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In­klu­si­on – der Auf­trag der UN-Kon­ven­ti­on

Die bil­dungs­po­li­ti­sche Auf­merk­sam­keit für In­klu­si­on re­sul­tiert aus dem Über­ein­kom­men der Ver­ein­ten Na­tio­nen über die Rech­te von Men­schen mit Be­hin­de­rung (UN-Be­hin­der­ten­rechts­kon­ven­ti­on (UN-BRK)), bzw. „Con­ven­ti­on on the Rights of Per­sons with Disa­bi­li­ties“ (CRPD 2006). Ge­mein­sam mit Men­schen mit Be­hin­de­run­gen und deren Ver­bän­den ent­wi­ckel­te eine Kom­mis­si­on der Ver­ein­ten Na­tio­nen seit 2001 den Text der UN- Be­hin­der­ten­rechts­kon­ven­ti­on mit dem Ziel der welt­wei­ten Ver­bes­se­rung der Le­bens­la­gen von Men­schen mit Be­hin­de­run­gen. Der Be­griff „In­klu­si­on“ hat mit die­sem Do­ku­ment Ein­zug in die so­zi­al- und bil­dungs­po­li­ti­sche De­bat­te ge­hal­ten. Nach den Be­rech­nun­gen des ers­ten Welt­be­richts über Be­hin­de­run­gen (WHO, 2011) – die­ser Be­richt ist selbst eine Folge der Kon­ven­ti­on – stel­len Men­schen mit Be­hin­de­rung mit 1 Mil­li­ar­de Be­trof­fe­ner die größ­te Grup­pe be­nach­tei­lig­ter Men­schen welt­weit dar.

Oft be­schränkt sich die ak­tu­el­le Aus­ein­an­der­set­zung in Deutsch­land auf die Schu­le und dort wie­der­um auf Fra­gen der Struk­tur und Or­ga­ni­sa­ti­ons­for­men (z. B. Auf­lö­sung be­son­de­rer Schul­for­men wie Son­der- oder För­der­schu­len). Diese Ein­schrän­kun­gen in der Re­zep­ti­on der UN-Be­hin­der­ten­rechts­kon­ven­ti­on stel­len ein De­fi­zit dar. Das Do­ku­ment der Ver­ein­ten Na­tio­nen the­ma­ti­siert Bil­dung in einem ein­zi­gen Ar­ti­kel und geht weit über bil­dungs­po­li­ti­sche Fra­gen hin­aus – es um­fasst die ge­sam­te Le­bens­span­ne (vgl. Lind­mei­er 2009, 2011; Biele- feldt 2010). Wel­che Pro­gram­ma­tik ver­folgt das Do­ku­ment?

Die UN-Be­hin­der­ten­rechts­kon­ven­ti­on ver­steht grund­le­gend Be­hin­de­rung nicht als in­di­vi­du­el­les Merk­mal einer Per­son. Ar­ti­kel 1 UN-BRK legt viel­mehr ein in­ter­ak­ti­ves Ver­ständ­nis zu­grun­de: „Zu den Men­schen mit Be­hin­de­run­gen zäh­len Men­schen, die lang­fris­ti­ge kör­per­li­che, see­li­sche, geis­ti­ge oder Sin­nes­be­ein­träch­ti­gun­gen haben, wel­che sie in Wech­sel­wir­kung mit ver­schie­de­nen Bar­rie­ren an der vol­len, wirk­sa­men und gleich­be­rech­tig­ten Teil­ha­be an der Ge­sell­schaft hin­dern kön­nen“. Nicht Merk­ma­le des In­di­vi­du­ums, son­dern erst deren In­ter­ak­ti­on mit ge­sell­schaft­li­chen Hin­der­nis­sen ma­chen „Be­hin­de­rung“ aus. So­zia­le Bar­rie­ren be­hin­dern Per­so­nen und Per­so­nen­grup­pen in ihrer vol­len ge­sell­schaft­li­chen Teil­ha­be. Die­ses so­zi­al-kon­struk­ti­ve Ver­ständ­nis von Be­hin­de­rung be­grün­det die Kon­se­quen­zen für die Un­ter­zeich­ner­staa­ten. Dar­aus re­sul­tie­ren nicht nur ethi­sche For­de­run­gen, wie etwa Ach­tung, Nicht­dis­kri­mi­nie­rung oder voll­stän­di­ge und wirk­sa­me Teil­ha­be in der Ge­sell­schaft (Art. 3 UN-BRK) ge­gen­über Men­schen mit Be­hin­de­run­gen, viel­mehr er­gibt sich der wei­ter­ge­hen­de Auf­trag nach ge­sell­schaft­li­chen Ver­än­de­run­gen, sol­che Bar­rie­ren gar nicht erst ent­ste­hen zu las­sen. Daher ver­pflich­ten sich die Un­ter­zeich­ner­staa­ten, „an­ge­mes­se­ne Vor­keh­run­gen“ (Art. 2 UN-BRK) zu tref­fen. Diese Vor­keh­run­gen er­stre­cken sich – be­trach­tet man die Ar­ti­kel der Kon­ven­ti­on näher – über die ge­sam­te Le­bens­span­ne und alle Le­bens­be­rei­che: das Recht auf Leben (Art. 10 UN-BRK), die be­son­de­re Si­tua­ti­on on Kin­dern mit Be­hin­de­run­gen (Art. 7 UN-BRK), das Recht auf Woh­nung und Pri­vat­sphä­re (Art. 22 UN-BRK), das Recht auf Teil­ha­be an der Ar­beits­welt (Art. 27 UN-BRK) oder auf einen kul­tu­rell an­ge­mes­se­nen Le­bens­stan­dard (Art. 28 UN-BRK). Für die ge­sam­te Le­bens­per­spek­ti­ve for­dert die UN-Be­hin­der­ten­rechts­kon­ven­ti­on also von den Staa­ten, Vor­keh­run­gen für die ge­sell­schaft­li­che Bar­rie­re­frei­heit für Men­schen mit Be­hin­de­run­gen zu tref­fen, damit das Men­schen­recht auf Teil­ha­be an­ge­sichts be­son­de­rer Be­nach­tei­li­gun­gen in An­spruch ge­nom­men wer­den kann.

 

In­klu­si­on und Lehr­kräf­te­bil­dung: Her­un­ter­la­den [pdf][1,4 MB]

 

Wei­ter zu Bil­dungs­sys­tem