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Material 5

Christliche Ethik – sich berühren lassen

D. Bonhoeffer: Jesus ruft in die Nachfolge

Jesus ruft in die Nachfolge, nicht als Lehrer und Vorbild, sondern als der Christus, der Sohn Gottes. So wird in diesem kurzen Text [gemeint ist Mk 2,14; die Berufung des Levi] Jesus Christus und sein Anspruch auf den Menschen verkündet, sonst nichts. Kein Lob fällt auf den Jünger, auf sein entschiedenes Christentum. Der Blick soll nicht auf ihn fallen, sondern allein auf den, der ruft, auf seine Vollmacht. Auch nicht ein Weg zum Glauben, zur Nachfolge ist gewiesen, es gibt keinen anderen Weg zum Glauben als den Gehorsam gegen den Ruf Jesu.

Was wird über den Inhalt der Nachfolge gesagt? Folge mir nach, laufe hinter mir her! Das ist alles! Hinter ihm hergehen, das ist etwas schlechthin Inhaltloses. Es ist wahrhaftig kein Lebensprogramm, dessen Verwirklichung sinnvoll erscheinen könnte, kein Ziel, kein Ideal, dem nachgestrebt werden sollte. Es ist gar keine Sache, für die es sich nach menschlicher Meinung verlohnte, irgendetwas oder gar sich selbst einzusetzen. Und was geschieht? Der Gerufene verlässt alles. Was er hat, nicht, um damit etwas besonders Wertvolles zu tun, sondern einfach um des Rufes willen, weil er sonst nicht hinter Jesus hergehen kann. Diesem Tun ist nicht der geringste Wert beigemessen. Es bleibt in sich selbst etwas völlig Bedeutungsloses, Unbeachtliches. Die Brücken werden abgebrochen. Und es wird einfach vorwärtsgegangen. Man ist herausgerufen und soll „heraustreten“ aus der bisherigen Existenz, man soll „existieren“ im strengen Sinne des Wortes [also im Sinne von ex=heraus – istemi=aus dem Gestellten, Gesetzten]. Das Alte bleibt zurück, es wird ganz hingegeben. Aus den relativen Sicherungen des Lebens heraus in die völlige Unsicherheit (d.h. in Wahrheit in die absolute Sicherheit und Geborgenheit der Gemeinschaft Jesu) aus dem Übersehbaren und Berechenbaren (d.h. dem in Wahrheit ganz Unberechenbaren) in das gänzlich Unübersehbare, Zufällige (d.h. in Wahrheit das einzig Notwendige und Berechenbare); aus dem Bereich der endlichen Möglichkeiten (d.h. in Wahrheit der unendlichen Möglichkeiten) in den Bereich der unendlichen Möglichkeiten (d.h. in Wahrheit in die einzig befreiende Wirklichkeit) ist der Jünger geworfen. Das ist wiederum kein allgemeines Gesetz, vielmehr das genaue Gegenteil von aller Gesetzlichkeit. Es ist abermals nichts anderes, als die Bindung an Jesus Christus allein, d.h. gerade die vollkommene Durchbrechung jeder Programmatik, jeder Idealität, jeder Gesetzlichkeit. Darum ist kein weiterer Inhalt möglich, weil Jesus der einzige Inhalt ist. Neben Jesus gibt es hier keine Inhalte mehr. Er selbst ist es.

Dietrich Bonhoeffer, Nachfolge (hier: Teil I, Der Ruf in die Nachfolge), Gütersloh 2013 (1992), S. 45-67, hier S. 45-47.

Arbeitsauftrag

Setzt Euch in der Gruppe mit dem Text auseinander und formuliert ausgehend vom Text Thesen (über Gott, Jesus, die Jünger/NachfolgerInnen und die Bibel/ das Wort, das Leben, Leid, Liebe), die aussagen, wie die wichtigsten Grundverhältnisse in der Welt nach Bonhoeffer eigentlich liegen.

Zum Beispiel: „Gott ist ohnmächtig in der Welt“.

Notiert Eure Stichpunkte in der Tabelle M9 zu Eurem Text und teilt den anderen Gruppen Eure Ergebnisse mit; sendet dazu Vertreter Eurer Gruppe in die anderen Gruppen.

Notiert Ihr die Ergebnisse, die Euch die Vertreter der anderen Gruppen erläutern.

 

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