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Neue deutsche Geschichte

In Reime gebracht und mit schönen Bildern verziert von C. L. Kaulbach

Held Michel schlug Napoleon,
Bekam dafür den rechten Lohn:
Der weiland große deutsche Bund
Sperrt Micheln ein wie einen Hund.

So lag er drei und dreißig Jahr,
Da träumt‘ ihm von der Freiheit gar,
Die sprach: „nicht wälz‘ Dich auf der Streu!
Auf! deutscher Michel, mach Dich frei.“


Held Michel gähnte, reckte sich,
Da brach der Kerker fürchterlich.
O Gott! wer hätte das gewußt,
Der Michel hat zu mehr noch Lust.

In München, Stuttgart und Berlin,
Krähwinkel, Dresden, Weimar, Wien,
In Prag und andern Orten mehr
Petitionirte Michel sehr.


Sein enges Kleid er von sich warf,
Nahm einen Sabel groß und scharf,
Trug eine Fahne schwarz-roth-gold,
Und hatte mehr als er gewollt.

Doch zeigt‘ er jetzt Genüge nicht,
Es war einmal ein Bösewicht.
Verlangte von den Fürsten baß
Ein Parlament und Russenhaß.


Die Fürsten zeigten viel Gefühl –
Denn Michel hatte Flegel viel
Gestellet frech in Glied und Reih‘,
Derweil er bei den Fürsten sei.

Die Fürsten sagten: „Lieber Mann,
Was Du verlangst, das sollst Du ha’n.
Ein Parlament und dies und das,
Franzosenfreundschaft, Russenhaß.“


Held Michel war befriedigt sehr
Und dachte sich: „Was willst Du mehr?
Die Republik ist doch nur Tand,
Ich geh‘ mit Fürsten Hand in Hand.

Berathe mich mit ihnen frei,
Was nun vor Allem nöthig sei.
Hör‘ auch die Geistlichkeit mit an
Und den und jenen reichen Mann.“


Er wählte nun zum Parlament –
Das er vom freien England kennt –
Und wählte Männer die gelehrt,
Und Leute, die recht wohl genährt,

Viel Edelleut‘ von altem Blut,
Und Geistliche die fromm und gut,
Auch manchen Wühler unbedacht –
O Gott! wer hätte das gedacht!


Im Parlamente ging es bunt,
Man schrie sich fast die Hälse wund,
Und half nicht mehr das wilde Schrei’n,
So schlug man mit den Fäusten d’rein.

Held Michel sah mit Ehrfurcht zu
Und dacht‘: „ich wollt‘ ich hätte Ruh‘!“
Sie schrei’n: „die Freiheit, Einheit hoch! –
Und schmieden neue Ketten doch.“


Das Parlament berieth und rieth,
Bis sich’s zuletzt dahin entschied:
Daß Michel nur ein Lumpe wär‘,
D’rum brauch‘ er einen Kaiser sehr.

Sie wählten jetzt den Kaiser gleich
Und gaben ihm das deutsche Reich,
Doch ward den Fürsten nichts geraubt –
O Gott! wer hätte das geglaubt.


Die Fürsten aber sagten doch:
„Der Kaiser ist und bleibt ein Joch!
Wir müssen freie Fürsten sein,
Sonst können wir nicht mehr gedeih’n.

Will Michel jetzt den Kaiser han,
So hat er Recht, der gute Mann:
Er trägt die Schleppe hinterher,
Wir aber müssen uns ducken sehr.“


Held Michel ward nun wüthig toll,
Er schwur den Fürsten Haß und Groll.
Denn um das Kaiserkrönungsfest
Er gar nicht gern sich bringen läßt.

Doch weil es ihm verdorben war,
Tanzt er in Pfalz und Baden gar
Um einen Freiheitsbaum wie toll
So daß den Herrn die Galle schwoll.


Kuriere man jetzt reiten ließ
Nach Petersburg und nach Paris,
Zu Ärzten welche sagten frei:
„Daß Michel ganz von Sinnen sei.

Er fas’le Tollheit, dies und das,
Ihm hälfe nur ein Adlerlaß.
Der Narre sei vielleicht kuriert,
Würd‘ er mit Pillen gut purgirt.“


Der Aderlaß ward angewandt,
Und wirkte gut, wie’s weltbekannt.
Die Pillen thaten Wunder auch,
Rumorten ihm wie toll im Bauch.

Man fing nun leicht den wilden Mann
Und octroyirte ihm sodann –
Was allbekannt zu dieser Frist –
So daß er jetzt beruhigt ist!

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