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Iso­lier­tes Er­ar­bei­ten

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Diese Seite ist Teil einer Ma­te­ria­li­en­samm­lung zum Bil­dungs­plan 2004: Grund­la­gen der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung. Bitte be­ach­ten Sie, dass der Bil­dungs­plan fort­ge­schrie­ben wurde.


Das Iso­lier­te Er­ar­bei­ten sorgt für eine Ver­tei­lung man­cher Lern­ge­gen­stän­de über einen län­ge­ren Zeit­raum. Die­ses Vor­ge­hen rüt­telt am meis­ten am üb­li­chen Vor­ge­hen beim Er­ar­bei­ten von Un­ter­richts­in­hal­ten. Es ist dabei aber nicht daran ge­dacht, alle oder auch nur viele In­hal­te auf diese Weise wei­ter­zu­ent­wi­ckeln, son­dern nur we­ni­ge oder auch nur einen ein­zi­gen. Es geht also nicht um eine Ab­schaf­fung des üb­li­chen Vor­ge­hens, son­dern um eine Er­gän­zung.

In jeder Klas­sen­stu­fe kann man ein oder meh­re­re The­men fin­den, die sinn­voll in­ner­halb des Iso­lier­ten Übens neben den ei­gent­li­chen Un­ter­richts­strän­gen ent­wi­ckelt oder teil­ent­wi­ckelt wer­den kön­nen. Bei die­sem „Ne­ben­bei­ler­nen“ wird der Stoff also be­wusst auf einen län­ge­ren Zeit­raum ver­teilt, wo­durch es für die Schü­ler mög­lich ist, dass sie sich an das Neue ge­wöh­nen und es sich auch „set­zen“ kann, bevor es sys­te­ma­tisch im Hauptstrang des Un­ter­richts the­ma­ti­siert und im Re­gel­heft ver­merkt wird. Für den Leh­rer bie­tet sich da­durch die Ge­le­gen­heit, mög­lichst alle Schü­ler „mit­zu­neh­men“ und stän­dig Rück­mel­dun­gen über den Wis­sens­stand zu er­hal­ten. Somit bringt der Leh­rer die Klas­se ei­ner­seits durch do­sier­te „Über­for­de­rungs­auf­ga­ben“ ge­zielt voran, an­de­rer­seits ach­tet er auch dar­auf, sie „dort ab­zu­ho­len, wo sie be­reits ste­hen“. Bei jeder Por­ti­on Iso­lier­ten Er­ar­bei­tens ist der Leh­rer somit mehr am Ver­ständ­nis der Schü­ler und we­ni­ger am ob­jek­ti­ven Stoff­fort­schritt in­ter­es­siert. Er re­agiert mit sei­nen Por­tio­nen auf die Schü­ler und han­delt damit im Sinne der Hat­tie’schen „for­ma­ti­ven Eva­lua­ti­on“ (d=0,90). Ins­ge­samt wir also eine Ent­schleu­ni­gung des Ler­nens da­durch vor­ge­nom­men, dass man über län­ge­re Zeit die ent­schei­den­den Be­grif­fe und Tech­ni­ken durch be­wusst ein­fa­che Bei­spie­le fes­tigt, bevor man kom­pli­zier­te­re und abs­trak­te­re Über­le­gun­gen an­stellt.

Das Iso­lier­te Er­ar­bei­ten fin­det wie das Iso­lier­te Üben op­ti­mal in Warm-Up (oder Cool-Down)-Pha­sen statt. Die Ge­wöh­nung der Schü­ler an ein Iso­lier­tes Üben ist Vor­aus­set­zung für ein er­folg­rei­ches Iso­lier­tes Er­ar­bei­ten, stellt doch letz­te­res eine am­bi­tio­nier­te Wei­ter­ent­wick­lung des ers­te­ren dar. Man wird bei Ge­fal­len am Iso­lier­ten Üben fast au­to­ma­tisch auch Ele­men­te des Iso­lier­ten Er­ar­bei­ten auf­neh­men, wenn man das „Nur-Üben“ durch klei­ne­re neu­ar­ti­ge „Über­for­de­rungs­auf­ga­ben“ er­gänzt. Dazu ge­hö­ren z.B. die Ent­wick­lung von Flä­chen­in­halts­for­meln be­son­de­rer Drei­ecke (falls nur Recht­ecke be­kannt sind) oder aber auch Vor­grif­fe durch Um­keh­rung (Wur­zel oder Auf­lei­tung). Die Über­gän­ge zwi­schen Iso­lier­tem Üben und Iso­lier­tem Er­ar­bei­ten sind flie­ßend und die Sache bleibt für die Schü­ler da­durch auch span­nend. Es ist gar nicht not­wen­dig, dass immer klar ist, wo eine pure Übung endet und wo eine klei­ne Neu­er­ar­bei­tung be­ginnt.

Im grö­ße­ren Maß­stab sind ge­eig­ne­te Stof­fe für das Iso­lier­te Er­ar­bei­ten immer dann ge­ge­ben, wenn

  • es sich um ein Thema han­delt, das sys­te­ma­tisch nur mit fun­dier­ten Ba­sis­kennt­nis­sen an­ge­gan­gen wer­den soll­te. Hier ist z.B. das Bruch­rech­nen in der Un­ter­stu­fe zu nen­nen: Bevor die Schü­ler nicht (über einen län­ge­ren Lern­zeit­raum) die Be­deu­tung und die ver­schie­de­nen Dar­stel­lun­gen von Brü­chen, nebst Kür­zen und Er­wei­tern, ver­in­ner­licht haben, ist ein sys­te­ma­ti­sches Rech­nen mit Brü­chen nicht mög­lich.
  • das Thema einen gro­ßen Lern­schritt oder sogar ein teil­wei­se wi­der­sprüch­li­ches Vor­ge­hen zu be­reits Ge­lern­tem ver­langt. Hier ist das Lösen von qua­dra­ti­schen Glei­chun­gen zu nen­nen, dass im fol­gen­den aus­ge­führt wird. Die Schü­ler ler­nen eine grund­le­gend neue Glei­chung mit grund­le­gend neuen mög­li­chen Lö­sungs­men­gen und Lö­sungs­ar­ten. Ein bis dahin ge­üb­tes Lösen li­nea­rer Glei­chun­gen führt hier im All­ge­mei­nen in die Irre.

Das Bei­spiel qua­dra­ti­sche Glei­chun­gen wird hier näher aus­ge­führt:

Auf dem Weg zur all­ge­mei­nen Lö­sung einer qua­dra­ti­schen Glei­chung mit Hilfe der Mit­ter­nachts­for­mel gibt es eine Fülle von spe­zi­el­len Pro­ble­men, die nicht nur viel leich­ter ge­löst wer­den kön­nen, son­dern auch soll­ten. Dazu müs­sen diese Pro­ble­me aber ei­gen­stän­dig und nicht nach­ran­gig be­han­delt wer­den und dies führt dann auch zum Ver­ständ­nis der qua­dra­ti­schen Glei­chung „an sich“ und ihrer Un­ter­schied­lich­keit zur li­nea­ren Glei­chung.

  1. x² = 0
  2. 4x² = 0
  3. x² − 4 = 0
  4. x² + 4 = 0
  5. 4x² − 4 = 0
  6. 4x² − 4x = 0
  7. (x − 4) ² = 0
  8. (x − 4)² = 4
  9. x² − 4x + 4 = 0
  10. 2x² − 8x + 8 = 0
  11. (x − 4)(x + 2) = 0
  12. 2(x − 4)(x + 2) = 0

Diese Pro­ble­me (oder – je nach In­ten­ti­on – z.B. nur (1) bis (8)) be­ar­bei­tet man in Warm-Ups so lange, bis die­ses Wis­sen bei mög­lichst allen Schü­lern vor­han­den ist. Dazu wer­den die Auf­ga­ben immer wie­der auf­ge­grif­fen und va­ri­iert, indem die ein­zel­nen Terme auf ver­schie­de­nen Sei­ten der Glei­chung auf­tau­chen oder erst zu­sam­men­ge­fasst wer­den müs­sen und indem an­de­re Zah­len und Ko­ef­fi­zi­en­ten ver­wen­det wer­den. Die Auf­ga­ben wer­den aber nicht „künst­lich“ durch „un­an­ge­neh­me“ Zah­len ver­kom­pli­ziert. Wich­tig für das Ver­ständ­nis sind auch Um­kehr­auf­ga­ben:

  • Wel­che qua­dra­ti­sche Glei­chung hat die Lö­sun­gen ± 3?
    Gibt es meh­re­re Mög­lich­kei­ten?
  • Wel­che qua­dra­ti­sche Glei­chung hat keine Lö­sung?
  • Wel­che qua­dra­ti­schen Glei­chun­gen haben stets die Lö­sung 0 ?
  • Wel­che qua­dra­ti­schen Glei­chun­gen haben genau eine Lö­sung?

Gleich­zei­tig kon­tras­tiert man die Auf­ga­ben immer wie­der un­ter­ein­an­der und mit ähn­li­chen li­nea­ren Glei­chun­gen und wie­der­holt das Vor­ge­hen hier. Flan­kie­rend wer­den die bi­no­mi­schen For­meln be­han­delt und ver­net­zen­de Über­le­gun­gen zu den Null­stel­len ent­spre­chen­der Gra­phen an­ge­stellt. Bei­des kann sys­te­ma­tisch im un­ter­richt­li­chen Hauptstrang (auch vor­ge­la­gert) oder auch zu­nächst ne­ben­bei (auch mit dem GTR als Black­box) be­han­delt wer­den. Dar­über hin­aus gibt es noch wei­te­re ge­winn­brin­gen­de aber nicht zwin­gend not­wen­di­ge Ver­bin­dun­gen und In­hal­te, die man – je nach Klas­se und ei­ge­ner Prä­fe­renz – zu­sätz­lich the­ma­ti­siert:

  • Wur­zeln (von Nicht-Qua­drat­zah­len) und die Wur­zel­tas­te
  • Der Zu­sam­men­hang mit und Kon­trast zu (ein­fachs­ten) ku­bi­schen oder hö­her­gra­di­gen Glei­chun­gen (z.B. x³ - 8 = 0)
  • Das Lösen ein­fa­cher qua­dra­ti­scher Glei­chun­gen mit dem Satz von Vieta

Hat man über Wo­chen (Mo­na­te) „ne­ben­bei“ das Grund­wis­sen bei den Schü­lern er­zeugt, wird die­ses sys­te­ma­ti­siert und auch schrift­lich im Re­gel­heft fest­ge­hal­ten. Die an­schlie­ßen­de Krö­nung durch die die Be­hand­lung der all­ge­mei­nen qua­dra­ti­schen Glei­chung nebst Lö­sungs­for­mel ist nun nicht nur sehr gut vor­be­rei­tet, son­dern auch gut mo­ti­viert. Das Fest­hal­ten des im Iso­lier­ten Er­ar­bei­ten Ge­lern­ten kann z.B. so ge­sche­hen:

  • leh­rer­ak­tiv und zeit­spa­rend durch eine Über­sichts­fo­lie (und Ar­beits­blatt), die von den Schü­lern durch ei­ge­ne Bei­spie­le er­gänzt wird
  • schü­ler­ak­tiv durch ei­ge­ne Heft­ein­trä­ge, die in Grup­pen er­stellt wer­den
  • durch ein­zel­ne Schü­ler, die Über­sichts­fo­li­en (und Ar­beits­blät­ter) er­stel­len und diese re­fe­rie­ren (z.B. im Rah­men einer GFS)

Zu guter Letzt bie­tet es sich na­tür­lich an, nach Er­ar­bei­tung der Mit­ter­nachts­for­mel einen Struk­tur­le­ge­plan (siehe Ka­pi­tel 8) mit den Schü­lern durch­zu­füh­ren (Bsp siehe An­hang D).

 

wei­ter mit Fazit: Nicht­li­nea­res Üben