Problemfeld: Computer
Wenden wir uns jetzt speziell dem Computer zu. Auf welche Probleme stoßen
wir hier?
Bei der Nutzung von Computern scheint es zunächst kein quantitatives Problem
zu geben: Computer sind in allen Lebensbereichen inzwischen präsent, werden
von Frauen und Männern in gleicher Weise genutzt, sowohl im beruflichen
als auch zunehmend im privaten Bereich. Schaut man jedoch den engeren Bereich
der Informatik an, so müssen wir hier eine ähnliche Unterrepräsentanz
von Frauen feststellen, wie wir sie in der Mathematik vorfinden. Der Frauenanteil
bei den Informatik-Studierenden ist nach einem Stand von immerhin 20% in den
70er Jahren auf ca. 10% abgefallen. Es ist nicht ganz einfach, an entsprechende
Zahlen für das Wahl-Fach Informatik an den Schulen zu kommen. Aus einer
Erhebung im Großraum Stuttgart in den Jahren 90 bis 92 ergab sich, dass
55% der Jungen aber nur 18% der Mädchen in der Klassenstufe 12 das Fach
Informatik wählten. Ähnliche Tendenzen sind aus anderen Bundesländern
bekannt.
Von diesem quantitativen Unterschied möchte ich zu einen qualitativen Unterschied
im Verhalten von Mädchen und Jungen gegenüber dem Computer übergehen.
Mädchen haben heute zwar gleiche Zugangsmöglichkeiten zum Computer
und nutzen ihn weitgehend mit der gleichen Selbstverständlichkeit, wie
Jungen dies tun. Sie scheinen jedoch weniger bereit zu sein, sich mit dem Computer
an sich zu beschäftigen und nutzen ihn mehr als Werkzeug.
Die folgenden Ergebnisse der zahlreichen Untersuchungen vor allem aus den 90er Jahren – damals zum Thema „Mädchen und Computer“ – haben auch heute noch Gültigkeit
- Engagement und Interesse von Mädchen und Jungen sind im Fall des Computers sehr unterschiedlich ausgeprägt.
- Jungen verbringen einen wesentlich größeren Teil ihrer Freizeit am Computer (bis zu 40 h/Woche, also eine volle Arbeitswoche!).
- Im Vorwissen gibt es teilweise sehr große Unterschiede.
-
Die Aufteilung in (vermeintliche) Experten und Unwissende verläuft
nahezu nach den Geschlechtern: männliche Hacker, weibliche Laien.
Die Problemfelder lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
Sowohl gegenüber Mathematik als auch in der Auseinandersetzung mit dem
Computer können wir eine distanziertere Haltung der Frauen und Mädchen
beobachten, die sich in einer entsprechenden Unterrepräsentanz niederschlägt.
Qualitativ sehen wir Leistungsunterschiede in Mathematik und Unterschiede im
Ausmaß des Interesses am Computer.
Ich muss auf die Bedeutung mathematischer und informatischer Bildung als Schlüsselqualifikation
für fast alle Berufszweige hier nicht weiter eingehen. Auch nicht auf die
Bedeutung insbesondere der Mathematiknote als Selektionsmittel in der schulischen
Karriere. Vor diesem Hintergrund wird jedoch die Frage brisant, warum Mädchen
und junge Frauen einerseits scheinbar aus freien Stücken ihre Chancen verpassen,
indem sie sich schon frühzeitig in der Schule gegen eine weitergehende
Auseinandersetzung mit dem Fach Mathematik bzw. Informatik entscheiden. Andererseits
gibt zu denken, dass die geschlechtstypischen Unterschiede in anderen Ländern
wesentlich geringer sind bzw. zu Gunsten der Mädchen ausfallen.
So stellt sich also die Frage: Könnte es sein, dass der Unterricht die
Mädchen weniger erreicht? Bevor diese Frage beantwortet werden kann, muss
man sich mit dem Bild auseinandersetzen, das in der Öffentlichkeit von
Mathematik und im etwas weiteren Sinne von Technik herrscht.