Zur Hauptnavigation springen [Alt]+[0] Zum Seiteninhalt springen [Alt]+[1]

Isoliertes Üben

Infobox

Diese Seite ist Teil einer Materialiensammlung zum Bildungsplan 2004: Grundlagen der Kompetenzorientierung. Bitte beachten Sie, dass der Bildungsplan fortgeschrieben wurde.


Das Isolierte Üben ist eine wesentliche Methode auf dem Weg zu einem nachhaltigen Wissen und Können. Es folgt der Erkenntnis, dass Gelerntes nur dann behalten wird und als flüssiges Wissen zur Verfügung steht, wenn es in Zeitabständen immer wieder hervorgeholt und geübt wird. Die Tatsache, dass das Wissen isoliert vom aktuellen Unterrichtsgang geübt wird, macht es für die Schüler bedeutsam. Das setzt aber voraus, dass auch die Klassenarbeiten solche wiederholenden Elemente enthalten.

Das isolierte Vorgehen hat noch zwei weitere Gründe: Zum Einen sollen damit gerade auch einzelne Fähigkeiten für sich geübt werden wie z.B. das Lösen einer Gleichung. Zum anderen ist eine didaktisch wünschenswerte Einbettung in aktuelle sinnstiftende Kontexte nicht immer möglich oder zeitlich zu aufwändig. Selbstverständlich sollte diese umfassendere Art des Wiederholens von Zeit zu Zeit (aber wesentlich seltener) zusätzlich stattfinden.

Ebenfalls aufwändiger ist es, wenn man das isolierte Üben in ganzen Stunden oder Doppelstunden oder in umfangreicheren Hausaufgaben unter Einsatz bestimmter Methoden realisiert. Auch dies kann nur selten im Schuljahr erfolgen. Möglichkeiten dazu sind u.a.

  • Lernzirkel oder Lerntheken zu einem oder mehreren zurückliegenden Themen
  • Fermiaufgaben, komplexere Rätselaufgaben, Open-ended-approach nicht zum aktuellen Thema
  • Concept Mapping (s. Kapitel 8)
  • Mathematische Aufsätze als längerfristige Hausaufgabe
  • Aufgabenproduktion durch Schüler:
    Die Schüler erstellen zu einem Thema selbst Aufgaben und schreiben sie auf ein Blatt. Auf der Rückseite notieren sie ihren Namen und den Lösungsweg nebst Lösung. Der Name sollte nicht vorn stehen, da die Aufgaben sonst oft nach Autor ausgesucht werden. Die Blätter werden gesammelt und jeder Schüler holt sich eines, löst es und vergleicht die Lösung anschließend mit der Rückseite. Bei Übereinstimmung wird das Blatt auf einen weiteren Stapel („kontrolliert“) gelegt, bei Diskrepanzen versucht der Schüler eine Einigung mit dem Autor (gelingt dies nicht, dient der Lehrer als Schlichter). Nach mehreren Durchläufen hat man eine Vielzahl von mehrfach kontrollierten Aufgaben und die Schüler haben vorwärts und rückwärts gedacht, haben sich unterhalten, gestritten und im Raum bewegt. Bei geübten Klassen kann man auch mehrere Aufgaben pro Schüler verlangen und sogar eine Abstufung dieser nach „leicht“, „mittel“ und „schwer“.

Als durchgängiges Prinzip wird das isolierte Üben am einfachsten als Warm-Up zu Beginn oder als Cool-down am Ende einer Unterrichtsstunde praktiziert.

Man wählt dabei Aufgaben aus, die nicht zum aktuellen Stoffgebiet (gelegentlich auch nicht zum Stoff der aktuellen Klassenstufe) gehören und unabdingbare Fähigkeiten verlangen. Umgekehrt wird den Schülern damit auch verdeutlicht, was eigentlich die unabdingbaren Fähigkeiten sind, die von ihnen verlangt werden und wie gut sie sie beherrschen (Feedback-Kultur und Kompetenzerfahrung). Die Aufgaben sollten einen kleinen zeitlichen Rahmen (5-10, höchstens aber 15 Minuten) umfassen und in möglichst vielen (allen?) Unterrichtsstunden durchgeführt werden. Da es sich um Wiederholungen handelt, werden die Lösungen schnell (allenfalls beispielhaft tiefergehend) behandelt. Optimal ist es, wenn man denjenigen Schülern, die Probleme hatten, Hilfen in schriftlicher Form (z.B. WADI) oder in der nächsten Stillarbeitsphase durch Erklärungen anbieten kann. Haben sehr viele Schüler Schwierigkeiten, ist das ein wertvoller Hinweis darauf, dass man als Lehrer hier zusätzliche Übungen oder Erklärungen planen muss.

Selbstverständlich gibt es auch andere Möglichkeiten, isoliert zu üben. Meine Erfahrungen z.B. mit Karteikarten, die wie in den Fremdsprachen benutzt werden, sind eher zwiespältig. Diese und andere Vorgehensweisen sind mir entweder zu aufwändig oder zu unflexibel oder aber sie sind nicht geeignet, das Prinzip des ständigen Wiederholens in meinem und in den Köpfen der Schüler zu verankern.

In jedem Fall ist anzuraten, dass ähnliche Wiederholungsaufgaben dann auch in den Klassenarbeiten gestellt werden (Oberstufenarbeiten beinhalten bei mir grundsätzlich alle mathematischen Teilgebiete). Außerdem ist es wichtig, erworbene Fähigkeiten wie Kopfrechnen durch geteilte Arbeiten, die unter anderem – wie das Abitur – eine taschenrechnerfreie Bearbeitung verlangen, abzuprüfen.

Das tägliche isolierte Üben kann, mit ein wenig Übung ((-;), ohne großen Aufwand, ja teilweise sogar ohne Vorbereitung in jeder Klassenstufe durchgeführt werden. Der Nutzen vergrößert sich aber enorm, wenn man auch hierfür einen Plan hat, ein zweites Unterrichtsskript neben dem „normalen“ Unterrichten. So nimmt man sich für einen Monat oder bis zur nächsten Klassenarbeit einige Fähigkeiten heraus und trainiert diese gezielt. Andere Fähigkeiten trainiert man über das ganze Schuljahr. Notizen, auch darüber, wie gut die Schüler zurecht kamen (kurze Abfragen helfen), sind hier sehr hilfreich. Diesen Plan nebst Notizen sollte man zumindest dann machen, wenn ähnliche Wiederholungsaufgaben in den Klassenarbeiten gestellt werden. Eine anspruchsvolle Wiederholungsfrage, die im Unterricht sehr lange nicht mehr thematisiert wurde, ist als Klassenarbeitsaufgabe nicht fair.

Man sollte beim täglichen isolierten Üben verschiedene Methoden verwenden, aber gleichzeitig das Ganze auch in einem sich wiederholenden ritualisierten Rahmen durchführen. Mithin sind isolierte Übungen zu Beginn der Stunde ein probates Mittel, um für Ruhe, Konzentration und Einstimmung auf den Unterricht zu sorgen.

Die Methoden sind vielfältig:

  • Rein mündliche Übungen (z.B. Kopfrechnen, Kopfgeometrie)
  • Mündlich gestellte Übungen, die schriftlich gelöst werden (z.B. Aufstellen der Gleichung einer Geraden, die durch zwei gegebene Punkte verläuft)
  • Schriftlich gestellte Übungen, die mündlich gelöst werden (Tafel oder OHP, z.B. mehrere einfache, aber variierende Aufgaben zu den Potenzgesetzen)
  • Schriftlich gestellte Aufgaben, die schriftlich gelöst werden (z.B. WADI, Kannst-du-das-noch-Aufgaben aus dem Buch )

Auch die Aufgabenformate können und sollen stark variieren:

  • „Vokabel“-Aufgaben (z.B. besondere Vierecke und ihre Zusammenhänge)
  • Basisroutinen (z.B. Lösen einer quadratischen Gleichung)
  • Kopfrechnen (z.B. Kettenrechungen)
  • Kopfgeometrie (z.B. Welche Körper können 18 Ecken haben?)
  • GTR-Handling (z.B. Regression durchführen)
  • Beschreibe-Aufgaben (z.B. Konstruktion mit Worten beschreiben, evtl. auf Anweisung durchführen, mit allen Fehlern)
  • Denkschemata aufbrechen (z.B. Ableiten (auch von Spezialfällen) mit Regelbenennung)
  • Bildaufgaben (z.B. Graphen und Fragen nach Eigenschaften, Zugehörigkeit zu einem Funktionstyp usw.)
  • Skizzenaufgaben (z.B. Ableitungsgraph oder Graph mit bestimmten Eigenschaften skizzieren)
  • Aktuelle Aufgaben (aus Nachrichten, aus Zeitungsartikeln, aus der Werbung)
  • Alltagsfragen (z.B. Praktikeraufgabe: 20% Nachlass, Wie hoch stehen 2 Liter pro Quadratmeter?)
  • Wer-wird-Millionär-Arrangements (vier Antwortmöglichkeiten), auch verbunden mit Abstimmungen
  • Aufgabensequenzen (am besten schwierigkeitsgestaffelt)
  • Tabellenaufgaben (z.B. F, f und f‘ als Spalten und Eintragungen an verschiedenen Stellen)
  • Überblicksfragen mit Pfeildiagrammen (z.B. Bruch, Funktion usw. in der Mitte und Pfeile mit verschiedenen Darstellungen)
  • Wo-ist-der-Fehler-Aufgaben
  • Grenzen aufzeigen (z.B. Alltagsbeispiele für Rechnen mit neg. Zahlen oder für (anti)proportionale Zuordnungen)
  • Schätzaufgaben (z.B. Winkel oder Wahrscheinlichkeiten)
  • kontrastierende Aufgaben (z.B. mehrere Gleichungstypen hintereinander)
  • Vorteil/Nachteil-Fragen (z.B. die Ebenengleichungen)
  • Verschiedene Möglichkeiten-Fragen (z.B. Gleichungssysteme)
  • Verbindende/Vernetzende Aufgaben (z.B. Prozente mit Körpereigenschaften)
  • Offene Aufgaben (z.B. schöne Zahl, Viereckskonstruktionen)
  • vernetzende Aufgaben (z.B. Wie viel Prozent der Flächen eines 8-seitigen Prismas sind Seitenflächen?)
  • Problemlöseaufgaben (z.B. Entfernung des Horizonts, Was geschieht mit...wenn...? -Aufgaben)
  • Mathematische Pointen (z.B. Geburtstagsparadoxon (mit Hilfe), 12=13-Beweis, 64=65-Beweis, Umfang-Paradoxon)
  • Geschichtliches und Biographisches (z.B. Gauß-Formel, Pascal-Irrtum)
  • Rätselaufgaben (z.B. Gurkenaufgabe, die meisten Teiler)
  • Kleine Wettbewerbe (z.B. Rechenkönig)
  • Kurztests (auch benotet, mit freiwilliger oder zufälliger Abgabepflicht)
  • ...

 

weiter mit Isoliertes Erarbeiten