Kritik der Selbstoptimierung
Bezug zu den Kompetenzen des Bildungsplans
Inhaltsbezogene Kompetenzen:
3.3.1 (3) zu Antwortversuchen auf die Sinnfrage Stellung nehmen (zum Beispiel Erfolgsstreben, Beziehungen, Selbstverwirklichung, Altruismus, Gottes- und Menschenliebe, Konsum, Glück)
3.3.2 (1) Konsequenzen ethischer Ansätze … aufzeigen
3.3.2 (2) das Verhältnis von Zuspruch und Anspruch als Grundzug christlicher Ethik anhand biblischer Texte entfalten
3.3.3 (1) sich mit Aspekten des Verständnisses biblischer Texte auseinandersetzen (zum Beispiel Historizität und Aktualität, Wahrheit und Widersprüche)
3.3.5 (1) Anstößigkeit und Aktualität der Bergpredigt erläutern (zum Beispiel neue Gerechtigkeit, Feindesliebe, Gewaltverzicht, Besitz, Stellung zur Thora)
Prozessbezogene Kompetenzen:
2.1.1. Situationen erfassen, in denen letzte Fragen nach Grund, Sinn, Ziel und Verantwortung des Lebens aufbrechen
2.2.1. religiöse Ausdrucksformen analysieren und sie als Ausdruck existentieller Erfahrungen verstehen
2.2.3. Texte, insbesondere biblische, sachgemäß und methodisch reflektiert auslegen
2.3.6. Modelle ethischer Urteilsbildung bewerten und sie beispielhaft anwenden
2.5.2. religiös bedeutsame Inhalte und Standpunkte medial und adressatenbezogen präsentieren
2.5.4. typische Sprachformen der Bibel und des christlichen Glaubens transformieren
Didaktischer Hinweis
Der Baustein schließt gedanklich im Sinne eines aufbauenden Lernens an die anthropologischen Fragestellungen aus der Einheit zum „gecasteten Menschen“ (Klasse 7/8) an und nimmt dort angelegte spielerisch-szenische Elemente (Casting-Situation) neu auf. Diese werden hier nun direkt umgesetzt: Über einen theologischen Text von Martin Ebner zu Statusverzicht und Diener-Sein Jesu informiert, entwirft eine Gruppe Bewerberprofile für die Nachfolge, die andere Gruppe die Werte der Auswahljury: Beide Gruppen werden nun diese Bewerberszene spielen. Über das Spiel sollte den SuS deutlich werden, welche Werte hier im christlichen Sinn gesetzt werden. Im Anschluss kann kontrastierend ein Text von Byung-Chul Han erarbeitet werden, der die aktuelle Situation des Menschen in der Informationsgesellschaft zwischen „Ausstellungswert“, Selbst-Präsentation und Selbstoptimierung unterstreicht. Wie aber sollen die SuS mit beiden Werte-Ansprüchen, die da an sie ergehen umgehen, welche Wege sind da möglich? Der abschließende Debattierclub-Schlagabtausch kann genau diese Frage thematisieren.
Problemeröffnung
Kreuzwegbild von Sieger Köder (M1): Simon trägt das Kreuz Jesu (vgl. Mk 15, 21).
UG anhand des Bildes und der Bildunterschrift aus Gal 6,2: „Einer trage des anderen Last, so werdet Ihr das Gesetz Jesu erfüllen“.
Impulse:
a) Erklärt, was es bedeuten kann, dass „Gesetz Jesu“ zu erfüllen.
b) Prüft, ob Paulus zu Recht von einem „Gesetz Jesu“ spricht, ob es wirklich ein solches gibt.
Didaktischer Hinweis
Mit den Fragen soll problematisiert werden, was inhaltlich mit dem „Gesetz Jesu“ (a) gemeint sein könnte, aber auch, ob sich überhaupt der Gesetzesbegriff auf Jesu Verkündigung (b) anwenden lässt. Tatsächlich will Jesus selbst ja keine dogmatische Gesetzestreue (vgl. Mk 2,27 // Mk 7,6).
Erarbeitung I
Ein theologischer Text zur markinischen Ethik von Martin Ebner (M2).
GA – SuS entwerfen ein Stellenprofil/Bewerberprofil für die Jüngerschaft Jesu und treten sich anschließend als Auswahlkomitee – BewerberIn gegenüber. Unterschiedliche Gruppen (à 3 oder 4) bereiten je eine Seite vor.
Es lohnt sich darauf hinzuweisen, dass sowohl innerhalb des Auswahlkomitees als auch innerhalb einer sich bewerbenden JüngerInnengruppe unterschiedliche Bewerter- bzw. Bewerbungsprofile möglich sind! [erinnere hier die letzte ZPG: Der gecastete Mensch].
Problemeröffnung 2
Bild eines springenden Menschen (M3), Bild eines Mädchens (M4), das in der Bildunterschrift als „Selbstoptimierer“ gekennzeichnet ist und deren Gesicht von einem Handy verdeckt wird.
Leitfrage M3: Zeigt mögliche Situationen und Bedeutungen solcher „Sprungbilder“ auf.
Leitfrage M4: Erklärt, warum es von Bedeutung sein könnte, dass das Gesicht des Mädchens nicht zu sehen ist.
Leitfrage zu beiden Bildern: Prüft, ob Ihr Euch selbst schon in ähnlichen Situationen befunden habt.
Erarbeitung II
Text von Byung-Chul Han (M5), der Ausstellungswert und Selbstoptimierung als Zeichen unserer Zeit thematisiert und kritisiert.
PA (bei schwächeren Gruppen auch gelenktes UG) nach Lektüre des Textes):
Arbeitsauftrag: Entwerft in Partnerarbeit in einer Tabelle eine Gegenüberstellung der beiden unterschiedlichen Menschenbilder von Jesus-NachfolgerIn bzw. modernem Ausstellungs-Menschen.
mögliche Lösung in M5*
Ergebnissicherung/Transfer
Podiumsdiskussion im Sinne eines Debattierclub-Schlagabtausches: Zwei Rednergruppen von der Lehrkraft per Zufall eingeteilt, jede/r aus den beiden Gruppe muss einmal gesprochen haben, bevor jemand ein zweites Mal sprechen darf – wer spricht, steht und setzt sich danach wieder. Die Gruppen reden durchgängig im Wechsel.
Eine Beobachtergruppe notiert die Argumente (spätere Vorlage für alle), teilt Beobachtungen mit, und wertet die Diskussion sehr vorsichtig aus.
Impulsfrage für die Debatte: Kann man heute noch ein/e echte Jesus-NachfolgerIn sein, oder muss man zwangsläufig – allein, um zur Gruppe zu gehören – ein moderner und selbstoptimierter „Ausstellungs-Mensch“ im Sinne Byung-Chul Hans werden?
Transfer/Hausaufgabe: Diskutiert a), ob und unter welchen Bedingungen das Sonntags-Café für obdachlose Drogenabhängige in der Kirche (vgl. M6) eine mögliche Antwort auf die von Ebner aufgezeigten ethischen Vorstellungen des Markusevangeliums ist und b) ob ein Engagement für ein solches Café nicht auch genauso gut von einem sprungbegeisterten Selbstoptimierer veranstaltet werden könnte.
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