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Ar­beits­blatt 15: Volks­kom­mu­nen

Die Volks­kom­mu­nen – Ba­sis­zel­len der to­ta­li­tä­ren Herr­schaft im kom­mu­nis­ti­schen China?

Nach der kom­mu­nis­ti­schen Bo­den­re­form haben sich die meis­ten der etwa 600 Mil­lio­nen auf dem Lande le­ben­den Chi­ne­sen Acker­ge­rät und Tiere ge­kauft, um die klei­nen Güter, deren Pri­vat­ei­gen­tü­mer sie nun waren, zu be­wirt­schaf­ten. Die kom­mu­nis­ti­sche Füh­rung um Mao streb­te aber sehr schnell eine so­zia­lis­ti­sche Ge­sell­schaft mit ver­ge­mein­schaf­te­tem Ei­gen­tum an. Kon­kret soll­te dies durch eine Kol­lek­ti­vie­rung allen Grund­be­sit­zes er­fol­gen, d.h. 110 Mil­lio­nen Bau­ern­hö­fe des Lan­des wur­den auf­ge­löst und in das Ei­gen­tum so­ge­nann­ter Volks­kom­mu­nen über­führt und dem plan­wirt­schaft­li­chen Sys­tem un­ter­wor­fen. Diese Kol­lek­ti­vie­rung traf bis­wei­len auf Wi­der­stand, der mit bru­ta­len Me­tho­den nie­der­ge­prü­gelt wurde, ein­zel­ne beug­ten sich nach und nach dem Druck der Par­tei. Al­ler­dings setz­ten auch noch viele Chi­ne­sen die Hoff­nung auf ein wei­te­res Auf­blü­hen der wirt­schaft­li­chen Ver­hält­nis­se, auch in den Volks­kom­mu­nen.

Der chi­ne­si­sche Jour­na­list und His­to­ri­ker Yang Jis­heng be­schreibt das Er­geb­nis fol­gen­der­ma­ßen:

„Boden, Acker­vieh, Acker­ge­rät und ent­spre­chen­de Pro­duk­ti­ons­mit­tel samt allen an­de­ren Ver­mö­gens­wer­ten gin­gen aus­nahms­los in den Be­sitz der Volks­kom­mu­nen über, in denen auch alles ab­ge­rech­net wurde. Die ur­sprüng­lich von den Bau­ern be­wirt­schaf­te­ten Pri­vat­par­zel­len und der per­sön­li­che Be­sitz an Wald, Vieh etc. ging eben­falls aus­nahm­los in den Be­sitz der Volks­kom­mu­nen über. (…) Der Staat de­le­gier­te alle Be­rei­che der Volks­wirt­schaft wie Ge­trei­de, Han­del, Fi­nan­zen und Ban­ken in die Hände der Ba­sis­or­ga­ni­sa­tio­nen der Volks­kom­mu­nen. (…) Was die Or­ga­ni­sa­ti­on der Wirt­schaft an­ging: An­ge­fan­gen von Pro­duk­ti­ons­plan, Ein­tei­lung der Ar­beits­kräf­te, Ma­te­ri­al- und Pro­dukt­ver­tei­lung bis hin zu was, wo und nach wel­chen Vor­ga­ben an­ge­baut wurde – alles wurde von den Volks­kom­mu­nen ent­schie­den.“

Grab­stein, S. 415/6
People's commone canteen

Bild­quel­le: Peop­le's com­mo­ne can­teen3.jpg [ PD ], via Wi­ki­me­dia Com­mons, be­ar­bei­tet.

In den Volks­kom­mu­nen wur­den etwa 5000 – 10 000 Haus­hal­te zu­sam­men­ge­fasst und von einem kom­mu­nis­ti­schen Par­tei­ko­mi­tee ge­lei­tet. Die Or­ga­ni­sa­ti­on war in ganz China streng mi­li­tä­risch und hier­ar­chisch: In 52 781 Volks­kom­mu­nen gab es 690 000 Pro­duk­ti­ons­bri­ga­den und 4 810 000 Pro­duk­ti­ons­teams, die je­weils einem Füh­rer un­ter­stan­den. Eine freie Ent­schei­dung über Be­rufs­wahl oder Wahl des Wohn­or­tes gab es für die Chi­ne­sen nun nicht mehr. Essen und Frei­zeit ver­la­ger­te sich in die Räume der Volks­kom­mu­ne, die Fa­mi­lie wur­den durch Volks­kü­chen und Kin­der­hor­te er­setzt. Die Fa­mi­lie als Keim­zel­le der Ge­sell­schaft und Be­wah­re­rin der alten Tu­gen­den soll­te aus­ge­löscht, die tra­di­tio­nel­len Ge­schlech­ter­rol­len be­sei­tigt wer­den.

Auch an Auf­stieg durch Leis­tung war nicht mehr zu den­ken, al­lein als Mit­glied der kom­mu­nis­ti­schen Par­tei, als so­ge­nann­ter Kader, konn­te man Kar­rie­re ma­chen. Deren Ap­pa­rat blüh­te ex­trem auf, so dass unter den Bau­ern bald das Sprich­wort um­ging: „ Frü­her haben ein paar Dör­fer einen Schutz­mann er­nährt, heute er­nährt ein Dorf einen gan­zen Hau­fen von Schutz­leu­ten .“ - womit die Kader der ört­li­chen Par­tei­or­ga­ni­sa­ti­on ge­meint waren. Yang Jis­heng schreibt dazu:

„Die Kader in den Ge­mein­den und Dör­fern waren wie in einem Sieb. Wenn man es be­weg­te, fie­len die, die nicht pass­ten, durch. Der Maß­stab dafür, ob je­mand pass­te oder nicht, war sein Ge­hor­sam ge­gen­über der Par­tei. Zu Zei­ten des Kai­sers galt auf dem Land der Satz „Der Him­mel ist hoch und der Kai­ser ist weit“. Mit den Volks­kom­mu­nen und den par­tei­ge­hor­sa­men Ka­dern war die Stim­me der Par­tei bis in die hin­ters­ten Win­kel der Dör­fer zu ver­neh­men, jeder Dorf­be­woh­ner wurde von der Par­tei kon­trol­liert. Die Kon­trol­le durch die Zen­tral­macht hatte ein nie ge­ahn­tes Aus­maß er­reicht.“

Ibi­dem S. 419

Basis dafür, dass Mao 1958 etwa 100 Mil­lio­nen Chi­ne­sen für Ar­bei­ten in der Stahl­er­zeu­gung und den Er­ar­bei­ten zu mo­bi­li­sie­ren.

Ar­beits­auf­trag

  1. In­for­mie­ren Sie sich über Ziel­set­zung und Me­tho­den des Gro­ßen Sprungs nach vorne mit Hilfe des Sche­mas. Geben Sie dabei jedem Pfeil eine Über­schrift und be­stim­men Sie, wofür die Far­ben rot und blau der Pfei­le ste­hen kön­nen.
  2. Im Sche­ma sind drei Be­grif­fe mar­kiert: Volks­kom­mu­ne, Kader und Volks­mi­liz. Klä­ren Sie die drei Be­grif­fe.
    Er­läu­tern Sie an­schlie­ßend die Be­deu­tung von Volks­kom­mu­nen, Kader und Volks­mi­liz für den Ver­lauf des Gro­ßen Sprungs nach vorne.
  3. To­ta­li­ta­ris­mus: T. be­zeich­net eine po­li­ti­sche Herr­schaft, die die un­ein­ge­schränk­te Ver­fü­gung über die Be­herrsch­ten und ihre völ­li­ge Un­ter­wer­fung unter ein (dik­ta­to­risch vor­ge­ge­be­nes) po­li­ti­sches Ziel ver­langt (www.​bpb.​de)
  4. Be­ur­tei­len Sie, in­wie­fern die Volks­kom­mu­nen als Ba­sis­zel­len to­ta­li­tä­rer Herr­schaft in China be­zeich­net wer­den kön­nen.

 

Ar­beits­blatt 15: Volks­kom­mu­nen: Her­un­ter­la­den [doc][187 KB]

Ar­beits­blatt 15: Volks­kom­mu­nen: Her­un­ter­la­den [pdf][127 KB]

 

Wei­ter zu Ar­beits­blatt 15b: Kal­ter Krieg