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Hans Wal­ter Wolff

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Diese Seite ist Teil einer Ma­te­ria­li­en­samm­lung zum Bil­dungs­plan 2004: Grund­la­gen der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung. Bitte be­ach­ten Sie, dass der Bil­dungs­plan fort­ge­schrie­ben wurde.


Das Men­schen­bild des Alten Tes­ta­ments

Der jah­wis­ti­sche und der pries­ter­schrift­li­che Schöp­fungs­text stim­men in drei we­sent­li­chen Punk­ten über­ein:
So un­ter­schied­lich die welt­an­schau­li­chen Vor­aus­set­zun­gen und die er­zäh­le­ri­sche Ge­stal­tung der bei­den um Jahr­hun­der­te von­ein­an­der ent­fern­ten Schöp­fungs­be­rich­te in Gen 1 und 2 sind, so über­ra­schend ist der sach­li­che Kon­sens in drei als we­sent­lich her­aus­zu­stel­len­den Punk­ten:

  1. Der Mensch ge­hört in die un­mit­tel­ba­re Nähe zum Tier
  2. Durch die be­son­de­re Zu­wen­dung Got­tes zum Men­schen ist er zu­gleich un­über­seh­bar vom Tier un­ter­schie­den
  3. Erst Mann und Frau mit­ein­an­der stel­len einen gan­zen und brauch­ba­ren Men­schen dar.

Im Un­ter­schied zum jah­wis­ti­schen Be­richt setzt der pries­ter­schrift­li­che zu­gleich mit ihrer Er­schaf­fung die Auf­ga­be der Mensch­heit, sich zu ver­meh­ren bis zur An­fül­lung und Er­obe­rung der Erde (Gen 1,28). So ist mit der Schöp­fung aus­drück­lich Zeu­gung und Ge­burt ge­ge­ben.

Die Be­deu­tung der Be­zeich­nung „Bild Got­tes“:
Warum aber wird das Ent­spre­chungs­ver­hält­nis mit „ Bild Got­tes“ be­zeich­net? Hier ist das spe­zi­el­le Ver­hält­nis zu den üb­ri­gen Ge­schöp­fen zu be­ach­ten, in das nach der Pries­ter­schrift der Mensch von Gott ver­setzt wird, wenn er mit Ab­sicht ein „Bild Got­tes“ macht: Es ist das Herr­schafts­ver­hält­nis. Im Se­gens­wort 1,28 wird dem Men­schen noch vor der Be­herr­schung der Tiere ge­ne­rell die Un­ter­wer­fung der Erde be­foh­len. Ähn­lich wird der Sinn der Krö­nung des Men­schen in Ps 8,6f. darin ge­se­hen, dass er „herrscht“ über die Werke gött­li­cher Schöp­fer­macht und ihm „alles unter seine Füße“ ge­legt wird. Genau als Herr­scher ist er Bild Got­tes. Im Alten Ori­ent be­deu­tet die Er­rich­tung eines Stand­bil­des des Kö­nigs die Be­kun­dung sei­ner Herr­schaft im Be­reich der Er­rich­tung (vgl. Dan 3,1. 5f.). Ließ im 13. Jahr­hun­dert v. Chr. der Pha­rao Ram­ses II. an der Mün­dung des Hunds­flus­ses ins Mit­tel­meer nörd­lich von Bei­rut sein Bild aus den Fel­sen hauen, so be­sag­te die­ses Bild, dass er der Be­herr­scher die­ses Ge­bie­tes sei. Dem­entspre­chend wird der Mensch als Stand­bild Got­tes in die Schöp­fung ein­ge­setzt. Er do­ku­men­tiert, dass Gott der Herr der Schöp­fung ist; er prak­ti­ziert aber auch die Herr­schaft Got­tes als sein Ver­wal­ter. Nicht in selbst­herr­li­cher Will­kür, son­dern als ver­ant­wort­li­cher Ge­schäfts­trä­ger nimmt er die Auf­ga­be wahr. Sein Herr­schafts­recht und seine Herr­schafts­pflicht sind nicht au­to­nom, son­dern ab­bild­haft.

Gren­zen der Herr­schaft des Men­schen:
Frag­los ist der Auf­trag an den Men­schen noch nicht zu sei­nem Ziel ge­kom­men. Wohl aber ist der Mensch als Bild Got­tes ge­fähr­det, indem ihm die Herr­schaft durch Ver­ken­nung der Herr­schafts­auf­ga­ben zu ent­glei­ten droht. Schon die Be­grün­dung des Ver­bots, Men­schen­blut
zu ver­gie­ßen, mit dem Hin­weis auf die Er­schaf­fung des Men­schen als Bild Got­tes, wies grund­le­gend auf sol­che Gren­zen hin (Gen 9,5f.). Heute sind we­nigs­tens zwei Kon­kre­tio­nen zu be­ach­ten:

  1. Die Un­ter­wer­fung der Welt darf nicht zur Ge­fähr­dung des Men­schen füh­ren, wie sie in der Um­welt­ver­schmut­zung und -zer­stö­rung be­droh­li­che Aus­ma­ße an­nimmt; Herr­schaft des Men­schen über Men­schen ver­fälscht das Ab­bild Got­tes.
  2. Die Un­ter­wer­fung der Welt darf nicht zum Be­herrscht­wer­den des Men­schen durch einen My­thos der Tech­nik füh­ren, der das tech­nisch Mach­ba­re um sei­ner Mach­bar­keit wil­len pro­du­ziert und damit Men­schen tech­nisch-öko­no­mi­schen Zwän­gen un­ter­wirft.

(Aus: Wolff, Hans Wal­ter: An­thro­po­lo­gie des Alten Tes­ta­ments. Mün­chen 3 1973, S. 145, 235, 241 © by Gü­ters­lo­her Ver­lags­haus, Gü­ters­loh in der Ver­lags­grup­pe Ran­dom House GmbH, Mün­chen.)

 

zu­rück: Auf­ga­ben zum bi­bli­schen Welt­bild

wei­ter: Ein­heits­über­set­zung Gen 3,1-24:

 

Mar­tin Buber; Franz Ro­sen­zweig, Gen 1,1-2,4a: Her­un­ter­la­den [doc] [32 KB]

Mar­tin Buber; Franz Ro­sen­zweig, Gen 2,4b-25: Her­un­ter­la­den [doc] [28 KB]

Auf­ga­ben zum bi­bli­schen Men­schen­bild: Her­un­ter­la­den [doc] [32 KB]

Hans Wal­ter Wolff, Men­schen­bild des Alten Tes­ta­ments: Her­un­ter­la­den [doc] [30 KB]

Ein­heits­über­set­zung Gen 3,1-24: Her­un­ter­la­den [doc] [29 KB]

Hin­wei­se und Auf­ga­ben zu Gen 3: Her­un­ter­la­den [doc] [32 KB]

Hin­wei­se zu Deu­tung von Ge­ne­sis 3 nach Ger­hard von Rad: Her­un­ter­la­den [doc] [30 KB]

Gen 3,1-24 – Er­schlos­sen und Kom­men­tiert von Hu­ber­tus Halb­fas:
Her­un­ter­la­den [doc] [29 KB]

Hin­wei­se zur An­thro­po­lo­gie im Neuen Tes­ta­ment: Her­un­ter­la­den [doc] [29 KB]