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Auf­ga­be 3

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Diese Seite ist Teil einer Ma­te­ria­li­en­samm­lung zum Bil­dungs­plan 2004: Grund­la­gen der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung. Bitte be­ach­ten Sie, dass der Bil­dungs­plan fort­ge­schrie­ben wurde.

Er­geb­nis­se Schü­ler B

Auf­ga­be 3: Ana­ly­sie­ren Sie die Ka­ri­ka­tur M 2 und ver­glei­chen Sie sie mit dem Text M 3.    (18 VP)

Bei der zu ana­ly­sie­ren­den Ka­ri­ka­tur mit dem Titel „Zwi­schen mir und mein Volk soll sich kein Blatt Pa­pier drän­gen“ han­delt es sich um eine Li­tho­gra­phie, die aus den „Sa­ty­ri­schen Zeit­bil­dern, No. 28“ von 1849 stammt.
Der Zeich­ner, Isi­dor Pop­per, stellt in der Ka­ri­ka­tur­mit­te den preu­ßi­schen König Fried­rich Wil­helm IV. in Of­fi­ziers­uni­form dar. Ge­mein­sam mit dem hohen Ge­ne­ral Fried­rich von Wran­gel ver­sucht er eine Tür vor einer her­ein­strö­men­den Masse von Män­nern zu ver­schlie­ßen. In den Ge­sich­tern der bei­den ist star­ke An­stren­gung zu er­ken­nen. Die bei­den Fi­gu­ren sind auch auf­grund der bei­lie­gen­den In­for­ma­tio­nen als der preu­ßi­sche König und als Fried­rich von Wran­gel zu er­ken­nen, Wran­gel trägt auch eine Pi­ckel­hau­be und einen Säbel. Wäh­rend der König als eine Art gro­ßes Klein­kind dar­ge­stellt wird, das es nicht al­lein schaf­fen würde, die Masse fern­zu­hal­ten, ist Wran­gel ein lan­ger, dün­ner Mann, der sei­nen Rü­cken gegen den des Kö­nigs drückt, so als ob er ihn auch nicht von der Tür weg­las­sen woll­te, falls der König nach­ge­ben würde. Sie be­fin­den sich in einem präch­ti­gen Raum mit gol­de­nen Bil­der­rah­men und Vor­hän­gen, also ver­mut­lich in einem Schloss.
Der Front­mann der her­ein­drän­gen­den Män­ner hält ein be­schrie­be­nes Pa­pier in den Hän­den, das er of­fen­sicht­lich dem König zei­gen oder über­ge­ben möch­te, es ist mit „Pe­ti­ti­on“, also „Bitt­schrift“, über­schrie­ben. Bei den Män­nern, die hef­tigst ver­su­chen, sich Zu­tritt zum König zu ver­schaf­fen, han­delt es sich um die Ab­ge­ord­ne­ten der Frank­fur­ter Pauls­kir­che, die dem König die deut­sche Kai­ser­kro­ne an­bie­ten möch­ten. Somit spricht der Titel die­ser Li­tho­gra­phie, „Zwi­schen mir und mein Volk sich kein Blatt Pa­pier drän­gen“, genau auf die­sen Sach­ver­halt an. Er be­zieht sich auf einen an­geb­li­chen Aus­spruch des Kö­nigs aus dem Jahr 1847, als Ab­ge­ord­ne­te des preu­ßi­schen Land­tags von ihm eine Ver­fas­sung für Preu­ßen ge­for­dert haben. Die­ser Aus­spruch wird hier auf die Si­tua­ti­on im April 1849 über­tra­gen und stellt eine Art Iro­nie dar, weil der König ja selbst die Tür zwi­schen sich und den Ab­ge­ord­ne­ten zu­drückt, wo­durch die Nähe zwi­schen König und Volk ge­zeigt wird, son­dern dass der König die Wün­sche des Vol­kes nicht wahr­ha­ben und die Volks­ver­tre­ter aus­sper­ren möch­te.
So stellt die Ka­ri­ka­tur dar, dass der König die Bitt­schrift ent­schie­den ab­weist. Mög­li­cher­wei­se ver­stärkt sich Fried­richs Ent­schluss durch die An­we­sen­heit und das Drän­gen und Schie­ben des hohen Mi­li­tärs von Wran­gel. In­ter­es­sant sind in die­sem Zu­sam­men­hang die Augen aller Dar­ge­stell­ten. Sie sind fest fi­xiert auf ihr je­wei­li­ges Ziel, näm­lich, um es in den „Wor­ten“ der Ka­ri­ka­tur zu sagen, kei­nen Schritt zu­rück­zu­wei­chen oder in den Raum hin­ein­zu­kom­men.  
Wäh­rend die Ka­ri­ka­tur Fried­richs ab­leh­nen­de Hal­tung ge­gen­über den Ab­ge­ord­ne­ten und damit dem deut­schen (Wäh­ler-)Volk ver­deut­licht, zeigt der Text M2 „über die Ab­leh­nung der Kai­ser­kro­ne“, wie Fried­rich selbst diese Ab­leh­nung dar­stellt.
Bei dem Text han­delt es sich um einen Brief, den Fried­rich Wil­helm an König Ernst Au­gust von Han­no­ver ge­schrie­ben hat. Er be­rich­tet ihm, dass auf­grund sei­nes Mi­nis­te­ri­ums die Ab­hal­tung der De­pu­ta­ti­on von Ber­lin auf of­fi­zi­el­lem Wege nicht mög­lich war. Des­halb schrieb Fried­rich trotz­dem Brie­fe an die Na­tio­nal­ver­samm­lungs­mit­glie­der. Aus ihrem Ant­wort­schrei­ben er­kann­te er, wie tö­richt es sei, die Kai­ser­kro­ne von einer macht­lo­sen und re­vo­lu­tio­nä­ren Or­ga­ni­sa­ti­on an­zu­neh­men und ver­wen­de­te dabei den Ver­gleich mit einem Hun­de­hals­band.
Fried­rich schrieb, dass die Vor­stel­lun­gen ein „Sou­ve­rä­ni­täts­schwin­del“ (Z. 10), von dem die Ab­ge­ord­ne­ten „be­sof­fen“ (Z. 10) seien.
Fried­rich be­rich­tet dem König von Han­no­ver, dass er auf An­ra­ten sei­nes Mi­nis­te­ri­ums „freund­lich“ (Z. 13) ge­ant­wor­tet hat und das „Nein“ in „flit­ter­ge­stick­te Win­deln“ (Z. 14) ver­klei­det hat.

Zieht man nun den Ver­gleich, wie die Ka­ri­ka­tur Fried­rich Wil­helms Ab­leh­nung dar­stellt und wie er sie selbst in sei­nem Brief schil­dert, ist Fol­gen­des zu er­ken­nen:
Der König ver­wei­gert in der Ka­ri­ka­tur den Ab­ge­ord­ne­ten den Zu­tritt, er emp­fängt sie also gar nicht. Schwer zu ent­schei­den ist, ob die Ab­leh­nung mehr von ihm aus­geht, oder ob nicht ei­gent­lich der Ge­ne­ral Wran­gel der Ab­leh­nen­de ist, der den König ei­gent­lich nur vor­schiebt.
Im Brief stellt sich Fried­rich Wil­helm so dar, als ob er die Ab­ge­ord­ne­ten von An­fang an nicht emp­fan­gen woll­te und nur wegen sei­nem Mi­nis­te­ri­um doch dazu be­reit ist, und sogar freund­lich mit ihnen ge­spro­chen hat, ob­wohl er ei­gent­lich un­freund­lich zu ihnen sein woll­te. Hier geht die Ab­leh­nung also ein­deu­tig vom König aus, wäh­rend in der Ka­ri­ka­tur auch das Mi­li­tär hin­ter der Ab­leh­nung ste­cken könn­te und der König nur ein Werk­zeug ist, um das zu er­rei­chen.
In dem Brief ist der Ton­fall des Kö­nigs sehr ar­ro­gant, er macht sich lus­tig über die Ab­ge­ord­ne­ten. In der Ka­ri­ka­tur ist er als ein gro­ßes Kind dar­ge­stellt, er wird also vom Zeich­ner lä­cher­lich ge­macht.
So zeigt der Brief eher, wie der König von Preu­ßen von an­de­ren Kö­ni­gen ge­se­hen wer­den möch­te, als einer, der sich nicht auf die Ab­ge­ord­ne­ten ein­lässt, wäh­rend die Ka­ri­ka­tur eher zeigt, wie die Öf­fent­lich­keit ihn ge­se­hen hat, als ein König, der nicht genau weiß, was er ei­gent­lich will (so wird er auch in einer an­de­ren Ka­ri­ka­tur dar­ge­stellt, in der er an sei­nen Uni­form­knöp­fen ab­zählt, ob er die Kai­ser­kro­ne an­neh­men soll oder nicht) oder der sich von an­de­ren Mäch­ten wie dem Mi­li­tär be­nut­zen lässt.

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Er­geb­nis­se Schü­ler B: Her­un­ter­la­den [doc][55 KB]