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Ar­beits­blatt 5 A: China-Eu­ro­pa Kon­tak­te

Eu­ro­pa und der chi­ne­si­sche Ein­fluss

Teekanne

Bild­quel­le: DAR pot - IMG 8679.​JPG [ PD ], via Wi­ki­me­dia Com­mons, be­ar­bei­tet.

Chi­ne­si­sche Tee­kan­ne der Qing-Zeit

Mit dem Ein­drin­gen zu­nächst der Por­tu­gie­sen, dann der Bri­ten und Hol­län­der in das Han­dels­sys­tem des In­di­schen Oze­ans ent­stand eine Han­dels­ver­net­zung zwi­schen Eu­ro­pa und Asien, die einen Waren- und Gü­ter­aus­tausch in bis­her un­be­kann­tem Aus­maß er­mög­lich­te. Aus China wur­den vor allem Seide und Baum­wol­le, als neues Gut vor allem Tee ex­por­tiert. Neue Pro­duk­te wie Vasen, Ge­schirr und De­ko­ra­ti­ons­ge­gen­stän­de aus Por­zel­lan, teil­wei­se auch aus Jade und Edel­stein fan­den nun aber auch ihren Weg an die Fürs­ten­hö­fe Eu­ro­pas. Schät­zun­gen zu Folge dürf­te es sich dabei um meh­re­re Mil­lio­nen Ein­zel­stü­cke ge­han­delt haben, die den meh­re­re Mo­na­te dau­ern­den Weg von China über die Süd­spit­ze Afri­kas in die gro­ßen eu­ro­päi­schen Häfen wie Lon­don und Rot­ter­dam hin­ter sich lie­ßen. All­jähr­lich ver­lie­ßen die Tee- und Por­zel­lan­flot­ten die chi­ne­si­sche Ha­fen­stadt Kan­ton .

Blick in das La­den­in­ne­re eines hol­län­di­schen Über­see­händ­lers. Zu sehen sind Por­zel­lan­va­sen un­ter­schied­li­cher Ge­stalt, per­si­sche Ge­mäl­de und Stof­fe sowie chi­ne­si­sche Spie­gel und Tru­hen. (um 1680, Vic­to­ria and Al­bert Mu­se­um, Lon­don)

Die chi­ne­si­schen Ex­por­te von Tee und Por­zel­lan tru­gen in er­heb­li­chem Maße zu dem bei, was man in Eu­ro­pa eine Kon­sum­re­vo­lu­ti­on ge­nannt hat. Statt Wein und Bier wurde es nun nicht nur in Eng­land für die Ober­schich­ten chic, Tee in Por­zel­lan-Tas­sen zu kon­su­mie­ren, meist noch er­gänzt um einen Löf­fel Zu­cker, der in den Plan­ta­gen in der Ka­ri­bik ge­won­nen und über den At­lan­tik nach Eu­ro­pa ge­bracht wurde. Im 18. Jahr­hun­dert wurde Tee in Groß­bri­tan­ni­en sogar zum Volks­ge­tränk, der Jah­res­durch­schnitts­ver­brauch an Tee eines Bri­ten stieg von 250gr auf 2.5 kg von 1750 bis 1800. Tee mit viel Milch und Zu­cker war ein rich­ti­ges En­er­gie­pa­ket, das die Mü­dig­keit ver­trieb und Leis­tungs­fä­hig­keit her­stell­te. So stieg der Wert der Tee­im­por­te nach Groß­bri­tan­ni­en zwi­schen 1700 und 1774 von 8000 Pfund auf 800 000 Pfund, wäh­rend sich gleich­zei­tig der Tee­preis auf 1/20 re­du­zier­te.

Boutique

Bild­quel­le: Bou­tique de mar­chand à Can­ton.jpg [ PD ], via Wi­ki­me­dia Com­mons, be­ar­bei­tet.

Por­zel­lan­la­den in Kan­ton, dem ein­zi­gen Hafen, den eu­ro­päi­sche Schif­fe an­lau­fen durf­ten

Doch wie kamen Tee und Por­zel­lan nach Eu­ro­pa? Wer be­wäl­tig­te die lange Reise? Ver­ant­wort­lich für die­sen Wa­ren­trans­fer waren eu­ro­päi­sche Han­dels­ge­sell­schaf­ten wie die Bri­tish East India Com­pa­ny (EIC), die über das not­wen­di­ge Geld­ka­pi­tal zur Vor­fi­nan­zie­rung der Schiffs­pas­sa­ge ver­füg­ten, eine ent­spre­chen­de Han­dels­flot­te samt be­waff­ne­ten Kriegs­schif­fen als Be­glei­tung hat­ten und auf ein Netz­werk aus Han­dels­stütz­punk­ten an den Küs­ten Afri­kas und Asi­ens zu­rück­grei­fen konn­ten. Ge­ra­de die EIC ent­wi­ckel­te sich zu einem ers­ten glo­ba­len Fi­nanz- und Han­dels­un­ter­neh­men der Welt­ge­schich­te. Als Han­dels­ge­sell­schaft konn­te sie das ganze Ka­pi­tal ihrer An­teils­eig­ner in In­no­va­tio­nen ste­cken: Die eng­li­schen Tee­k­lip­per waren die schnells­ten Schif­fe der Welt, die den Tee von Kan­ton nach Lon­don brach­ten, ohne dass die­ser allzu sehr ver­darb. Au­ßer­dem ver­füg­te die EIC über Han­dels­flot­ten im At­lan­tik und im Pa­zi­fik, so dass sie Waren aus aller Welt in alle Welt trans­por­tie­ren konn­te. So brach­te sie z.B. den Zu­cker der Ka­ri­bik nach Eu­ro­pa und Asien, die Tex­ti­li­en aus In­di­en nach Eu­ro­pa und China, aber auch Sil­ber von Ame­ri­ka nach Asien und im Ge­gen­zug Tee nach Groß­bri­tan­ni­en. Weil die EIC über­all Han­dels­häu­ser hatte, führ­te sie 1761 die erste bar­geld­lo­se Über­wei­sung von Kan­ton (China) nach Lon­don durch. Die Menge des aus China im­por­tier­ten Tees führ­te je­doch dazu, dass Groß­bri­tan­ni­en ein gro­ßes Han­dels­de­fi­zit ge­gen­über China auf­wies: da die Bri­ten im Ge­gen­zug kaum Waren nach China ex­por­tie­ren durf­ten (dies un­ter­sag­te der chi­ne­si­sche Kai­ser), muss­ten sie den Tee v.a. mit Sil­ber und Gold be­zah­len, was zu einem kon­ti­nu­ier­li­chen Ab­fluss von Edel­me­tal­len in Rich­tung China führ­te.

Mit den Waren und Pro­duk­ten aus China kamen na­tür­lich auch Be­rich­te aus dem fer­nen Asien nach Eu­ro­pa, die die Vor­stel­lung der Men­schen hier tief ver­än­der­ten. In­ner­halb kür­zes­ter Zeit be­gan­nen die eu­ro­päi­schen Ad­li­gen in China einen Ort der voll­ende­ten Har­mo­nie und per­fek­ten Schön­heit zu er­bli­cken. Alles, was aus China kam, war in. An jedem grö­ße­ren Fürs­ten­hof wur­den Por­zel­lan­va­sen, Pa­go­den-Tem­pel­chen und chi­ne­si­sche Gär­ten zur Schau ge­stellt, man­che Ad­li­ge wie die Mark­grä­fin Sy­bil­la Au­gus­ta von Baden fei­er­ten sogar „Chi­ne­si­sche Feste“ mit ihren Gäs­ten. Auch be­rühm­te Phi­lo­so­phen wie der fran­zö­si­sche Auf­klä­rer Vol­taire blick­ten an­däch­tig nach Osten und sahen im chi­ne­si­schen Kai­ser Qi­an­long den idea­len Phi­lo­so­phen-Kai­ser. His­to­ri­ker sagen heute, dass ge­ra­de die eu­ro­päi­sche Ober­schicht in eine „Chi­n­a­ma­nie“ (über­stei­ger­te Hin­wen­dung zu allem, was aus China kommt) ver­fal­len war.

König Friedrich

Bild­quel­le: Chi­ne­si­sches Haus Sans­sou­ci.jpg von Gryffin­dor [ CC BY-SA 3.0 ], via Wi­ki­me­dia Com­mons, be­ar­bei­tet

Chi­ne­si­sches Tee­haus in Schloss Sans­sou­ci, er­baut vom preu­ßi­schen König Fried­rich dem Gro­ßen

Pagode

Bild­quel­le: Pa­go­da, Royal Bo­ta­nic Gar­dens, Kew, Lon­don.jpg von Chri­sO [ CC BY-SA 3.0 ], via Wi­ki­me­dia Com­mons, be­ar­bei­tet

Pa­go­de des Wil­li­am Cham­bers in Lon­don

Ex­tra­va­gan­te Mode aus China - Chi­noi­se­ri­en:

Neben der Be­geis­te­rung für asia­ti­sche Lu­xus­gü­ter, die mit den sub­ti­len For­men des Ro­ko­kos har­mo­nier­ten, wurde durch Rei­se­be­schrei­bun­gen und Zeich­nun­gen das Bild eines hei­ter ver­spiel­ten Le­bens­stils der Men­schen in China wie­der­ge­ge­ben, das den Wert­vor­stel­lun­gen der ge­lo­cker­ten Le­bens­füh­rung an den eu­ro­päi­schen Höfen ent­sprach.

Mit Wand­be­ma­lun­gen, die eine ver­meint­lich heile Welt der Chi­ne­sen dar­stell­ten, Por­zel­lan auf Wand­kon­so­len und klei­nen Mö­beln im chi­ne­si­schen Stil wur­den ganze Räume in den Schloss­bau­ten aus­ge­schmückt. In den Gar­ten­an­la­gen ent­stan­den Pa­vil­lons und Pa­go­den, die nicht un­be­dingt ein be­stimm­tes chi­ne­si­sches Ge­bäu­de zum Vor­bild hat­ten, son­dern oft nur durch ge­schwun­ge­ne Dach­for­men und Fi­gu­ren aus der chi­ne­si­schen Kul­tur ost­asia­ti­sche Bau­wei­se sug­ge­rier­ten.

Chi­n­a­ma­nie blieb aber nicht nur ein Phä­no­men des Adels in Eu­ro­pa. Ge­ra­de die­je­ni­ge Schicht, die durch den Han­del reich ge­wor­den war, näm­lich die Kauf­leu­te der bri­ti­schen und hol­län­di­schen Han­dels­ge­sell­schaf­ten, stell­ten eben­falls ihren Reich­tum und ihr An­se­hen durch Chi­noi­se­ri­en dar. Ein gutes Be­spiel hier­für ist der Kauf­mann­sohn Wil­li­am Cham­bers (1723-1796), der nach meh­re­ren Rei­sen nach China als Ar­chi­tekt in Lon­don ar­bei­te­te und dort chi­ne­si­sche Spu­ren hin­ter­ließ. 1763 ein Werk über den von ihm in Kew an­ge­leg­ten Park mit Kup­fer­sti­chen der dor­ti­gen ori­en­ta­li­schen Bau­ten: Pa­go­de, Mo­schee, Al­ham­bra und 1772 ein Buch über chi­ne­si­sche Gär­ten, in dem er den Bau chi­ne­si­scher Park­bau­ten an­reg­te. Da­durch löste Cham­bers eine eu­ro­pa­wei­te »Chi­noi­se­rie«-Mode in­ner­halb des Ro­ko­ko aus. Diese war ge­prägt von einer Traum­welt aus Por­zel­lan, La­ck­ar­bei­ten, Seide und Pa­pier­ta­pe­ten.

Ar­beits­auf­trag

  1. Stel­len Sie zu­sam­men, wel­che neue For­men des Kon­sum­ver­hal­tens die Han­dels­ver­net­zung mit China bringt: neue Güter, quan­ti­ta­ti­ve Ver­än­de­rung, qua­li­ta­ti­ve Ver­än­de­rung.

  2. Er­läu­tern Sie die ma­te­ri­el­len und men­ta­len Wir­kun­gen die­ser Ver­net­zung. Ach­ten Sie dabei auf so­zia­le Un­ter­schie­de.

 

Ar­beits­blatt 5 China-Eu­ro­pa Kon­tak­te: Her­un­ter­la­den [doc][9 MB]

Ar­beits­blatt 5 China-Eu­ro­pa Kon­tak­te: Her­un­ter­la­den [pdf][621 KB]

 

Wei­ter zu AB Ver­si­on B