Abiturprüfung
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Diese Seite ist Teil einer Materialiensammlung zum Bildungsplan 2004: Grundlagen der Kompetenzorientierung. Bitte beachten Sie, dass der Bildungsplan fortgeschrieben wurde.
Die Einheitlichen Prüfungsanforderungen für die Abiturprüfung
Die bereits in dieser Zusammenfassung mehrfach erwähnten Einheitlichen Prüfungsanforderungen für die Abiturprüfung (EPA) in der Fassung von 2006 schließen sich in der Fachpräambel den grundlegenden kirchlichen Dokumenten an ( Synodenbeschluss (1974), Die Bildende Kraft des Religionsunterrichts (1996), Grundlagen für den katholischen Religionsunterricht in der gymnasialen Oberstufe/ Sekundarstufe II (2003) und Der Religionsunterricht vor neuen Herausforderungen (2005) und formulieren für die Oberstufe folgende Ziele des Religionsunterrichts:
„Der katholische Religionsunterricht in der gymnasialen Oberstufe befähigt,
- religiöse Phänomene methodisch kompetent zu erschließen ;
- menschliche Grunderfahrungen in ihrer Offenheit auf Gott hin zu reflektieren und zu deuten ;
- ein vertieftes Verständnis des katholischen Glaubens zu erwerben und sich in der Vielfalt heutiger Denk- und Glaubensrichtungen zu orientieren ;
- vom katholischen Glauben aus mit anderen christlichen Konfessionen und fremden Religionen und Weltanschauungen in einen Dialog zu treten, Differenzen zu erkennen und einen reflektierten Umgang mit ihnen zu lernen sowie neue Einsichten zu gewinnen ;
- durch eine kritische Sichtung weltanschaulicher, religiöser und christlicher Werte und Normen zu begründeten persönlichen Entscheidungen bzw. zum Bekenntnis und entsprechender Lebensgestaltung zu gelangen.“ [1]
Diese Ziele werden durch Kompetenzen in fünf Dimensionen oder Teilkompetenzen erreicht, deren konkretes Zusammenspiel die „Kompetenz in Sachen Religion“ ermöglicht, die die EPA als „Wissen, Fähigkeiten, Einstellungen und Haltungen, die für einen verantwortlichen Umgang mit dem christlichen Glauben, mit anderen Religionen und Weltanschauungen und mit der eigenen Religiosität notwendig sind.“ [2] beschreiben. Diese Teilkompetenzen sind im Einzelnen:
- „Wahrnehmungs- und Darstellungsfähigkeit – religiös bedeutsame Phänomene wahrnehmen und beschreiben
- Deutungsfähigkeit – religiös bedeutsame Sprache und Zeugnisse verstehen und deuten
- Urteilsfähigkeit – in religiösen und ethischen Fragen begründet urteilen
- Dialogfähigkeit – am religiösen Dialog argumentierend teilnehmen
- Gestaltungsfähigkeit – religiös bedeutsame Ausdrucks- und Gestaltungsformen reflektiert verwenden.“ [3] , [4] , [5]
Bei einer genauen Betrachtung dieser Teilkompetenzen, fällt auf, dass in ihnen eine Progression zu beobachten ist. Die Kompetenz, religiös relevante Phänomene wahrzunehmen und adäquat sprachlich darzustellen, ist die Grundlage für die Fähigkeit, sie auch zu deuten, und so wiederum die Basis der Urteilsfähigkeit. Die Dialogfähigkeit und die Gestaltungsfähigkeit sind jeweils Konkretisierungen der Urteilsfähigkeit: Die Schülerinnen und Schüler können sich ein religiöses Urteil bilden und auf der Basis dieses Urteils mit anderen Menschen in einen begründeten Dialog treten und/ oder an religiösen Handlungen teilnehmen und diese bewusst mitgestalten. Deutlich kann man hier auch eine Progression innerhalb des Lernprozesses erkennen. Lernprozesse entwickeln sich von einfacheren Formen (Wissen vermehren, Reproduktion und Auswendiglernen) über komplexere Formen (Anwenden, Verstehen) bis hin zu einer neuen Sichtweise der Dinge und Veränderung der Persönlichkeit [6] - eine Progression, die sich auch in in den EPA spiegelt. Während sich die Wahrnehmungs- und Darstellungsfähigkeit auf der Ebene des Wissens und der Reproduktion befindet, kann man in der Deutungs- und Urteilsfähigkeit Anwendung und Verständnisfähigkeit erkennen, während sich in der Dialog- und Gestaltungsfähigkeit möglicherweise bereits auch eine neue Sichtweise der Dinge oder gar eine Veränderung der Persönlichkeit zeigt. [7]
Die EPA gelten für alle Bundesländer gleichermaßen und weisen daher keine konkreten Inhalte aus - diese finden sich in den Bildungsplänen der jeweiligen Länder. So stellt sich nun – wie oben in Kapitel 3.1 bereits angedeutet - die Frage, in welchem Verhältnis nun die EPATeilkompetenzen zu den im Bildungsplan 2001 verbindlichen Inhalten und den inhaltlichen Standards des Bildungsplans 2004 stehen. Für diese Verhältnisbestimmung bietet sich die Terminologie des Bildungsplans des Landes Niedersachsen und der aktuellen Bildungsplanarbeit in BW an. In den niedersächsischen Bildungsplänen wird zwischen prozess- und inhaltsbezogenen Kompetenzen unterschieden. Die prozessbezogenen Kompetenzen, so wie sie die EPA ausweisen „verweisen auf die verschiedenen Erschließungsformen und Erschließungsmöglichkeiten religiöser Inhalte“ [8] , während inhaltsbezogene Kompetenzen diese prozessbezogenen Kompetenzen konkretisieren, indem sie zentrales theologisches Fachwissen und fachspezifische Methoden erfassen [9] , [10] . Für Baden-Württemberg würden diese inhaltsbezogenen Kompetenzen in diesem Fall durch den Bildungsplan 2001 und die Standards des Bildungsplans 2004 vorgegeben. Ein Beispiel für mögliche Bezüge zwischen inhaltlichen und prozessbezogenen Kompetenzen zum Halbjahrsthema „Mensch sein“ findest sich im Anhang [11] .
Wie kann nun ein Lernprozess aussehen, der die Kompetenzen gemäß der EPA fördert? Die einzelnen Teilkompetenzen können zunächst einmal isoliert trainiert werden, die Deutungsfähigkeit im Umgang mit religiöser Kunst und Literatur, die Urteilfähigkeit in Diskussionen von Fallbeispielen zu ethischen Fragestellungen, die Wahrnehmungs- und Darstellungsfähigkeit im Gespräch über die Lebenserfahrungen der Schülerinnen und Schüler und konkrete Ereignisse, die in den Medien präsent sind. Für diese Schulung der einzelnen Teilkompetenzen ist die didaktisch-methodische Reflexion bisher wenig ausgeprägt [12] . Es sind also für die einzelnen EPA-Teilkompetenzen methodische Hinweise zu entwickeln, damit – ausgehend von den Kompetenzen, über die die Schülerinnen und Schüler zu Anfang der Kursstufe verfügen – eine systematische Weiterentwicklung der einzelnen Kompetenzbereiche erfolgen kann. Ebenfalls stellt sich die Frage, wie die einzelnen Teilkompetenzen der EPAs überprüft und bewertet werden können. Hierfür müsste man – auch für die Abiturprüfung - Aufgabenformate und Bewertungskriterien entwickeln.
Auch wenn diese einzelnen Teilkompetenzen isoliert geschult und vertieft werden können, ist religiöse Kompetenz jedoch mehr als ihre Addition. „Religiös kompetent“ ist letztlich nur jemand, der in allen Teilbereichen der religiösen Kompetenzen gleichermaßen kompetent ist, der durch das Zusammenspiel der Teilkompetenzen in komplexen Situationen mit dem Phänomen Glauben, Religion und Religiosität reflektiert und mit der nötigen Empathie umgehen kann. Somit wird es im Unterricht immer von Bedeutung sein, neben dem Training der einzelnen Kompetenzen z.B. an komplexeren Lernaufgaben wie konkreten Anforderungssituationen aus dem gesellschaftlichen oder politischen Leben, auch das Zusammenspiel der Teilkompetenzen zu trainieren und ihre Vernetzung zu fördern. Gerade das erworbene Fachwissen sollte immer auch im Dienste komplexerer Problemlösungen stehen und nicht für einfache Aufgaben verwendet werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass es träges Wissen wird, – und dass die Schülerinnen und Schüler den Eindruck haben „Wissen um des Wissens willen“ auswendig zu lernen. Eine religiöse Kompetenz kann an solchem trägen Wissen nicht erworben werden.
weiter: Kompetenzorientiertes Lernen
[1]
Einheitliche Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung Katholische Religionslehre, S. 5.
[2]
Einheitliche Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung Katholische Religionslehre, S. 7.
[3]
http://www.erzbistum-koeln.de/export/sites/erzbistum/schule-hochschule/religionspaedagogik/steinfeld/vortraege/2010/gnandt/GNANDT_Kompetenzorientierter_RU.pdf
[4]
EPA katholische Religionslehre, S. 7-8.
[5]
Ausführliche Fassung der Kompetenzen mit Erläuterungen: s. Anhang, 9.1., S. 34.
[6]
Vgl. Winteler, Professionell lehren und lernen, S. 19.
[7]
Man könnte hier als Beispiel Aufgaben nennen, die sich auf konkrete Anforderungssituationen beziehen, wie
z.B. das Schreiben eines Leserbriefs (vgl. Materialien zu „Mensch sein“) oder die Gestaltung eines Fernsehspots
zum Thema Weltweite Gerechtigkeit.
[8]
Niedersächsisches Kultusministerium, Kerncurriculum für das Gymnasium – Gymnasiale Oberstufe (…), S. 13.
[9]
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium, Kerncurriculum für das Gymnasium – Gymnasiale Oberstufe (…), S. 13.
[10]
Eine ähnliche Differenzierung findet man im Kerncurriculum für das Fach Evangelische Religionslehre in der
gymnasialen Oberstufe von 2010. Dort werden für sechs Themenbereiche jeweils thematische Schwerpunkte
ausgewiesen, die sowohl in Bezug auf die Kompetenzbereiche der EPA als auch auf in „themenbezogenen
Konkretionen“ und mit biblischen Basistexten entfaltet werden.
[11]
Siehe. S. 37-38.
[12]
Eine Ausnahme bildet die im Sommer 2012 erschienene Veröffentlichung von Eickmann und Peter: Kompetenzorientiert unterrichten im RU. Bausteine zu den EPAs, das aber leider für diese Zusammenfassung nicht
mehr eingesehen werden konnte.
Kompetenzorientierter Religionsunterricht in der Kursstufe: Herunterladen [pdf] [411 KB]