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M1: Schülerpersönlichkeit Grundlagentext

Schülerpersönlichkeit im Blickfeld

Gründe für auffälliges Verhalten liegen häufig in konstitutionellen Voraussetzungen und in der Lebensgeschichte der Betroffenen. Für Pädagoginnen und Pädagogen ist es kaum möglich detaillierte Angaben über biografische Faktoren, Eltern-Kind-Beziehungen, Erziehungsstile, Traumata oder aktuelle Belastungen zu erhalten. Im günstigen Fall kann nachgefragt werden, wo es z.B. auffällige biografische Veränderungen, Brüche, Abbrüche, Bezugspersonenwechsel, Wohnortwechsel usw. gab. Weiterhin kann nachgefragt werden, wie, wann und in welchen Lebenssituationen sich das Kind evtl. verändert hat.

Wissen um diese biografischen Faktoren verändert schwierige Situationen noch nicht. Auf der Basis von Beobachtungen in Verbindung mit der Frage nach der persönlichen Entwicklung zeigen sich manchmal jedoch Anhaltspunkte, um Bedürfnisse der Betroffenen eher verstehen oder erspüren zu können.

Es ist davon auszugehen, dass bei Schülern mit schwierigem Verhalten Grundbedürfnisse, wie das Bedürfnis nach Bindung und Zugehörigkeit, nach Kontrolle und Orientierung, nach Selbstwerterhöhung und Schutz, nach Lustgewinn und Unlustvermeidung (Grawe, 2004, S. 186) nicht erfüllt wurden. Frühe Bindungserfahrungen der Kinder mit ihren primären Bezugspersonen prägen die Erwartungen, mit denen sie in Zukunft auf andere Menschen zugehen. Die Angst, dass der Wunsch nach Bindung nicht erfüllt wird, führt bei den Kindern über Frustration zu einer Aktivierung des Bindungsverhaltens bis zu einem Kampf um Bindung (Brisch, 2008, S.88). Appelle von Lehrkräften an die Vernunft der Kinder kommen nicht an, da dieser existentielle Hunger nach Zuwendung und Anerkennung größer ist.

Wenn das Bedürfnis nach Orientierung und Kontrolle nur unzureichend erfüllt werden konnte, erleben Kinder in neuen Situationen möglicherweise wesentlich schneller Ängste und in der Folge evtl. auch Aggressionen als andere. Wir können ebenfalls davon ausgehen, dass der Selbstwert eines Kindes mit problematischem Verhalten nicht genügend geschützt wurde.

Vertreter der humanistischen Psychologie gehen davon aus, dass Verhalten zu der Zeit, als es entwickelt wurde, für die Person subjektiv sinnvoll war. Das schwierige Verhalten stellt sich als Strategie dar in schwierigen Verhältnissen zu überleben. So betrachtet kann es hilfreich sein eine andere Perspektive einzunehmen. Welche positiven Anteile verbergen sich im gleichen Verhalten? Kann Herr Müller ein Gespür für die Anstrengung entwickeln, mit der Anton jeden Tag seine Lebensumstände einigermaßen bewältigt? Zeigt es nicht auch besonderes Durchhaltevermögen, dass Anton sich Tag für Tag der Situation aussetzt von den anderen für seine alten Schuhe ausgelacht zu werden?

 

Exkurs Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung

Die (medizinische) Diagnose eines Kindes mit geistiger Behinderung wird für viele Eltern als starke Belastung mit Elementen persönlicher Kränkung bis hin zur existentiellen Enttäuschung erlebt. Gefühle von Schuld und Scham, Angst, Wut und Trauer stellen sich ein und sollten bewältigt werden. Neben immer noch erlebten sozialen Ausgrenzungserfahrungen fallen insbesondere veränderte Kommunikationsinteraktionen zwischen den primären Bezugspersonen und dem Säugling/Kleinkind ins Gewicht, wie sie den primären Bezugspersonen so bislang oft unbekannt sind. Exemplarisch sei hier an einen Säugling mit taktiler Abwehr gedacht, der auf Liebkosungen und Streicheleinheiten der Eltern mit Schreien reagiert. Dies führt fast notwendigerweise zu Überforderungssituationen für Eltern und Kind. Sich hieraus ergebende Verhaltens- und Interaktionsunsicherheiten können sich bis zum Schuleintritt wechselseitig bedingen und verstärken so dass Überbehütungs- oder Verwahrlosungserlebnisse das kindliche Verhalten mit prägen.

Textausschnitt aus: „Zum Verständnis von herausforderndem Verhalten“

 

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