A2.24 Der Herr
Was oder wer ist Gott?
Das Transzendente unserer Erfahrung Unzugängliche?
Der Transzendente ferne, unnahbare GOTT?
Oder der Immanente in seine Welt Eingegangene?
Vielleicht in Jesus, von dem das Glaubensbekenntnis sagt, er sei sein Sohn.
Ist er überhaupt eine Person oder vielmehr eine große Macht und Kraft?
Vielgestaltig?
Gibt es gar viele Götter und Gottheiten? Göttinnen?
Oder gar GAR KEINEN (Die Herren Nietzsche und Feuerbach)?
Wie weit entfernt sie doch mit ihrem Denken von der heutigen Gleichgültigkeit, oder noch schärfer Wurstigkeit (alles egal) sind …
Wo stehe ich?
Ich ganz persönlich, für mich allein genommen?
Wiederum daran angeschlossen die Frage:
Geht Reden über Glauben vielleicht gar nicht allein?
Heißt nicht »ES IST EIN GOTT« gleichzeitig,
dass wir darüber reden und uns verständigen,
damit wir den anderen gegenüber nicht sprachlos sind in unserem je eigenen Gestammel.
Wer oder was ist Gott?
Geheimnis der Welt?
Urgrund allen Seins?
Garant dafür, dass die Menschen nicht machen, was sie wollen (mit sich, den Tieren, der Welt)?
Gewährsperson für den Sinn im Leben (hier auf der Erde und dereinst bei ihm in seinem Reich)?
Fragen über Fragen.
GOTT!? Der HERR!?
Erläuterungen zu Exodus 3 יהוה
Überall da, wo in der Lutherbibel Herr (drucktechnisch nennt man das Kapitälchen) steht, steht im hebräischen Original das Tetragramm (Vier-Buchstaben als Wort für Gott): יהוה JHWH (im Allgemeinen mit Jahwe wiedergegeben), der Eigenname Gottes im AT (insgesamt sin es etwa 6700 Belege in der Hebräischen Bibel; eine andere Gottesbezeichnung ist ELOHIM = Gott, etwa 2500 Belege).
Gott tut seinen Namen kund, aber er begibt sich nicht in die
Verfügungsgewalt der Menschen. Mit der in der Lutherbibel mit „Ich werde
sein, der ich sein werde“ (V.14) wird in einem Wortspiel das hebräische
Verb SEIN (היה HJH) auf den Jahwenamen bezogen (יהוה JHWH), denn drei
hebräische Buchstaben sind ja gleich. So wird also der Jahwename mit der
Aussage gedeutet, dass Gott der freie Gott ist, der jedoch und so kann
man es auch übersetzten „Ich werde für euch [die Israeliten]
dasein“, euch als den von den Ägyptern unterdrückten Sklaven
helfen.
Besonderheit: da es im Hebräischen nur zwei Zeitformen für
abgeschlossene und nicht abgeschlossene Vorgänge gibt und die Aussage
hier Präsens ist, kann man es präsentisch oder futurisch übersetzen:
»Ich werde sein, der ich sein werde« bzw. »Ich bin, der ich bin«.
Die LXX = Septuaginta = altgriechische Übersetzung der Hebräischen Bibel übersetzt das „Ich werde sein, der ich sein werde“ ein wenig anders, nämlich: „Ich bin der Seiende“ => diese etwas andere Übersetzung ermöglicht es viel später, christliches Denken mit der griechischen Philosophie zu verbinden, denn mit „Ich bin der [absolut] Seiende“ kann ontologisch [seinsmäßig] über das Gottsein an sich nachgedacht werden. Im hebräischen Original ist das aber nicht angelegt, hier geht es um das Gottsein Gottes für sein Volk, für die, die an ihn glauben. Und es ist etwas anderes, ob man über einen Gott an sich oder über einen Gott nachdenkt bzw. von ihm redet, der von sich sagt: „Ich werde dasein für euch!“
Eine weitere wichtige Beobachtung ist, dass es offensichtlich eine
gewisse Vorsicht bei der Namenspreisgabe gibt. Das lässt sich etwa so
erklären: Einerseits kann man niemand anrufen, den man nicht beim Namen
nennen kann, andererseits hat man eine gewisse Verfügungsgewalt über
das, was man benennen kann.
Als Beispiele aus dem profanen [weltlichen] Bereich lassen sich
Disziplinprobleme in der Schule nennen: Wenn ein Lehrer / eine Lehrerin
dauerhaft seine Schülerinnen und Schüler nicht beim Namen nennen kann,
hat er ein Problem: Sie werden ihm /ihr auf der Nase herumtanzen und er
/sie hat keine Handhabe, sie zu verwarnen und sie z.B. ins Tagebuch
einzutragen. Es ließe sich die Geschichte eines mir sehr gut bekannten
Menschen nennen, der als 7. Klässler auf die Frage seiner Lehrerin, wie
er denn heiße „Kevin“ antwortete. Und man kann sich das Gelächter der
Klasse vorstellen als es einen Vermerk für einen gewissen Kevin im
Tagebuch gab, der leider gar nicht existierte. D.h. der richtige Name
verleiht eine gewisse Verfügungsgewalt. Gerade das gilt es für die
Hebräische Bibel hier klar zu stellen: Über Gott hat niemand
Verfügungsgewalt, man kann ihn allenfallas anrufen und bitten. JHWH ist
und bleibt also der freie, unverfügbare Gott! Übrigens: Juden sprechen
den Namen Gottes nicht aus, sie nennen in Adonai (Herr) oder Haschem
(Der Name).
Dennoch ist das AT voller Bilder über Gott (Beispiele kann jeder nennen); einen völlig abstrakten Gott kann sich nämlich niemand vorstellen. Doch wird mit Ex 3 vor dem Missverständnis gewarnt, Gott gehe in irgendeinem Bild auf. Genau das ist dann auch mit dem Bilderverbot von Ex 20 gemeint: Es ist eine Warnung vor der Verwechslung des Bildes mit Gott selbst.
Erläuterungen zu Exodus 20
Das 1.Gebot enthält als Zusatz „der dich aus Ägyptenland … geführt hat“ die Grunderfahrung mit JAHWE, er ist der Befreiergott. Wenn amerikanische Sklaven das Gospel sangen „When Israel was in Egyptsland“, dann berufen sie sich genau auf diese biblische Urerfahrung. Und auch interessant: Bibelqwissenschaftlich weiß man heute, dass vermutlich nicht das ganze Volk Israel aus Ägypten ausgezogen ist, sondern möglicherweise nur der Stamm Joseph. Dennoch war diese Erfahrung „Gott befreit“ für alle Israeliten nachvollziehbar und kompatibel.
Zum Verhältnis der beiden „Tafeln“ lässt sich anmerken: 1-3: bestimmen das Verhältnis der Menschen zu Gott 3-10: Verhältnis der Menschen zu anderen Menschen. Der Alttestamentler Jürgen Ebach bezeichnet gerade das 3. Gebot (Du sollst den Sabbattag heiligen) als wichtigstes Gebot, man solle aus sich, der Erde und den Mitgeschöpfen - also auch Tieren - und Mitmenschen nicht das Letzte herausholen. Die Sabbatruhe vergegenwärtigt das: Indem ich ruhe und mich auf Gott besinne (muss nicht sonntags sein), lasse ich auch alle anderen und de Schöpfung in Ruhe, damit sich ausnahmslos alles erholen kann.
Die zehn Gebote sind keine Verbote, sondern Gebote zum gedeihlichen Zusammenleben.
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