dem Tod des Kai­sers Yon­g­le setz­ten sich die iso­la­tio­nis­ti­schen Krei­se am Kai­ser­hof durch und die Fahr­ten wur­den nicht zu­letzt auch aus Geld­man­gel ein­ge­stellt. Han­del und Kom­merz gal­ten bei der kon­fu­zia­ni­schen Elite als un­chi­ne­sisch, nahe an der Räu­be­rei, und man fa­vo­ri­sier­te die Land­wirt­schaft. (vgl. AB 1)

Die Fol­gen die­ser aus tra­di­tio­na­lis­ti­schen und fi­nanz­po­li­ti­schen Mo­ti­ven ab­ge­bro­che­nen Ex­pan­si­on Chi­nas waren be­deut­sam: Als die Por­tu­gie­sen den See­weg um Afri­ka ent­deck­ten und schließ­lich Hol­län­der und Eng­län­der mit ähn­li­cher Na­vi­ga­ti­on und Ka­no­nen in den Indik vor­dran­gen, tra­fen sie auf ein sich selbst­re­gu­lie­ren­des Han­delss­sys­tem ohne Schutz­macht. China wäre zwar sehr wohl in der Lage ge­we­sen, als Ko­lo­ni­al­macht auf­zu­tre­ten oder gar Ame­ri­ka zu ent­de­cken. Es ver­füg­te aber nicht über den po­li­ti­schen Wil­len dazu, im Ge­gen­teil, sein Rück­zug hin­ter die „Große Mauer“ hin­ter­ließ teil­wei­se Macht­va­ku­um im Indik, in das die Eu­ro­pä­er ge­walt­be­reit hin­ein stie­ßen. Die por­tu­gie­si­sche Stütz­punkt­po­li­tik und die hol­län­di­sche VOC bzw. eng­li­sche EIC be­rei­te­ten den „Ko­lo­nia­lis­mus des Kauf­manns“ mit mi­li­tä­ri­scher Un­ter­stüt­zung vor, was vor allem in China als räu­be­ri­sches Ver­hal­ten be­wer­tet wurde. (vgl. AB 2)

Die­ser Po­li­tik­wech­sel und der Ver­zicht auf eine ei­ge­ne ak­ti­ve Au­ßen­han­dels­po­li­tik wird heute als Feh­ler ge­se­hen und dient als Ne­ga­tiv­fo­lie für eine ex­pan­si­ve Au­ßen­po­li­tik. Die chi­ne­si­sche Re­gie­rung ver­sucht über das Kon­zept „Neue Sei­den­stra­ße“ und die AIB aus die­sem Feh­ler zu ler­nen und damit das Land wirt­schaft­lich und geo­po­li­tisch als Füh­rungs­macht in Asien zu sta­bi­li­sie­ren.

Li­te­ra­tur: Rein­hard, Wolf­gang, Die Un­ter­we­fung der Welt, Mün­chen 2016. Sien, Chia Lin; Church, Sally K., eds., Zheng He and the Afro-Asian World. 2012 Drey­er, Ed­ward L., Zheng He: China and the Oce­ans in the Early Ming, 1405–1433. Li­bra­ry of World Bio­gra­phy. New York 2007.

 

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Wei­ter zu Stun­den 3-4