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Warum ist je­mand mus­li­misch? Warum christ­lich? Warum …?

Aus dem Bil­dungs­plan Baden-Würt­tem­berg (2016):

Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler kön­nen:

  • pbK 2.1 (3) grund­le­gen­de re­li­giö­se Aus­drucks­for­men (Sym­bo­le, Riten, My­then, Räume, Zei­ten) wahr­neh­men, sie in ver­schie­de­nen Kon­tex­ten wie­der­er­ken­nen und sie ein­ord­nen.
  • pbK 2.4 (2) Ge­mein­sam­kei­ten und Un­ter­schie­de re­li­giö­ser und nicht­re­li­giö­ser Über­zeu­gun­gen be­nen­nen und sie im Hin­blick auf mög­li­che Dia­log­part­ner kom­mu­ni­zie­ren.
  • ibK 3.2.7 (2) Ge­mein­sam­kei­ten und Un­ter­schie­de zwi­schen Chris­ten­tum, Islam und Ju­den­tum er­läu­tern.
  • ibK 3.2.7 (3) Kri­te­ri­en für einen Dia­log zwi­schen An­ge­hö­ri­gen ver­schie­de­ner Re­li­gio­nen for­mu­lie­ren.

Ver­lauf

Hin­füh­rung

  1. Wir haben uns be­reits mit ei­ni­gen Pas­sa­gen aus Navid Ker­ma­nis Buch be­schäf­tigt, aber noch nicht mit dem au­ßer­ge­wöhn­li­chen Titel.

    L pro­ji­ziert Ti­tel­bild.

    Wie wirkt die­ses Ti­tel­bild auf euch? (Spon­ta­ne As­so­zia­tio­nen)

    So­zi­al­form: Un­ter­richts­ge­spräch

    Me­di­en: Folie Buch­ti­tel

    Titel in gro­ßen hand­ge­schrie­be­nen gol­de­nen Let­tern auf mo­no­chro­mem, dun­kel­brau­nem Hin­ter­grund, die sich in Höhe, Brei­te und Farb­in­ten­si­tät un­ter­schei­den; der Schrift­zug wirkt wie ge­wach­sen und nicht streng an­ge­ord­net. Na­he­zu ach­sen­sym­me­trisch von der Mitte aus, „tan­zen“ ab und an Buch­sta­ben un­re­gel­mä­ßig aus der Reihe. Daher be­kom­men ein­zel­ne Buch­sta­ben mehr Raum, ganze Wör­ter aus be­nach­bar­ten Zei­len mehr Be­deu­tung. Trotz der Un­re­gel­mä­ßig­kei­ten im De­tail wirkt die Hand­schrift ins­ge­samt wie eine gleich­mä­ßi­ge, viel­leicht auch fei­er­li­che, or­na­men­ta­le Struk­tur, wel­che von der Buch­sta­ben­far­be Gold noch un­ter­stri­chen wird. (Ara­bi­sche Kal­li­gra­phie hat häu­fig diese Farb­ge­bung.) Die Ti­tel­wor­te fül­len die ganze Seite ähn­lich einer Pro­kla­ma­ti­on aus.

    Der Name des Au­tors und der Un­ter­ti­tel wur­den in der obe­ren bzw. un­te­ren Co­ver­hälf­te in Druck­schrift (Times New Roman?), in Weiß und we­sent­lich klei­ner ein­ge­bracht. Auf diese Weise sind beide von den Ti­tel­wor­ten um­schlos­sen. Das Wort „Schritt“ steht groß im in­halt­li­chen Bild­mit­tel­punkt, es sitzt etwa unter der Ober­kan­te der un­te­ren Bild­hälf­te. Dar­über sticht dann das Wort „einen“ - pas­send dazu - gleich ins Auge. Die be­trach­ten­de Per­son wird von hier aus quasi in den Titel hin­ein­ge­zo­gen.

    Im nächs­ten „Schritt“ ver­sucht man dann den gan­zen Titel mit der dar­über lie­gen­den Zeile „Wo er ist“ zu er­ah­nen. Die Wich­tig­keit des Stand­or­tes wird klar. Im wei­te­ren Schritt wird über dem Au­to­ren­na­men und dem Un­ter­ti­tel, von innen nach außen, der voll­stän­di­ge Titel er­sicht­lich.

    Fei­er­lich und an­spruchs­voll, gleich­zei­tig le­ben­dig und ab­wechs­lungs­reich - man ge­winnt den Wunsch, die Be­deu­tung die­ser Auf­for­de­rung ken­nen­zu­ler­nen.)

  2. Der Buch­ti­tel ist ein Zitat aus einer Er­zäh­lung, die ihr ver­mut­lich be­reits ge­le­sen habt, weil sie auf der Rück­sei­te des Bu­ches ab­ge­druckt ist. Bevor wir uns mit der Er­zäh­lung be­schäf­ti­gen, wol­len wir zu­sam­men­tra­gen, was alles pas­siert, wenn in einer Grup­pe von Men­schen jeder „einen Schritt näher kommt“.

    Op­ti­on 1:

    Wenn es der Klas­sen­raum er­mög­licht, könn­te dies von SuS aus­pro­biert wer­den. Dabei wer­den ver­schie­de­ne Ziele und Aus­gangs­po­si­tio­nen durch­ge­spielt: näher zum Nach­barn/zur Nach­ba­rin, zur Tafel, zur Raum­mit­te; näher, wenn man be­reits eng zu­sam­men­steht, oder näher, wenn man wei­ter aus­ein­an­der ist.

    Im UG tauscht sich die Klas­se dar­über aus, wie das Nä­her­kom­men in der je­wei­li­gen Si­tua­ti­on emp­fun­den wird.

    So­zi­al­form: Be­weg­ter Un­ter­richt

    Op­ti­on 2:

    PA: Stellt euch eine An­samm­lung von Men­schen vor. No­tiert, was sich än­dert, wenn alle „einen Schritt näher kom­men“.

    (Bes­se­re Sicht – oder auch schlech­te­re für ei­ni­ge? –; bes­se­res Hören; grö­ße­re Nähe zum Zen­trum; Platz für an­de­re; Enge, Be­rüh­rung/Kon­takt; stär­ke­re Wahr­neh­mung der Nach­barn (Hören, Rie­chen, Sehen, Füh­len); …)

    Aus­tausch im Ple­num

    So­zi­al­form: Part­ner­ar­beit und Un­ter­richts­ge­spräch

Er­ar­bei­tung 1

  1. In einem In­ter­view wird Navid Ker­ma­ni zum Titel sei­nes Bu­ches be­fragt. Dabei liest er auch die Er­zäh­lung vor, aus der der Satz stammt. Die­sen Aus­schnitt schau­en wir uns jetzt an. (Ker­ma­ni hat hier ein rotes Auge, weil er kurz zuvor beim Fuß­ball­spie­len von dem Ball ge­trof­fen wurde.)

    YouTube (1:40:16 bis 1:41:03)1

    • Wie ver­steht ihr die Aus­sa­ge des Scheichs?
    • Be­zieht die Ge­stal­tung der Ti­tel­sei­te auf die Er­zäh­lung. (Wie hat der/die Gra­fi­ker*in auf der Ti­tel­sei­te um­ge­setzt, was hier er­zählt wird?) (z.B.: Chao­ti­sche Le­ben­dig­keit, über­füll­ter Raum, jeder ist an­ders, Zu­sam­men­rü­cken schafft Platz; im Zen­trum ist eine rät­sel­haf­te Lücke, usw.)

    So­zi­al­form: Film­be­trach­tung

    Me­di­en: YouTube-Video

  2. Was Ker­ma­ni selbst zu In­halt und Titel sei­nes Bu­ches sagt, schau­en wir uns jetzt an.

    YouTube (1:42:39 bis 1:46:12 „Dass man von oben ein­mal drauf­schaut – auf sich selbst.“)2

    → Kur­zer Aus­tausch.

    So­zi­al­form: Film­be­trach­tung

    Me­di­en: YouTube-Video

Er­ar­bei­tung 2

  1. Die Er­zäh­lung von Scheich Abu Saíd kommt im Buch im Zu­sam­men­hang mit der Frage vor, warum der Vater im Buch Mus­lim ist. Ob­wohl Ker­ma­ni – wie wir eben ge­hört haben –  kein Buch schrei­ben will, in dem immer die ei­ge­ne Re­li­gi­on auf Platz 1 ist, äu­ßert sich der Vater im Buch mehr­fach dazu, warum er Mus­lim ist. Zum Bei­spiel an fol­gen­der Stel­le: L oder S liest Text­aus­zug auf Folie 3.1 vor

    So­zi­al­form: Leh­rer­vor­trag/ Schü­ler­vor­trag

    Me­di­en: Folie 3.1

    Ei­ni­ge von euch las­sen sich in die­sem Jahr kon­fir­mie­ren. Auch in den an­de­ren Re­li­gio­nen steht in eurem Alter die Ent­schei­dung an, ob man die re­li­giö­se Pra­xis für sich an­er­kennt oder nicht, z.B. Bar/Bat Mizwa im Ju­den­tum; Kopf­tuch­t­ra­gen oder Fas­ten im Islam.3 Wel­che Grün­de gäbe es, bei der Re­li­gi­on zu blei­ben, in die man hin­ein­ge­bo­ren ist, auch wenn man als Her­an­wach­sen­de*r ei­ni­ges in Frage zu stel­len be­ginnt?

    SuS ant­wor­ten im Blitz­licht. (Ge­mein­schaft, Ver­traut­heit, Ge­wohn­heit, Er­war­tung von El­tern, schö­ne Er­fah­run­gen, …)

    So­zi­al­form:Blitz­licht

  2. EA → PA zu AB 3.2:

    1. EA: In die­sen Text­aus­zü­gen wer­den vom Er­zäh­ler ver­schie­de­ne Grün­de ge­nannt, warum er Mus­lim (ge­blie­ben) ist. Ar­bei­te diese her­aus.

      (Der Er­zäh­ler ist nach ei­ge­ner Aus­sa­ge Mus­lim, weil

      • er Vor­bil­der in der Fa­mi­lie ge­habt habe, die für ihn Fröm­mig­keit und Güte ver­eint hät­ten
      • er spä­ter vie­len Gläu­bi­gen be­geg­net sei, bei denen er eine be­son­de­re, be­din­gungs­lo­se Liebe wahr­ge­nom­men habe
      • er den Islam für le­bens­nä­her und prag­ma­ti­scher hält als z.B. das Chris­ten­tum
      • der Islam nach Aus­sa­ge sei­ner Mut­ter als letz­te [mo­no­the­is­ti­sche] Re­li­gi­on we­ni­ger Ir­run­gen ent­hal­te
      • jede So­zia­li­sa­ti­on („Um­stän­de, Le­bens­be­din­gun­gen, Er­fah­run­gen) das pas­sen­de „Kleid“ er­for­de­re [damit im­pli­zit auch Ker­ma­nis ira­ni­sche Prä­gung]
      • es sinn­voll sei, sich für eine Re­li­gi­on zu ent­schei­den, da man sonst nicht vor­an­kom­me
      • er den Islam liebe und die­ser des­halb für ihn be­son­ders sei)
    2. PA: Ver­gleicht eure Er­geb­nis­se. Über­prüft an­schlie­ßend, wel­che Ar­gu­men­te Ker­ma­nis euch ein­leuch­ten. For­mu­liert ggf. Fra­gen oder Ein­wän­de.

      Aus­wer­tung und UG4

      Mög­li­che Fra­gen:

      • [Wir haben uns das letz­te Mal mit dem Ri­tu­al der Taufe be­schäf­tigt. Der ka­tho­li­sche Freund in dem eben ge­le­se­nen Text­aus­zug sagt, dass sich seine Kin­der die christ­li­che Re­li­gi­on durch kirch­li­che Ri­tua­le an­ge­eig­net hät­ten. Die große Wir­kung der kirch­li­chen Pra­xis für die Glau­bens­ent­wick­lung wird je­doch auf den nächs­ten Sei­ten im Buch in Frage ge­stellt. Wie seht ihr das: Sind Ri­tua­le für die Ent­wick­lung eines ei­ge­nen Glau­bens wich­tig und wenn ja, wel­che? (Ri­tua­le kön­nen ge­mein­schafts- und sinn­stif­tend sein; ri­tua­li­sier­te Pra­xis kann auch zur Er­star­rung und In­halts­lee­re füh­ren; …)]
      • - Kennt ihr auch Men­schen, die aus ihrem Glau­ben her­aus eine be­son­de­re Güte aus­strah­len? Er­zählt mal!
      • - Ker­ma­ni nennt in Z. 36-38 Bei­spie­le, auf die sich der Satz: „Ver­traue auf Gott, aber binde dein Kamel an.“ an­wen­den lässt. Er­läu­tert, wie er das meint.
      • - Ker­ma­ni sagt, dass ein „Ei­ner­lei“ der Re­li­gio­nen einen gro­ßen Ver­lust dar­stel­len würde, und er führt das am Bei­spiel des christ­li­chen Ein­flus­ses auf die deut­sche Kul­tur aus. Nennt Bei­spie­le, was das Ju­den­tum oder der Islam für die Ent­wick­lung der mensch­li­chen Kul­tur bei­ge­tra­gen haben. (Vgl. auch S. 106 „Der Reich­tum der Welt liegt in den Un­ter­schie­den.“)

      L könn­te hier er­gän­zend einen kur­zen Aus­schnitt aus dem In­ter­view zei­gen: You­Tute (1:46:12-1:47:38)

      → Aus Un­wis­sen, auch über sich selbst, ent­steht oft po­li­tisch etwas sehr Un­gu­tes.“ Was meint Ker­ma­ni damit?

      → Ker­ma­ni sagt, dass man seine re­li­giö­sen Wur­zeln ken­nen muss, sonst kennt man sich selbst nicht. Was denkt ihr dar­über?

    3. So­zi­al­form: Schü­ler­vor­trag/ Un­ter­richts­ge­spräch

Puf­fer

Was die Frage, warum der Vater im Buch Mus­lim sei, mit der Er­zäh­lung von Scheich Abu Saíd zu tun hat, will ich euch zum Ab­schluss vor­le­sen:

L liest auf S. 32 ab „Und das führt mich zu­rück…“ bis „Sie sind so­zu­sa­gen uni­ver­sal.“ Und ab „Ja, ich bin Mus­lim…“ bis „Als Scheich Abu Saíd…ein­mal nach Tus kam“.

So­zi­al­form: Leh­rer­vor­trag

Me­di­en: Buch

(Kann je­mand er­klä­ren, wie Ker­ma­ni die Er­zäh­lung von Scheich Abu Saíd damit in Ver­bin­dung bringt, dass der Vater im Buch Mus­lim ge­blie­ben ist?)

So­zi­al­form: Un­ter­richts­ge­spräch

An­knüp­fung an In­ter­view-Ar­beit

Für den Glau­bens­weg des Er­zäh­lers sind an­de­re Glau­ben­de be­deut­sam ge­we­sen.

Auch wir haben uns vor­ge­nom­men, in In­ter­views an­de­re Glau­ben­de zu ihrem Glau­ben zu be­fra­gen…

Wel­che Fra­gen könn­ten wir ihnen nach der heu­ti­gen Stun­de stel­len?

z.B. Warum bist du Christ*in? Hast du schon mal über einen Re­li­gi­ons­wech­sel nach­ge­dacht?

Bist du ge­tauft? Was ver­bin­dest du mit dei­ner Taufe? Hat dir dein Tauf­spruch schon ein­mal ge­hol­fen?

So­zi­al­form: Un­ter­richts­ge­spräch

Me­di­en: Fra­ge­bo­gen AB 1.4

Hier könn­te sich eine Stun­de zu ibK 3.2 an­schlie­ßen:

„Die SuS set­zen sich mit dem Got­tes­glau­ben und sei­nen mög­li­chen Fol­gen für die Le­bens­ge­stal­tung aus­ein­an­der.“

„Die SuS kön­nen 3.2.4 (3) an Bei­spie­len Fol­gen des christ­li­chen Glau­bens an Gott (z.B. Franz von As­si­si, Lu­ther, Ka­tha­ri­na von Bora, Fried­rich von Bo­del­schwingh, Al­bert Schweit­zer, M.L. King, Eli­sa­beth von Thad­den, Des­mond Tutu, Local He­roes) un­ter­su­chen“.

→  Ent­we­der an­hand obi­ger Bei­spie­le oder an­hand der In­ter­views Aus­wir­kun­gen des Got­tes­glau­bens auf die Le­bens­ge­stal­tung un­ter­su­chen.

1 oder etwas aus­führ­li­cher: „Was hat das mit Gott zu tun?“ (YouTube) (1:39:14 bis 1:41:25)

2 L kann auch kurz vor­her an­set­zen Youtube (1:41:12-1:46:12).

3 Der Ent­schluss, ein Kopf­tuch zu tra­gen oder zu fas­ten, wird im Islam nicht ri­tu­ell (als Ka­sua­lie) be­gan­gen (wie Kon­fir­ma­ti­on und Bar/Bat Mizwa, die an ein be­stimm­tes Alter ge­bun­den sind). Die re­li­giö­se Mün­dig­keit tritt zwar mit der Pu­ber­tät ein, aber die Frage, ob man die re­li­giö­se Pra­xis für sich an­nimmt, bleibt – wie auch im Chris­ten­tum und im Ju­den­tum – eine grund­sätz­li­che, vom Alter los­ge­lös­te Frage.

4 Falls SuS sich über das Bild der Au­to­bahn är­gern, kann die Lehr­kraft auf sehr wert­schät­zen­de Äu­ße­run­gen Ker­ma­nis über an­de­re Re­li­gio­nen und auf kri­ti­sche An­mer­kun­gen zur ei­ge­nen Re­li­gi­on hin­wei­sen, die sich durch das ganze Buch zie­hen (z.B. S. 88f.) und es kann die Rück­fra­ge ge­stellt wer­den, wie die SuS ihre ei­ge­ne Re­li­gi­on ge­gen­über an­de­ren sehen.

Un­ter­richts­ver­läu­fe: Her­un­ter­la­den [docx][133 KB]

Un­ter­richts­ver­läu­fe: Her­un­ter­la­den [pdf][701 KB]