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Auf­ga­be 4

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Diese Seite ist Teil einer Ma­te­ria­li­en­samm­lung zum Bil­dungs­plan 2004: Grund­la­gen der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung. Bitte be­ach­ten Sie, dass der Bil­dungs­plan fort­ge­schrie­ben wurde.

Er­geb­nis­se Schü­ler B

Auf­ga­be 4: Über­prü­fen Sie, ob sich für Deutsch­land die In­dus­tria­li­sie­rung und die Er­eig­nis­se von 1848/49 als un­ter­schied­li­che Er­schei­nungs­wei­sen eines um­fas­sen­den Mo­der­ni­sie­rungs­pro­zes­ses be­schrei­ben las­sen.   (14VP)

Beide Pro­zes­se, die In­dus­tria­li­sie­rung und die Re­vo­lu­ti­on von 1848 kön­nen als un­ter­schied­li­che Er­schei­nungs­wei­sen eines Mo­der­ni­sie­rungs­pro­zes­ses ge­se­hen wer­den, weil sie beide sehr eng mit­ein­an­der ver­knüpft sind. Unter Mo­der­ni­sie­rung ver­steht man die be­schleu­nig­te Ver­än­de­rung von der tra­di­tio­nel­len, agra­risch ge­präg­ten zur mo­der­nen, städ­tisch ge­präg­ten Le­bens­wei­se, die in Deutsch­land vor allem in der zwei­ten Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts statt­ge­fun­den hat. Diese Ver­än­de­run­gen zei­gen sich im Be­reich der Ge­sell­schaft, der Wirt­schaft, der Po­li­tik und der Kul­tur und be­din­gen sich ge­gen­sei­tig. Dies lässt sich an der fol­gen­den Dar­stel­lung er­ken­nen:
So sind etwa die vor-mo­der­nen wirt­schaft­li­chen und ge­sell­schaft­li­chen Ver­hält­nis­se als ein Teil der Ur­sa­chen der Re­vo­lu­ti­on von 1848/49 zu sehen. Sie ver­lang­ten zwin­gend Ver­än­de­run­gen oder Re­for­men, die dann auch teil­wei­se durch­ge­führt wur­den, wovon die Wirt­schaft be­son­ders pro­fi­tier­te, wie z. B. die Auf­he­bung der Guts­herr­lich­keit oder die Ab­schaf­fung der Zünf­te. Die Epo­che war also ge­prägt von tief­grei­fen­den Ver­än­de­run­gen im Agrar­sek­tor, was be­son­ders wich­tig war, weil die deut­schen Län­der zu der Zeit Agrar­län­der waren, sowie vom Be­ginn des in­dus­tri­el­len Zeit­al­ters, das das Leben auf dem Land und in der Stadt „mo­der­ner“ wer­den ließ.
Ob­wohl etwa die Leib­ei­gen­schaft of­fi­zi­ell für ab­ge­schaft galt, waren noch immer trotz fort­schrei­ten­der Auf­lö­sung pa­tri­ar­cha­li­sche Ver­hält­nis­se feu­da­ler Ab­hän­gig­kei­ten zu be­ob­ach­ten. Durch das star­ke Be­völ­ke­rungs­wachs­tum stand ein Über­an­ge­bot an Ar­beits­kräf­ten für die neu ent­ste­hen­den Fa­bri­ken zur Ver­fü­gung. Die star­ke Bin­nen­wan­de­rung vom Land in die wach­sen­den Städ­te ver­stärk­te al­ler­dings auch die schlim­me Si­tua­ti­on in den Vor­städ­ten, wo viele Men­schen unter dem Exis­tenz­mi­ni­mum leb­ten. So führ­ten also so­wohl die Ver­än­de­run­gen auf dem Land als auch die In­dus­tria­li­sie­rung zur So­zia­len Frage. – Es ent­stand ein fort­wäh­ren­der so­zia­ler Druck zur Ver­än­de­rung der herr­schen­den Ver­hält­nis­se. Die Mög­lich­keit oder die Ge­fahr – je nach Sicht­wei­se – einer Re­vo­lu­ti­on war also auch nach 1849 nicht aus der Welt, son­dern be­stand wei­ter. Dabei hätte eine mög­li­che neue Re­vo­lu­ti­on aus den Er­fah­run­gen von 1848/49 ler­nen kön­nen und wäre wahr­schein­lich er­folg­ver­spre­chen­der ge­we­sen. Aber auch die Ob­rig­keit hatte aus der Re­vo­lu­ti­on ge­lernt, was mit bei­ge­tra­gen hat zur Er­fül­lung der na­tio­na­len For­de­run­gen durch die Grün­dung des Kai­ser­reichs 1871. Dass die li­be­ra­len For­de­run­gen der Re­vo­lu­ti­on nicht er­füllt wur­den, war so für viele leich­ter zu er­tra­gen.
Der Be­ginn des in­dus­tri­el­len Zeit­al­ters sowie die Schaf­fung eines gro­ßen wirt­schafts­rau­mes durch die Grün­dung des deut­schen Zoll­ver­eins 1834 ver­stärk­ten auch den Wil­len zum po­li­ti­schen Um­bruch.
Durch die Miss­ern­ten in den 1840er Jah­ren wurde den Men­schen be­wusst, dass die Mon­ar­chen durch ihre mo­der­ni­sie­rungs­feind­li­che Po­li­tik ver­säumt hat­ten, sich um das Wohl des Vol­kes zu küm­mern.
Diese Vor­stel­lun­gen ver­ban­den sich mit der Na­tio­nal- und Frei­heits­be­we­gung, die sich wäh­rend des Vor­mär­zes und des Bie­der­mei­ers ent­wi­ckelt hat­ten.
Beide gleich­zei­tig ab­lau­fen­den Pro­zes­se der Mo­der­ni­sie­rung hat­ten die Men­schen in die­ser Zeit also maß­geb­lich be­ein­flusst. So waren die „wirt­schaft­li­chen Um­wäl­zun­gen“ etwa ent­schei­dend für die Ver­stär­kung des Wil­lens nach Frei­heit und Ein­heit zu stre­ben. Und die bes­se­re wirt­schaft­li­che Lage er­mög­lich­te es den Bür­gern, sich mehr mit Po­li­tik zu be­schäf­ti­gen und das de­mo­kra­ti­sche Erbe der Re­vo­lu­ti­on zu er­hal­ten. In­dus­tria­li­sie­rung und die Re­vo­lu­ti­on von 1848/49 kön­nen un­ab­hän­gig von­ein­an­der be­trach­tet wer­den; müs­sen je­doch als Teile des einen gro­ßen Ver­än­de­rungs­pro­zes­ses im 19. Jahr­hun­dert gel­ten, näm­lich der Mo­der­ni­sie­rung.

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wei­ter: Schü­ler C

 

Er­geb­nis­se Schü­ler B: Her­un­ter­la­den [doc][55 KB]