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Fol­gen des Wan­dels der Ar­beit (…) an einem Bei­spiel be­ur­tei­len

IAB Kurz­be­richt - Ak­tu­el­le Ana­ly­sen aus dem In­sti­tut für Ar­beits­markt- und Be­rufs­for­schung, 24/2015

Fol­gen der Di­gi­ta­li­sie­rung für die Ar­beits­welt: In kaum einem Beruf ist der Mensch voll­stän­dig er­setz­bar

(von Ka­tha­ri­na Deng­ler und Brit­ta Mat­thes)

In der letz­ten Zeit gibt es immer wie­der Be­fürch­tun­gen, die fort­schrei­ten­de Di­gi­ta­li­sie­rung könn­te die Men­schen zu­künf­tig vom Ar­beits­markt ver­drän­gen. Wie be­rech­tigt sind diese für Deutsch­land? Wie stark sind Be­ru­fe schon heute ge­fähr­det, weil Tä­tig­kei­ten, die der­zeit noch von Be­schäf­tig­ten er­le­digt wer­den, dem­nächst von Com­pu­tern oder com­pu­ter­ge­steu­er­ten Ma­schi­nen über­nom­men wer­den? Auf Basis be­rufs­kund­li­cher In­for­ma­tio­nen be­rech­nen wir die An­tei­le der Tä­tig­kei­ten in den Be­ru­fen, die schon heute po­ten­zi­ell er­setzt wer­den könn­ten.

Einer ame­ri­ka­ni­schen Stu­die zu­fol­ge könn­te fast die Hälf­te der Be­schäf­tig­ten in den USA in den nächs­ten zehn bis 20 Jah­ren durch com­pu­ter­ge­steu­er­te Ma­schi­nen er­setzt wer­den (Frey/Os­bor­ne 2013). Auch in Deutsch­land sind Com­pu­ter oder com­pu­ter­ge­steu­er­te Ma­schi­nen heut­zu­ta­ge in fast allen Be­rei­chen der Ar­beits­welt nicht mehr weg­zu­den­ken. Sie haben uns viel­fach von schwe­rer kör­per­li­cher Ar­beit be­freit, indem sie uns z. B. beim Abbau von Roh­stof­fen oder bei der Pro­duk­ti­on schwe­rer Bau­tei­le as­sis­tie­ren. Sie haben uns Ar­bei­ten ab­ge­nom­men, die un­se­re Ge­sund­heit ge­fähr­den, wie das La­ckie­ren von Fahr­zeu­gen. Sie haben mo­no­to­ne, stu­pi­de Auf­ga­ben über­nom­men, etwa das Sor­tie­ren von Werk­stof­fen oder Pro­duk­ten. In immer mehr Ar­beits­be­rei­chen sind Com­pu­ter oder com­pu­ter­ge­steu­er­te Ma­schi­nen in der Lage, Tä­tig­kei­ten zu über­neh­men, die zuvor nur von Men­schen er­le­digt wer­den konn­ten.

In­zwi­schen hat die Di­gi­ta­li­sie­rung aber auch Ar­beits­be­rei­che er­reicht, von denen wir noch vor kur­zem glaub­ten, sie könn­ten nie­mals von Com­pu­tern über­nom­men wer­den. Com­pu­ter sind in der Lage, in Se­kun­den­bruch­tei­len Han­dels­ge­schäf­te an der Börse ab­zu­wi­ckeln, schnel­ler und ge­ziel­ter als Ärzte die sta­tis­tisch wir­kungs­volls­ten The­ra­pie­vor­schlä­ge zu un­ter­brei­ten oder selbst­stän­dig ju­ris­ti­sche Gut­ach­ten oder Ver­trags­tex­te zu er­stel­len.

Ar­beits­welt 4.0

Vor allem die neuen Mög­lich­kei­ten, die eine di­gi­ta­le Ver­net­zung bie­tet, sind ge­gen­wär­tig in ihren Aus­wir­kun­gen auf die Ar­beits­welt kaum ab­schätz­bar. Was heißt es für die Be­schäf­tig­ten, wenn immer mehr An­la­gen und Ge­rä­te durch die Zu­wei­sung von IP-Adres­sen di­gi­tal an­sprech­bar und steu­er­bar wer­den? Kön­nen Ge­ring­qua­li­fi­zier­te mit Hilfe von Daten-Bril­len, die alle not­wen­di­gen In­for­ma­tio­nen für die Er­le­di­gung un­be­kann­ter Ar­beits­schrit­te si­tua­ti­ons­be­zo­gen ver­füg­bar ma­chen, ähn­lich pro­duk­tiv wer­den wie Fach­kräf­te, die eine lang­jäh­ri­ge Aus­bil­dung ab­sol­viert haben? Wer­den Pfle­ge­be­dürf­ti­ge zu­künf­tig auch in Deutsch­land (wie bei­spiels­wei­se schon in Japan oder den USA) von Pfle­ge­ro­bo­tern um­sorgt, weil hoch­sen­si­ble Sen­so­ren und Ak­to­ren eine neu­ar­ti­ge Zu­sam­men­ar­beit von Mensch und Ma­schi­ne er­mög­li­chen? Diese Fra­ge­lis­te ließe sich be­lie­big wei­ter ver­län­gern und spitzt sich letzt­lich in der Be­fürch­tung zu, Com­pu­ter könn­ten den Men­schen in Zu­kunft die Jobs weg­neh­men.

Diese Be­fürch­tun­gen, die sich mit der Eta­blie­rung neuer Tech­no­lo­gi­en in der Ar­beits­welt er­ge­ben, sind nicht neu. Man denke nur an die Ma­schi­nen­stür­mer im 18. Jahr­hun­dert. Aber bis­her hat der tech­no­lo­gi­sche Fort­schritt immer mehr neue Ar­beits­plät­ze ge­schaf­fen als durch ihn ver­lo­ren ge­gan­gen sind. Ob­wohl be­reits 1999 in Deutsch­land zwei von drei Be­schäf­tig­ten ge­le­gent­lich oder über­wie­gend mit dem Com­pu­ter ge­ar­bei­tet haben (Troll 2000), ist die so­zi­al­ver­si­che­rungs­pflich­ti­ge Be­schäf­ti­gung seit 1999 ge­stie­gen (Sta­tis­tik der Bun­des­agen­tur für Ar­beit 2015). Der Sie­ges­zug der Com­pu­ter in der Ar­beits­welt ist bis­lang eher still ver­lau­fen. Was aber, wenn der tech­no­lo­gi­sche Fort­schritt so ra­sant an Ge­schwin­dig­keit zu­nimmt, dass mehr Ar­beits­plät­ze über­flüs­sig wer­den als neue ge­schaf­fen wer­den?

In der viel­fach dis­ku­tier­ten (und ein­gangs schon er­wähn­ten) Stu­die von Frey/Os­bor­ne (2013) wird pro­gnos­ti­ziert, dass etwa 47 Pro­zent der Be­schäf­tig­ten in den USA in den nächs­ten zehn bis 20 Jah­ren durch com­pu­ter­ge­steu­er­te Ma­schi­nen er­setzt wer­den könn­ten. Man spricht hier­bei auch von einer Au­to­ma­ti­sie­rungs­wahr­schein­lich­keit von rund 47 Pro­zent. Diese Stu­die wird häu­fig als Grund­la­ge für die Be­rech­nung von Au­to­ma­ti­sie­rungs­wahr­schein­lich­kei­ten für Deutsch­land ver­wen­det, indem die ame­ri­ka­ni­schen Werte di­rekt auf Deutsch­land über­tra­gen wer­den.

[Die Er­geb­nis­se für Deutsch­land] In aller Kürze

  • Die fort­schrei­ten­de Di­gi­ta­li­sie­rung wird un­se­re Ar­beits­welt wei­ter ver­än­dern. Dies hat für ein­zel­ne Be­ru­fe un­ter­schied­li­che Fol­gen. Wir un­ter­su­chen für Deutsch­land, in wel­chem Aus­maß be­ruf­li­che Tä­tig­kei­ten heute schon durch Com­pu­ter oder com­pu­ter­ge­steu­er­te Ma­schi­nen er­setzt wer­den könn­ten (Sub­sti­tu­ier­bar­keits­po­ten­zi­al).
  • So­wohl Hel­fer- als auch Fach­kraft­tä­tig­kei­ten wei­sen im Durch­schnitt ein hö­he­res Sub­sti­tu­ier­bar­keits­po­ten­zi­al auf als Tä­tig­kei­ten, die ty­pi­scher­wei­se eine hö­he­re Qua­li­fi­ka­ti­on er­for­dern.
  • Bei Be­ru­fen in der In­dus­trie­pro­duk­ti­on zeigt sich ein hohes und bei Be­ru­fen in den so­zia­len und kul­tu­rel­len Dienst­leis­tun­gen ein nied­ri­ges Sub­sti­tu­ier­bar­keits­po­ten­zi­al.
  • Etwa 15 Pro­zent der so­zi­al­ver­si­che­rungs­pflich­tig Be­schäf­tig­ten in Deutsch­land haben 2013 in einem Beruf ge­ar­bei­tet, in dem mehr als 70 Pro­zent der Tä­tig­kei­ten be­reits heute po­ten­zi­ell von Com­pu­tern er­le­digt wer­den könn­ten.
  • Es ist aber wenig wahr­schein­lich, dass Be­ru­fe gänz­lich ver­schwin­den. Viel­mehr wer­den sich be­ste­hen­de Be­ru­fe mehr oder we­ni­ger stark ver­än­dern.
  • Um das Wis­sen und Kön­nen auf dem neu­es­ten tech­no­lo­gi­schen Stand zu hal­ten, wird (Wei­ter-) Bil­dung immer wich­ti­ger – nicht nur für Ge­ring­qua­li­fi­zier­te, son­dern auch für Fach­kräf­te.
Anforderungsniveau

Substituierungspotential

Klassifikation der Berufe


http://​doku.​iab.​de/​kurz­ber/​2015/​kb2415.​pdf

 

M7: Wan­del der Ar­beit: Her­un­ter­la­den [docx][115 KB]

 

Wei­ter zu Ma­te­ria­li­en und Quel­len