Was haben religiöse Rituale - z.B. die christliche Taufe - mit menschlichen Erfahrungen und Bedürfnissen zu tun?
Aus dem Bildungsplan Baden-Württemberg (2016)
Die Schülerinnen und Schüler können:
- pbK 2.1 (1) Situationen erfassen, in denen letzte Fragen nach Grund, Sinn, Ziel und Verantwortung des Lebens aufbrechen.
- pbK 2.1 (3) grundlegende religiöse Ausdrucksformen (Symbole, Riten, Mythen, Räume, Zeiten) wahrnehmen, sie in verschiedenen Kontexten wiedererkennen und sie einordnen.
- pbK 2.4 (2) Gemeinsamkeiten und Unterschiede religiöser und nichtreligiöser Überzeugungen benennen und sie im Hinblick auf mögliche Dialogpartner kommunizieren. ibK 3.2.6 (3) sich mit einem kirchlichen Handlungsfeld auseinandersetzen.
- ibK 3.2.7 (2) Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Christentum, Islam und Judentum erläutern (zum Beispiel … Überzeugungen, Feste, Bräuche).
Verlauf
Hinführung
Ausgefülltes AB1.2b projizieren:
In der letzten Stunde haben wir den Ursprung und die Bedeutung von Religion auf einer eher theoretischen Ebene betrachtet und dabei gelernt: In Navid Kermanis Buch sind menschliche Grunderfahrungen bzw. die Fragen, die sich aus ihnen ergeben, der Ausgangspunkt von Religion. Kermani macht das an einer späteren Stelle in seinem Buch sehr anschaulich, indem er von einer persönlichen Erfahrung erzählt: der Geburt der Tochter, der Adressatin seines Buches.
Hörauftrag:
Notiert euch während des Zuhörens Schlüsselbegriffe aus dem Text.
L liest vor oder SuS lesen gemeinsam:
S. 220 unten ab: „Weil du gerade“ bis S. 222 unten „eins mit dem Schöpfer und der Schöpfung.“
S. 226 Mitte ab: „Ich gehe nochmal zurück…“ bis S. 227 Ende (ggf. auslassen: Sure 2,286)
Sozialform: Lehrervortrag
Medien: Buch: AB 1.2b
Das war eine eindrückliche Schilderung. Notiert an der Tafel/am Whiteboard einen Schlüsselbegriff oder einen Gedanken, der euch besonders in Erinnerung ist.
→ „Schreibstafette“ (SuS geben sich die Kreide/den Whiteboard-Stift weiter; jede*r notiert einen Gedanken).
Sozialform: Schreibstafette
→ Austausch: SuS äußern ihre Eindrücke zum vorgelesenen Text, indem sie Bezug auf Begriffe an der Tafel nehmen.
Mögliche (alternative) Gesprächsimpulse:
- In Kermanis Buch wird Religion als Beziehung zwischen Endlichem und Unendlichen definiert. Inwiefern wird das bei der Geburt seiner Tochter für ihn erfahrbar?
- [Kermani beschreibt hier eine überwältigende Erfahrung. Nennt die Empfindungen und Reaktionen, die er auf Gott bezieht. Dank; Kontrollverlust; Bitte um Hilfe; Anklage]
- Kermani erkennt in den beschriebenen Gefühlen die Notwendigkeit eines Gegenübers, das für ihn Gott ist. (Bsp.: „Dankbar zu sein bedeutet, jemandem oder etwas dankbar zu sein.“) Was denkt ihr darüber?
- [Was haltet ihr davon, dass er sagt: „Auch die Anklage ist eine Beziehung […]. Auch wer Gott anklagt, glaubt an ihn.“?]
Sozialform: Unterrichtsgespräch
Überleitung
Das ausgefüllte AB1.2b aus der vorausgehenden Stunde wird projiziert.
Sozialform: Lehrervortrag
Medien: AB 1.2
Solche existentiellen Erfahrungen, die Menschen auf Gott beziehen, nennt Kermani „zu verwickelt für den Verstand“, weshalb sie in „Bildern, Geschichten, Ritualen“ erinnert werden. Insofern ist es nicht überraschend, dass viele Religionen Rituale am Anfang des Lebens haben, wenn eine Geburt so ein überwältigendes Ereignis ist.
In vielen islamischen Traditionen z.B. werden einem Neugeborenen die Worte des Gebetsrufs und des Glaubensbekenntnisses leise ins Ohr geflüstert. Im Judentum werden neugeborene Jungen beschnitten und Mädchen im Sabbatgottesdienst gesegnet.
Im Christentum gibt es das Ritual der Taufe. Einige von euch feiern bald Konfirmation, ein Fest, in dem sie vor der Gemeinde ihre eigene Taufe und die damit verbundenen Aussagen bekräftigen. Wisst ihr denn, was die Taufe aussagt?
SuS äußern kurz ihr Vorwissen.
Sozialform: Unterrichtsgespräch
Wir wollen untersuchen, was die Taufe bedeutet und - bezugnehmend auf Kermani - welche „fundamentalen menschlichen Erfahrungen“ (s. AB1.2b) ihr zugrunde liegen.
Erarbeitung 1
Ihr habt Gegenstände und Sprüche zur Taufe mitgebracht…
SuS legen ihre Gegenstände auf freigeräumten Tischen aus.
→ Gallery Walk: Tauscht euch darüber aus, was diese für euch bedeuten und welchen Platz sie in eurer Wohnung und in eurem Alltag haben.
Sozialform: Gallery Walk
Medien: Taufgegenstände
Erarbeitung 2
- GA (6 Gruppen):
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Jede Gruppe erhält alle 6 Abschnitte des AB 2.1a. Auf diesen 6 Abschnitten findet ihr eine Auswahl von symbolischen Taufgegenständen und -handlungen. Was bedeuten diese jeweils? Formuliert eure Vermutungen auf dem jeweiligen Abschnitt in Stichworten. (Ggf. exemplarische Bearbeitung im Plenum am Bsp. des Kreuzzeichens.)
(z.B.: Wasser: Reinigung, Frische, Stärkung, Lebensgrundlage Kerze: Wärme, Licht… Taufkleid: Festlichkeit, (Familien) Tradition Taufspruch: Wünsche, Segen, Lebensmotto… usw.)
Sozialform: Gruppenarbeit
Medien: AB 2.1a
- L verteilt an jede Gruppe einen Abschnitt aus AB 2.1b zur arbeitsteiligen Erarbeitung. Jede Gruppe erhält zusätzlich die ausgefüllten Abschnitte (AB 2.1a) der anderen Gruppen zu „ihrem“ Symbol und fasst diese unter der Überschrift „Unsere Ideen“ zusammen.
→ Präsentation der Zusammenfassungen.
Sozialform: Schülervortrag
Medien: AB 2.1b zerschnitten in 6 Abschnitte (ggf. auf DIN A3)
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- Wenn man Kermanis Gedanken folgt, dann stellt sich die Frage, inwiefern das Ritual der Taufe menschliche Grunderfahrungen und Bedürfnisse aufnimmt/widerspiegelt.
Lasst uns dazu erste Ideen sammeln. → Überlegungen im Plenum noch ohne Ergebnissicherung.
Sozialform: Unterrichtsgespräch
Vertiefung
Wir prüfen, ob unsere Ideen mit dem übereinstimmen, was eine Pfarrerin, die schon viele Taufen durchgeführt hat, dazu sagt.
Arbeitsteiliger Beobachtungsauftrag (jede Gruppe macht sich Notizen zu „ihrem“ Symbol):
→ Videoclip: Pfarrerin Juliane Kleibert erläutert die Symbolik der Taufe: YouTube
Sozialform: Filmbetrachtung/ Einzelarbeit
Medien: Video
Tauscht euch über eure Notizen aus und ergänzt die leeren Spalten auf eurem Abschnitt so, dass dieser als Kopiervorlage für die Klasse verwendet werden kann.
Sozialform: Gruppenarbeit
Präsentation der Ergebnisse (L kopiert die 6 Abschnitte später als Ergebnissicherung für die Klasse)
- Was bekräftigt ihr denn nun bei der Konfirmation?
- [Pfarrerin Juliane Kleibert sagt im Film, dass die Taufe ein Geschenk ist. Wie ist das zu verstehen?]
- Schaut nochmals in die rechte Spalte: welche dieser Erfahrungen und Bedürfnisse passen zu dem, was Kermani von der Geburt der Tochter schildert?
Sozialform: Unterrichtsgespräch
So dramatisch wie die im Buch beschriebene Geburt sind die meisten Geburten glücklicherweise nicht. Dennoch sind sie für die meisten Eltern „überwältigend“.
Option 1:
Mit der Konfirmation dürft ihr auch das Amt eines Taufpaten/einer Taufpatin übernehmen. Formuliert eine Karte mit Glückwünschen zur Taufe eures Patenkindes, die der Bedeutung der Taufe angemessen ist.
Sozialform: Partnerarbeit/ Gruppenarbeit
Option 2:
Im Internet werden zahlreiche Formulierungsvorschläge für Glückwünsche zur Taufe angeboten. Überprüft auf folgender Seite, welcher Glückwunsch der Bedeutung der Taufe angemessen ist, welcher eher nicht. (z. B. herbstlust.de)
Sozialform: Partnerarbeit/ Gruppenarbeit
Medien: Internetzugang
Abschluss (Meta-kognition)
Welche Fragen ergeben sich aus dieser Stunde für eure Interviews (aus dem Fragebogen/eigene Ergänzungen)?
SuS wählen Fragen für die Interviews, z.B.:
- Welche(s) religiöse Fest/Ritual/Tradition ist dir am wichtigsten geworden? Warum?
- Welche Bedeutung hat die Taufe für dich?
- Gibt es einen Taufspruch, der dich besonders begleitet hat? Erzähl mal.
Kurzer Austausch zur Organisation der Interviews:
- Wie erging es euch bei der Suche nach einem/einer Interviewpartner*in?
- Wie wollt ihr das Interview durchführen: Die Fragen immer im Anschluss an die Stunden stellen oder alle auf einmal am Ende (vor dem Abgabetermin…)?
Sozialform: Unterrichtsgespräch
Medien: Fragebogen AB 1.4
Weitere Idee
SuS überprüfen ihre mitgebrachten Taufsprüche oder die Auswahl auf taufspruch.de im Blick auf die darin angesprochenen Grunderfahrungen.
Unterrichtsverläufe: Herunterladen [docx][133 KB]
Unterrichtsverläufe: Herunterladen [pdf][701 KB]
Weiter zu 3. DS: Warum ist jemand …?