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M1

Jeder kann sich ent­schei­den, wie er will – jeder muss sich aber auch ent­schei­den, wie er will! Was soll ich wol­len?

Wie soll man sich in dem Fall Olym­pia­see ent­schei­den und klä­ren, was man tun soll und was nicht?

Woher er­hal­te ich eine Ori­en­tie­rung?

Wer oder was be­stimmt ei­gent­lich dar­über, was in Ord­nung ist oder was kaum, nicht oder was über­haupt nicht geht? Die Fa­mi­lie oder der Staat oder meine Freun­de oder ich selbst oder alle zu­sam­men? Gibt es eine Art Leit­fa­den, an dem man sich ori­en­tie­ren kann und der eine Richt­schnur für Hand­lun­gen ist, die im All­ge­mei­nen als gut oder rich­tig gel­ten?

Moral be­deu­tet:

Eine Über­ein­kunft dar­über, was Men­schen für ein kor­rek­tes Han­deln hal­ten, nennt man Moral. Dar­un­ter ver­steht man die „hand­lungs­lei­ten­den Über­zeu­gun­gen von Men­schen hin­sicht­lich der Frage nach dem guten, rich­ti­gen oder ge­soll­ten Han­deln.“1

Unter einer Norm ver­steht man…

Diese Über­zeu­gun­gen spie­geln sich in ver­schie­de­nen Nor­men un­se­res täg­li­chen Le­bens wie­der, in denen das Wis­sen und die Mei­nun­gen von ver­schie­de­nen (Ex­per­ten-)Grup­pen Ein­gang ge­fun­den haben. Dazu ge­hö­ren z.B. Rechts­nor­men, Nor­men der Sitte und des Brauch­tums, re­li­giö­se Nor­men, aber auch macht­ge­stütz­te Will­kür­re­geln wie in ideo­lo­gi­schen Grup­pen sowie in­di­vi­du­el­le Wil­lens­vor­sät­ze.2 Wäh­rend die Ge­set­ze eine klare Rich­tung des Han­delns vor­ge­ben und bei Ab­wei­chung ggf. be­stra­fen, las­sen sich die Nor­men der Sitte und des Brauch­tums nicht so ein­deu­tig be­schrei­ben. Denn hier geht es um meist un­ge­schrie­be­ne Ge­set­ze, Über­ein­künf­te, die das Ver­hal­ten im All­tag und in au­ßer­ge­wöhn­li­chen Si­tua­tio­nen re­geln. Hier­bei bleibt ein In­ter­pre­ta­ti­ons­spiel­raum des­sen, was ge­sell­schafts­fä­hig ist, was in einem Fall rich­tig oder gut wäre, bei­spiels­wei­se wel­che Klei­dung ich im All­tag oder bei einer Be­er­di­gung trage oder wie laut ich meine Musik höre.

Werte sind...

Sol­che Nor­men ver­su­chen, die mo­ra­li­schen Über­zeu­gun­gen zum Aus­druck zu brin­gen und dafür die ge­eig­ne­ten Hand­lungs­an­wei­sun­gen für eine be­stimm­te Grup­pe zu for­mu­lie­ren. „Ver­sucht man hin­ge­gen die Nor­men mit Hilfe eines Be­griffs bzw. eines Be­griffs­wor­tes aus­zu­drü­cken, spricht man von Wer­ten, z.B. Ge­rech­tig­keit, Auf­rich­tig­keit, Würde oder Wahr­heit.“3 Diese Werte ste­hen zu­nächst gleich­wer­tig ne­ben­ein­an­der und be­schrei­ben le­dig­lich die hin­ter den mo­ra­li­schen Vor­stel­lun­gen lie­gen­den Be­grif­fe. Wer al­ler­dings seine Ent­schei­dun­gen für sein Han­deln auf be­stimm­ten Wer­ten auf­bau­en möch­te, braucht keine gleich­wer­ti­gen Werte, son­dern eine Wer­tig­keit der Werte: Denn wer bei­spiels­wei­se nach christ­li­chen Maß­stä­ben han­deln will, wird den Wert der Nächs­ten­lie­be zu einem zen­tra­len Maß­stab für sein Han­deln ma­chen. Und das hat Aus­wir­kun­gen: Wenn näm­lich eine Grup­pe als ihren obers­ten Wert Spaß durch die Ver­höh­nung an­de­rer emp­fin­det und die­ser Wert als Grup­pen­mo­ral deren Han­deln lei­tet, dann wird sich je­mand mit christ­li­chen Wer­ten wie Nächs­ten­lie­be die­ser Moral ent­zie­hen, weil sie die Men­schen­wür­de re­spekt­los mit Wor­ten dif­fa­miert oder gar mit Füßen tritt.

Alles ist re­la­tiv – darf jeder Mensch in jeder Si­tua­ti­on wirk­lich selbst ent­schei­den?

Damit ist schon ein wei­te­res Pro­blem im An­satz an­ge­spro­chen: Gibt es Kri­te­ri­en dafür, wel­che Werte wich­ti­ger sind als an­de­re und wel­che dar­aus ab­ge­lei­te­te Moral rich­ti­ger oder gar bes­ser ist als eine an­de­re? Wenn jeder in jedem Fall für sich sel­ber ent­schei­den kann, an wel­chem Wert bzw. an wel­cher Mo­ral­vor­stel­lung er sich ori­en­tiert, wären die Über­zeu­gun­gen eine Spiel­wie­se der Be­lie­big­keit. Jeder Wert wäre re­la­tiv und die da­hin­ter lie­gen­de Über­zeu­gung wäre die eines Re­la­ti­vis­mus. Kon­kret hieße Frei­heit nach Selbst­ent­fal­tung und In­for­ma­ti­ons­be­schaf­fung be­ru­fen könn­ten, auch wenn sie damit Ret­tungs­kräf­te be­hin­dern. Oder wenn der Ge­mein­schafts­be­griff nur auf eine Na­ti­on be­schränkt wird, und vom Leben be­droh­te Men­schen an­de­rer Her­kunft davon aus­ge­schlos­sen wür­den. Wo liegt die Gren­ze zwi­schen An­ge­le­gen­hei­ten, die jeder für sich selbst ent­schei­den soll­te und denen, die durch Nor­men vor­ge­ge­ben und damit die ei­ge­ne Ent­schei­dung zu­guns­ten eines be­stimm­ten (hö­he­ren) Wer­tes ein­ge­schränkt wird?

Ethik ist das Nach­den­ken über …

Mit die­sen grund­sätz­li­chen Über­le­gun­gen über Moral, Werte und Nor­men haben wir be­reits ethisch re­flek­tiert. Denn bei der Ethik geht es ins­ge­samt darum, sich Ge­dan­ken dar­über zu ma­chen, wie sich Men­schen zu­ein­an­der ver­hal­ten und was die lei­ten­den Über­le­gun­gen ihres Han­delns sind. Dabei las­sen sich grund­sätz­lich zwei große Fel­der der Ethik un­ter­schei­den:4 Ein­mal ver­sucht die de­skrip­ti­ve Ethik zu be­schrei­ben, wel­che Mo­ral­vor­stel­lun­gen in Form von Nor­men etc. in einer Grup­pe vor­han­den sind, wie Men­schen damit um­ge­hen oder wie sie dar­auf re­agie­ren. Zum an­de­ren fragt die nor­ma­ti­ve Ethik da­nach, wel­che mo­ra­li­schen Nor­men und Ver­hal­tens­wei­sen es geben soll.

 

1 W. Härle, Ethik, Ber­lin/New York 2011, S. 17.

2 Vgl. a.a.O., S. 17f.

3 Mi­cha­el Kober und Tuja Bin­der, Was ist Moral? Was ist Ethik? – Text aus dem Fort­bil­dungs­ma­te­ri­al der Re­gio­nal­ta­gung 2009 zum Thema „Ethik“.

4 Vgl. Härle, a.a.O., S. 13f.

 

Ma­te­ria­li­en: Her­un­ter­la­den [docx][93 KB]

Ma­te­ria­li­en: Her­un­ter­la­den [pdf][803 KB]

 

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