Arbeitsblatt 4: Gruppenpuzzle Qianlong – Gruppe 4
Die unterworfenen Völker bringen Tribute – aber wie verwaltet man das Reich?
Priester und hohe Hofbeamte in den verschieden Farben säumen den Weg zum größten Palast des Kaisers (Halle der erhabenen Harmonie), Gesandtschaften aus den entferntesten Gegenden des Reiches und den frisch unterworfenen Gebieten bringen Geschenke als Tribute herbei, die Bannerträger der chinesischen Provinzen warten darauf, vor dem Kaiser niederfallen zu dürfen. Das Gemälde zeigt einen Idealzustand imperialer Ordnung, in der sich jeder an seinem vorgesehen Platz der gesellschaftlichen Hierarchie befindet und dem Kaiser, und damit dem Staat, die notwendigen Abgaben und verlangte Ehrbezeugung erweist. Doch wie wurde eine solche imperiale Ordnung durchgesetzt?
Die chinesischen Landesteile, die schon seit je her zum Reich gehörten, wurden von der traditionellen chinesischen Beamtenschaft verwaltet, etwa 25 000 Beamte im ganzen Reich, die nach einem sehr strengen und schwierigen Auswahlverfahren gefunden wurden. In den Randprovinzen der Tibeter, Mongolen und Muslime wurde eine Militärverwaltung eingesetzt, die den Generälen der „8 Banner“, d.h. dem Kern der Armee, unterstellt wurde. Ausnahme war Tibet, wo der Dalai Lama als vom Kaiser abhängiger Herrscher regieren durfte, er aber, wie alle Stammesführer, Tribute an Peking leisten musste. Die Herrschaft war in einem hohe Maß bürokratisiert, d.h. über jeden Vorgang wurden Schriftstücke verfasst, die von einer Beamtenebene zur anderen weitergereicht wurden. Noch bis heute haben sich Abermillionen von Schriftstücken dieser Zeit erhalten.
Schrift und Schriftlichkeit haben in China eine lange Tradition, vermutlich die längste der Welt. Bereits im 2 Jahrtausend v. Chr. wurde mit Schriftzeichen geschrieben, die in Abänderung heute noch gebräuchlich sind. Die etwa 35 000 Zeichen, die jedes ein Wort abbilden (logographische Schrift), wurden zur Zeit der Han-Kaiser um 100 v. Chr. vereinheitlicht und dienten als Grundlage für eine reichsweite Einheitssprache für die Verwaltung und die Philosophie. Als um das Jahr 100 n. Chr. in China das Papier erfunden wurde, war auch ein billiges Medium vorhanden, auf das Beamte, Gelehrte oder auch Kaufleute zur schriftlichen Kommunikation zurückgreifen konnten.
Untersuchung eines Beschuldigten durch einen Beamten und Schreiber, 1793
Auch Kaiser Qianlong hatte den Nutzen der chinesischen Beamtenelite erkannt. Deren Gehälter wurden erhöht und ihre Hierarchie gefestigt, die Auswahlverfahren wurden verschärft. So versuchte Qianlong, die eroberten Gebiete nicht nur durch polizeistaatliche Kontrolle, Zensur oder gar Militär zu integrieren, sondern auch durch ein Beamtensystem eine zivile Rechtsordnung (Steuereinzug, öffentliche Ordnung, Rechtsprechung, …) einzurichten. Die jeweils höheren Ebenen dienten als Berufungsinstanz, wohin sich die Bevölkerung im Zweifelsfall wenden konnte. Auf die verschiedenen Hierarchieebenen verteilt waren auch die Aufsicht über Verkehr und Wasserwege, Überwachung des Salzmonopols und Getreidehandels sowie die Aufsicht über Münzen.
Die Verdopplung der Bevölkerung von 150 auf 300 Millionen zwischen 1700 und 1800 stellte für China eine riesige Herausforderung dar, die ohne eine funktionierende Staatsverwaltung nicht hätte gelöst werden können. Die Beamten konnten zunächst immerhin die Masse an bebaubarem Land um 30% steigern, teilweise durch Ansiedlung von Siedlern aus den Städten, teilweise durch Bewässerungssysteme. Zweitens wurde im Land ein Netz aus Getreidespeichern angelegt, die Missernten durch Flut oder Dürre ausgleichen konnten. So konnten z.B. in der Provinz Hebei 1744 1,6 Millionen Menschen durch gelagertes Getreide und öffentliche Küchen vor dem Hungertod gerettet werden. Um Überflutungen vorzubeugen, wurden jährlich 10% der Staatseinnahmen zum Ausbau der Deiche, Reservoirs und Drainagesysteme eingesetzt, vor allem am Gelben Fluss. Auch der Kaiser-Kanal, der den getreidereichen Süden des Landes mit der Hautstadt Peking verband, wurde über mehr als 1000km neu angelegt. Qianlong ließ diese Maßnahmen als militärische Siege feiern und Monumente zum Sieg über die Elemente errichten.
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