Zur Haupt­na­vi­ga­ti­on sprin­gen [Alt]+[0] Zum Sei­ten­in­halt sprin­gen [Alt]+[1]

Ar­beits­blatt 6: His­to­ri­ker­ur­teil

Warum se­gel­ten die Eu­ro­pä­er nach China, nicht aber die Chi­ne­sen nach Eu­ro­pa?

View of Canton factories 2.jpg

Bild­quel­le: View of Can­ton fac­to­ries 2.​jpg [ PD ], via Wi­ki­me­dia Com­mons, be­ar­bei­tet.

Wäh­rend der Herr­schaft des Kai­sers Qi­an­long wur­den die eu­ro­päi­schen Kauf­leu­te er­heb­lich in ihrem Ak­ti­ons­ra­di­us be­schnit­ten. Sie durf­ten China nur über den Hafen Kan­ton an­lau­fen und waren der Auf­sicht einer Gilde chi­ne­si­scher Kauf­leu­te un­ter­stellt, die das Mo­no­pol auf den Fern­han­del be­sa­ßen. Diese er­ho­ben Zölle und zö­ger­ten auch nicht, die eu­ro­päi­schen Kauf­leu­te durch Er­pres­sung und Be­ste­chung zu schi­ka­nie­ren. Den Eu­ro­pä­ern war es strengs­tens ver­bo­ten, di­rek­ten Kon­takt mit den chi­ne­si­schen Pro­du­zen­ten z.B. auf den Tee-Plan­ta­gen oder in den Por­zel­lan-Ma­nu­fak­tu­ren auf­zu­neh­men.

Die zwei His­to­ri­ker Diet­her Ro­ther­mund und Mark C. El­li­ot brin­gen fol­gen­de Ant­wor­ten auf obige Frage vor:

Marc C. El­li­ot, Em­peror Qi­an­long. Son of Hea­ven, Man of the World, New Jer­sey 2009, S.141f

  • Qi­an­long konn­te wie im Üb­ri­gen auch die Eu­ro­pä­er selbst nicht ab­se­hen, dass Eu­ro­pa durch die Kom­bi­na­ti­on von wis­sen­schaft­li­chem Fort­schritt, po­li­ti­schem Wil­len und ra­tio­na­lem Wirt­schafts­han­deln bald die Welt be­herr­schen wür­den. In sei­ner Vor­stel­lungs­wert sah er sich den Eu­ro­pä­ern wei­ter­hin über­le­gen. Im­mer­hin war sein Reich eine enor­me Er­run­gen­schaft, das alle Staa­ten Eu­ro­pas zu Zwer­gen mach­te. In ihm leb­ten etwa ¼ der Welt­be­völ­ke­rung, drei­mal so viele wie in Eu­ro­pa.

  • Der Han­del im In­ne­ren und nach Außen blüh­te, chi­ne­si­sche Ma­nu­fak­tu­ren und Tee­pflan­zer pro­du­zier­ten im Welt­maß­stab, die we­ni­gen Lu­xus­gü­ter aus dem Wes­ten kamen wie von selbst nach China. Es be­stand in China weder ein Be­darf noch ein Be­dürf­nis nach mehr.

  • Qi­an­long stand in kei­ner­lei Kon­kur­renz­kampf mit an­de­ren Staa­ten wie die Staa­ten Eu­ro­pas, seine Herr­schaft war ge­prägt von so­zia­ler Sta­bi­li­tät und An­er­ken­nung bei den Un­ter­wor­fe­nen und Tri­but­pflich­ti­gen.

Diet­h­mar Ro­ther­mund, Pfef­fer, Sil­ber, Seide. Eu­ro­pas Weg nach Asien 1500-1800, in: Eu­ro­pa und die Kai­ser von China, Aus­stel­lungs­ka­ta­log, Frank­furt/Main 1985, S. 38-57, S. 56f.

  • Asien hatte zu die­ser Zeit alles was es brauch­te, die Eu­ro­pä­er be­gehr­ten aber die Kost­bar­kei­ten Asi­ens.

  • Die Eu­ro­pä­er kämpf­ten zu­meist un­er­müd­lich ge­gen­ein­an­der, aber lern­ten auch un­ab­läs­sig von­ein­an­der. In den gro­ßen Ha­fen­städ­ten wie Ams­ter­dam oder Lon­don kon­zen­trier­te sich das kauf­män­ni­sche, kar­to­gra­phi­sche und eth­no­gra­phi­sche Wis­sen. Die Fahr­ten nach Asien brach­ten in­so­fern eine stän­di­ge Ho­ri­zont­er­wei­te­rung, an der auch an­de­re teil­ha­ben konn­ten.

  • Da­ge­gen war die Kom­mu­ni­ka­ti­on in Asien schwer­fäl­lig, was die chi­ne­si­schen Händ­ler wuss­ten, kam nur sel­ten den Be­am­ten zu Ohr und er­reich­te gar nicht die staat­li­che Ebene. Viele Kennt­nis­se chi­ne­si­scher Händ­ler wur­den schnell wie­der ver­ges­sen nach dem Tod der Händ­ler, wäh­rend in Eu­ro­pa die gro­ßen Han­dels­ge­sell­schaf­ten wie ein kol­lek­ti­ves Ge­dächt­nis wirk­ten. Es fehl­te das not­wen­di­ge Wis­sen und die hin­rei­chen­de Er­fah­rung, um nach Wes­ten se­geln zu kön­nen.

Ar­beits­auf­trag

  1. Lies die Ar­gu­men­te durch und mar­kie­re am Rand, wel­che Ar­gu­men­te dich be­son­ders über­zeu­gen.
  2. Ver­glei­che dein Er­geb­nis mit dei­nem Nach­barn. Dis­ku­tiert die Er­geb­nis­se.

    Zu be­rück­sich­ti­gen­de As­pek­te:

    • Wel­che Rolle kommt China und wel­che Rolle den Eu­ro­pä­ern zu?
    • Wel­che his­to­ri­sche Di­men­si­on steht im Mit­tel­punkt (z.B. po­li­ti­sche Herr­schaft, Wirt­schaft ...)
  3. Ge­wich­tet nun eure Rei­hen­fol­ge der Ar­gu­men­te und prä­sen­tiert diese auf einem Pla­kat.

 

Ar­beits­blatt 6 His­to­ri­ker­ur­teil: Her­un­ter­la­den [doc][1 MB]

Ar­beits­blatt 6 His­to­ri­ker­ur­teil: Her­un­ter­la­den [pdf][45 KB]

 

Wei­ter zu Ar­beits­blatt 7: Opi­um­krieg Ein­stieg