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Sam­son Ra­pha­el Hirsch: Exo­dus 3,14

Bild 1 aus 6_glaube/04_exodus/a2.23-ex3-hirsch.docx

Rab­bi_­Sam­son_Ra­pha­el_Hirsch.png [PD], via Wi­ki­me­dia Com­mons

Soll ich [Gott] einen Be­griff von mir aus­spre­chen, der, wenn er ihn er­fasst und sich völ­lig von ihm er­fas­sen lässt, den Men­schen völ­lig um­wan­delt, ihn hin­aus- und hin­über­hebt aus allen üb­ri­gen Wesen, über alle an­de­ren Wesen, und ihn in un­mit­tel­ba­re, in­ni­ge Be­zie­hung zu mir bringt: So »nenne« ich mich, so spre­che ich von mir aus: »Ich werde sein, der ich sein will!«

Soll ich [Gott] einen Be­griff von mir aus­spre­chen, der, wenn er ihn er­fasst und sich völ­lig von ihm er­fas­sen lässt, den Men­schen völ­lig um­wan­delt, ihn hin­aus- und hin­über­hebt aus allen üb­ri­gen Wesen, über alle an­de­ren Wesen, und ihn in un­mit­tel­ba­re, in­ni­ge Be­zie­hung zu mir bringt: So »nenne« ich mich, so spre­che ich von mir aus: »Ich werde sein, der ich sein will!«

Alle an­de­ren Wesen sind, was sie sein sol­len, sind mit ihrem Da­sein an den Wil­len des einen Ein­zi­gen ge­bun­den, der al­lein spricht, nicht nur ich bin, son­dern ich werde sein, der ich sein will. Es ist damit das per­sön­li­che, ab­so­lu­te, freie Wesen Got­tes aus­ge­spro­chen, und indem Gott hier nicht: ich bin u.s.w., son­dern ich werde sein, somit die Zu­kunft, die völ­lig von sei­nem Wil­len ab­hän­gi­ge freie Zu­kunft von sich prä­di­ziert, so wird eben damit das cha­rak­te­ris­tisch Jü­di­sche des Got­tes­be­griffs, somit die neue Er­kennt­nis aus­ge­spro­chen, die mit der Er­lö­sung aus Miz­ra­jim [Ägyp­ten] welt­er­lö­send in den Kreis der Mensch­heit tre­ten soll.

Dem au­ßer­jü­di­schen Ge­dan­ken ist Gott nur höchs­tens die Ur­sa­che der Welt in ihrem phy­si­schen Be­stan­de, seit­dem sie be­steht, und selbst da, wo sich die­ser Ge­dan­ke von der Im­ma­nenz, ei­gent­lich von der Leug­nung eines Da­seins, zu dem tran­szen­den­ta­len, au­ßer­welt­li­chen, wirk­li­chen Da­sein Got­tes er­hebt, ge­hört Got­tes Wir­ken ei­gent­lich der Ver­gan­gen­heit an; in einem ein­zi­gen Mo­men­te stand Gott mit der Welt in Ver­bin­dung, es war dies der Au­gen­blick, in wel­chem die Welt aus Got­tes Macht oder Wil­len ins Da­sein trat. Seit­dem ist sein Werk, ist die Welt ab­ge­schlos­sen, alles, auch die ferns­te Zu­kunft, ist nur das mit Not­wen­dig­keit er­fol­gen­de Re­sul­tat der mit dem Be­stan­de der Welt seit deren Be­stan­de, in ihr ge­ge­be­nen Ord­nung der Dinge.

[In d]ieser An­schau­ung der Welt er­folgt alles nach un­ab­än­der­lich ge­ge­be­nen Ge­set­zen, die höchs­tens ein­mal aus der Macht­fül­le eines Hö­he­ren her­vor­ge­gan­gen [ist]. In ihr ist's ei­gent­lich nur der Mensch, der mit sei­ner – schein­bar – frei­en Tä­tig­keit eine – schein­bar – neue Zu­kunft schafft. Gott und die Welt sind ge­bun­den, und der Mensch wäre frei! Sie muss daher, um ihren un­frei­en, ge­bun­de­nen Welt­gott zu ret­ten, auch die Frei­heit des Men­schen […] selbst für eine Täu­schung er­klä­ren, der Mensch sel­ber ist nicht frei, wozu er frei zu ent­schlie­ßen wähnt, ist sel­ber nur das Pro­dukt ihn un­be­wusst be­stim­men­der, in sei­ner Ver­gan­gen­heit ge­ge­be­ner und der­sel­ben er­flie­ßen­der Ein­flüs­se – und vom Him­mel zur Erde, in dem gan­zen Aus­maß allen Seins gibt es ihr nichts, das sagen kann: Ich werde sein! weil ihr nichts sagen kann: Ich will!

Die­sem gan­zen, mit dem frei­en Gott auch den frei­en Men­schen leug­nen­den Wahn tritt zer­mal­mend das »Ich werde sein …« ent­ge­gen, und setzt mit dem frei­en Gott der Zu­kunft auch den frei­en Men­schen der Zu­kunft in seine Wahr­heit ein.

Sam­son Ra­pha­el Hirsch (1808-1888) war im 19. Jahr­hun­dert Rab­bi­ner in Frank­furt und schrieb einen Kom­men­tar zum Pen­ta­teuch (den fünf Bü­chern Mose), Text be­ar­bei­tet.

Auf­ga­ben

1. Fas­sen Sie die Haupt­ge­dan­ken des Rab­bi­ners zu­sam­men.

2. Ana­ly­sie­ren Sie , wie Hirsch den Be­griff Frei­heit ver­steht und wie er das Ver­hält­nis von Frei­heit Got­tes und Frei­heit des Men­schen be­stimmt.

3. Set­zen Sie sich mit der These Hirschs in Z.26-28 aus­ein­an­der .

 

Sam­son Ra­pha­el Hirsch: Exo­dus 3.14: Her­un­ter­la­den [docx][477 KB]

Sam­son Ra­pha­el Hirsch: Exo­dus 3.14: Her­un­ter­la­den [pdf][747 KB]

 

Wei­ter zu Der Herr