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Kon­zep­tu­el­le Me­ta­phern und Framing

Schon zu Be­ginn der mo­der­nen Me­ta­phern­for­schung stellt I.A. Ri­chards fest, dass „[d]ie Me­ta­pher […] in al­ler­ers­ter Linie Aus­tausch und Ver­kehr von Ge­dan­ken, eine Trans­ak­ti­on zwi­schen Kon­tex­ten ist. Den­ken ist me­ta­pho­risch und ver­fährt ver­glei­chend“1. Diese weit­rei­chen­de These ist in der so­ge­nann­ten Ko­gni­ti­ven Lin­gu­is­tik sys­te­ma­tisch aus­ge­baut wor­den. Ihre Be­grün­der Ge­or­ge La­koff und Mark John­son for­mu­lie­ren poin­tiert: „Unser täg­li­ches Kon­zept­sys­tem“, also all un­se­re Vor­stel­lun­gen, Ideen, Be­grif­fe usw., „nach dem wir so­wohl den­ken als auch han­deln, ist im Kern und grund­sätz­lich me­ta­pho­risch.“2
In den vor­he­ri­gen Ka­pi­teln sind Me­ta­phern vom Sprach­sys­tem her er­klärt wor­den. Die Ko­gni­ti­ve Lin­gu­is­tik be­schreibt sie mit den Mit­tel der As­so­zia­ti­ons­psy­cho­lo­gie, ge­nau­er mit dem Be­griff des Framings. „In ein­zel­nen Wor­ten und Sät­zen ver­birgt sich immer – und zwar wirk­lich immer! – mehr an Be­deu­tung, als zu­nächst mit blo­ßem Auge er­kenn­bar ist. Wenn es gilt, Worte oder Ideen zu be­grei­fen, so ak­ti­viert das Ge­hirn einen Deu­tungs­rah­men, in der ko­gni­ti­ven Wis­sen­schaft Frame3 ge­nannt. In­halt und Struk­tur eines Frames, also die je­wei­li­ge Frame-Se­man­tik, spei­sen sich aus un­se­ren Er­fah­run­gen mit der Welt. Dazu ge­hört kör­per­li­che Er­fah­rung – wie etwa mit Be­we­gungs­ab­läu­fen, Raum, Zeit und Emo­tio­nen – eben­so wie etwa die Er­fah­rung mit Spra­che und Kul­tur. […] Das Ge­hirn spei­chert Dinge, die in sei­ner Er­fah­rungs­welt si­mul­tan auf­tre­ten, als Teile eines Frames ab. Wenn es dann ein Kon­zept vor­ge­legt be­kommt, […] ak­ti­viert es den­je­ni­gen Frame, der aus sei­ner Sicht zu die­ser In­for­ma­ti­on ge­hört“4.
Tipps:

Auf­ga­be 145

Zie­hen Sie eine waag­rech­te Linie auf einem Blatt oder der Tafel und tra­gen Sie spon­tan fol­gen­de Be­grif­fe ein:

arm/reich, Hand­wer­ker/Pro­fes­sor, Gold/Plas­tik, Fleiß/Faul­heit, Freu­de/Ekel, schlau/naiv, hohe/nied­ri­ge Prei­se …

Auf­ga­be 15: Oben und unten

La­koff und John­son gehen davon aus, dass wir­kungs­vol­le Me­ta­phern auf einer ele­men­ta­ren an­thro­po­lo­gi­schen Grund­er­fah­rung be­ru­hen. Ein Bei­spiel dafür ist die Ori­en­tie­rung im Raum.

  1. Fin­den Sie für die fol­gen­den Be­grif­fe Me­ta­phern des all­täg­li­chen Sprach­ge­brauchs, die mit dem Ge­gen­satz von oben und unten ar­bei­ten:
    glück­lich – trau­rig
    Ge­sund­heit/Leben – Krank­heit/Tod
    Macht aus­üben – Macht aus­ge­setzt sein
    mehr – we­ni­ger
    gut – schlecht
    Kar­rie­re, ge­sell­schaft­li­cher Sta­tus
  2. Die Oben-unten-Me­ta­pho­rik im­pli­ziert vor vorne her­ein eine Wer­tung. Er­ör­tern Sie, in­wie­weit diese Prä­sup­po­si­ti­on (= still­schwei­gen­de Vor­aus­set­zung) die­ser Me­ta­pho­rik auch pro­ble­ma­tisch sein kann (z.B. stei­gen­de Prei­se).

Auf­ga­be 16: Ar­gu­men­ta­ti­ons-Me­ta­phern

    1. Die­ses Ar­gu­ment steht auf un­si­che­rem Grund.
    2. Da wer­den halb­ga­re Ideen wie­der auf­ge­wärmt.
    3. Diese Idee ist sehr frucht­bar.
    4. Eine aus­ge­feil­te Er­klä­rung!
    5. Wich­tig ist es, Ge­dan­ken an­schau­lich zu ver­pa­cken.
    6. Er ar­gu­men­tiert sehr scharf­sin­nig.
    7. Wir kom­men nun zum nächs­ten Punkt.
    8. Diese Be­haup­tung ist un­halt­bar!
    9. Ein glän­zen­des Ar­gu­ment.
    10. Die Ge­dan­ken wer­den ver­netzt.
    11. Dein Ar­gu­ment ist hohl.
    12. Die Kri­tik trifft ins Schwar­ze.
    13. Wir soll­ten Schritt für Schritt vor(an)gehen.
    14. Die ganze Ar­gu­men­ta­ti­on fällt dann in sich zu­sam­men.
    15. „Ein gutes Gleich­nis er­frischt den Ver­stand.“ (L. Witt­gen­stein)
    16. Eine aus­ge­reif­te Theo­rie.
    17. Gib dei­ner Er­klä­rung noch den letz­ten Schliff.
    18. Der Ge­dan­ke ist wert­voll.
    19. Das ist völ­lig im Dun­keln ge­blie­ben.
    20. Das Ar­gu­ment führt nicht zum Ziel.
    21. Ich habe seine Ar­gu­men­te ab­ge­schmet­tert.
    22. Das ist mehr als fa­den­schei­nig!
    23. Schie­ßen Sie los!
    24. Du hast dich völ­lig ver­ga­lop­piert.
    25. Die Er­klä­rung ist auf Sand ge­baut.
    26. Ich muss Ihnen das nicht noch­mals vor­kau­en.
    27. Die Idee könn­te der Keim eines neuen Asts die­ser Theo­rie sein.
    28. Der Aus­gangs­punkt un­se­rer Über­le­gun­gen war doch fol­gen­der.
    29. Dar­auf gebe ich kei­nen Pfen­nig.
    30. Er mach­te mein Ar­gu­ment nie­der.
    31. Die Ar­gu­men­ta­ti­on hat Lü­cken.
    32. Diese Er­klä­rung leuch­tet ein.
    33. Du drehst dich im Kreis.
    34. Eine Bom­be­nidee!
    35. Der Sach­ver­halt wurde nach allen Re­geln der Kunst se­ziert.
    36. Du kommst vom Thema ab.
    37. Das führt in die fal­sche Rich­tung.
    38. Das ist aber ein sehr durch­sich­ti­ges Ar­gu­ment.
    39. Da wer­den jetzt aber ganz schwe­re Ge­schüt­ze auf­ge­fah­ren!
    40. Das wäre ein wei­tes Feld.

    1. Ord­nen Sie diese Me­ta­phern nach ihren Bild­fel­dern und be­nen­nen Sie diese (Ideen/Ar­gu­men­te sind …)
    2. Be­grün­den Sie, warum die­ser Ge­gen­stand ein so aus­dif­fe­ren­zier­tes Feld von Me­ta­phern her­vor­bringt.

     

    1I.A. Ri­chards: Die Me­ta­pher, in A. Ha­ver­kamp: Theo­rie der Me­ta­pher, Darm­stadt 1996, 31–52, 35.

    2Ge­or­ge La­koff und Mark John­son: Leben in Me­ta­phern, Hei­del­berg 1998, 11.

    3Der Be­griff des Frames meint hier etwas an­de­res als in der Me­ta­phern­theo­rie, wo er den Kon­text be­zeich­net. Hier hin­ge­gen ist der Be­reich der Kon­no­ta­tio­nen ge­meint.

    4Eli­sa­beth Wehling: Po­li­ti­sches Framing, Ber­lin 2018, 28.

    5Idee von To­bi­as Kör­ner.

     

    Die Me­ta­pher: Her­un­ter­la­den [docx][7 MB]

    Die Me­ta­pher: Her­un­ter­la­den [pdf][1 MB]

     

    Wei­ter zu Me­ta­pho­rik in der Fach­spra­che: Stil­mit­tel