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M2.3 -M2.5: Kierkegaard, Hammarskjöld, Bonhoeffer

M2.3 Sören Kierkegaard: Gebet

Als mein Gebet
immer andächtiger und innerlicher wurde,
da hatte ich immer weniger zu sagen.
Zuletzt wurde ich ganz still.

Ich wurde,
was womöglich noch ein größerer Gegensatz zum Reden ist,
ich wurde ein Hörender.

Ich meinte erst, Beten sei Reden.
Ich lernte aber,
dass Beten nicht bloß Schweigen ist,
sondern Hören.

So ist es:
Beten heißt nicht, sich selbst reden hören.

Beten heißt: still werden und still sein und warten,

bis der Betende Gott hört.

Quelle: Sören Kirkegaard, zitiert in: Sonntagsblatt Edition: Mystiker, der innere Weg zu Gott. München 2019, S. 108

Søren Kierkegaard (* 1813 - †1855): Dänischer Philosoph, Essayist, evangelisch-lutherischer Theologe und religiöser Schriftsteller. - Nur ein Drittel seines Werkes ist unter eigenem Namen veröffentlicht und besteht aus Predigten und Reden. Seine unter Pseudonymen veröffentlichten Schriften argumentieren gegen den aktuellen Zustand des Christentums an. Kierkegaard wird auch als Wegbereiter der Existenzphilosophie aufgefasst.

M2.4 Dag Hammarskjöld: Stille

Verstehen – durch Stille,

wirken – aus Stille,

gewinnen – in Stille.

Quelle: Aus: Dag Hammarskjöld, Nicht ich, sondern Gott in mir. Worte geistlichen Lebens. Ausgewählt von Anna-Lena Schlüter, 2008 Butzon & Bercker GmbH, Kevelaer / Verlag Junge Gemeinde, Leinfelden-Echterdingen, S. 34.

Dag Hammarskjöld (*1905 - †1961): Studierte Rechtswissenschaft, Philosophie und Wirtschaftswissenschaft. War Präsident der schwedischen Nationalbank (1941-1948) und stellvertretender Außenminister Schwedens (1951-1952). Ab 1953 stand er als Generalsekretär den Vereinten Nationen (UNO) vor, die er in einem Geist der Liebe und des Friedens zu leiten versuchte. Er starb bei einem Flugzeugunglück und wurde 1961 posthum mit dem Friedensnobelpreis geehrt. Erst nach seinem Tod wurden die mystischen Kurztexte und Gedichte entdeckt und veröffentlicht, die Hammarskjöld wohl zeit seines Lebens schrieb.

M2.5 Dietrich Bonhoeffer: Gute Mächte

Von guten Mächten treu und still umgeben,
behütet und getröstet wunderbar,
so will ich diese Tage mit euch leben
und mit euch gehen in ein neues Jahr.

Noch will das alte unsre Herzen quälen,
noch drückt uns böser Tage schwere Last.
Ach Herr, gib unsern aufgeschreckten Seelen
das Heil, für das du uns geschaffen hast.

Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern
des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand,
so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern
aus deiner guten und geliebten Hand.

Doch willst du uns noch einmal Freude schenken
an dieser Welt und ihrer Sonne Glanz,
dann wolln wir des Vergangenen gedenken,
und dann gehört dir unser Leben ganz.

Lass warm und hell die Kerzen heute flammen,
die du in unsre Dunkelheit gebracht,
führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen.
Wir wissen es, dein Licht scheint in der Nacht.

Wenn sich die Stille nun tief um uns breitet,
so lass uns hören jenen vollen Klang
der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet,
all deiner Kinder hohen Lobgesang.

Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiss an jedem neuen Tag.

Quelle: Bonhoeffer, Dietrich, Gedicht „Von Guten Mächten“, in: Ders.: Widerstand und Ergebung, Briefe und Aufzeichnungen aus der Haft, Gremmels, Christian, Bethge, Eberhard, Bethge, Renate (Hg.), in Zusammenarbeite mit Tödt, Ilse, Gütersloh 1998, S.607-608.

Dietrich Bonhoeffer (*1906 in Breslau; †1945 im KZ Flossenbürg): Lutherischer Theologe, am Widerstand gegen den Nationalsozialismus beteiligt. Ab 1935 Leiter des Predigerseminars der Bekennenden Kirche, 1943 verhaftet, 1945 auf Befehl Hitlers hingerichtet. - Bonhoeffer legte Wert auf die Gegenwart und Nachfolge Jesu in der Gemeinschaft. In seinen Gefängnisbriefen sind Gedanken zur Zukunft der Kirche, aber auch Trost und Solidarität mit den Bedürftigen Thema. Das Gedicht „Von guten Mächten“ findet sich in einem Brief an seine Verlobte Maria von Wedemeyer aus dem Kellergefängnis des Reichssicherheitshauptamts in Berlin 1944.

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