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Lösungshinweise

Infobox

Diese Seite ist Teil einer Materialiensammlung zum Bildungsplan 2004: Grundlagen der Kompetenzorientierung. Bitte beachten Sie, dass der Bildungsplan fortgeschrieben wurde.


Material: „Dammbau“

2) Führen Sie eine Fallanalyse durch, um ethisch zu entscheiden, ob der Damm gebaut werden soll.

2 a) Benennen Sie zunächst Beteiligte und Betroffene sowie deren Interessen und Ziele. (06 VP)
Beteiligte / Betroffene: Staat, Arbeitskräfte, Wanderer, Wildwasser-Floßfahrer;
Pflanzen (Huonkiefer), Tiere (Beutelmaus); Interessen und / oder  Ziele: Staat:  
Industrieaufbau, Schaffung von Arbeitsplätzen, Energiegewinnung, Wirtschaftswachstum; Wanderer / Wildwasser-Floßfahrer : Freizeit, Erholung, Regeneration,   
Naturerlebnis, Gesundheit, Abenteuer; Tiere / Pflanzen: Überleben, Selbsterhaltung

2 b) Arbeiten Sie die Werte heraus, die den jeweiligen Interessen und Zielen zugrunde liegen. (08VP)

  • Staat: Wohlstand und Zufriedenheit der Bevölkerung bzw. individuell / Wähler, wirtschaftlicher Fortschritt, Aufbau der Industrie, Nutzen
  • Arbeitskräfte: individuelle Zufriedenheit, Sicherheit und Wohlstand, sicheres   Einkommen, gelingendes / gutes Leben (Selbstverwirklichung)
  • Wanderer / Wildwasserfloßfahrer: gutes Leben, Erholung / Entspannung, Gesundheit, Selbstverwirklichung, ästhetisches Empfinden
  • Tiere / Pflanzen: Leben / Überleben,  evt. Eigenwert (intrinsischer Wert), instrumenteller Wert, Artenvielfalt

2 c) Ordnen und gewichten Sie die Werte. / Wägen Sie konkurrierende Werte gegeneinander ab. / Erläutern Sie die auftretenden Wertkonflikte  (08VP)

Ordnung 1: Konkurrierende Werte:
ökonomische vs. ökologische Werte; Wohlstand des Staates vs. Leben von Tieren u. Pflanzen; Nutzen, Wert von Arbeitsplätzen, größeres Pro-Kopf-Einkommen vs. Freizeit- und Erholungswert; Sicherheit u. Wohlstand vs.  Naturerlebnis, Entspannung, langfristiges Interesse am Erhalt der Landschaft; evtl. Konkurrenz innerhalb eines Wertes: gutes Leben ... für Wanderer ≠ ... für Arbeiter ≠ ... für Pflanzen und Tiere.

oder Ordnung 2: Typen von Werten:

  • Nutzen; 
  • eudaimonistische Werte: gutes, gelingendes Leben;
  • moralische Werte: Achtung, Ehrfurcht, Respekt

Abwägung: Ohne ökonomische Sicherheit ist kein gutes Leben mit Erholung etc. möglich. Wenn alles primär unter den ökonomischen Werten (Nutzen) betrachtet wird, dann besteht die Gefahr, dass ein unersetzbares Gut wie die Natur geopfert wird.

Langfristige Folgen haben Vorrang vor kurzfristigen Interessen: der Bau eines Dammes verändert eine „wilde“ Landschaft in nicht mehr rückgängig zu machender Weise, womit auch nachfolgenden Generationen etwas weggenommen wird, wohingegen die Arbeiter evtl. woanders Arbeit finden könnten; die Nichtberücksichtigung von Interessen weniger sollte als kleineres Übel betrachtet werden gegenüber den irreversiblen Folgen für folgende Generationen.

[Längerfristig sollten bei diesem Abwägungsschritt c) Faust- bzw. Vorrangregeln für Güterabwägungen beachtet werden; diese müssen aber erst im Unterricht implementiert sein; z.B.: Heiligt der Zweck die Mittel? Größeres Gut vor kleinerem; kleines vor größerem Übel; reversible vor irreversiblen Folgen, langfristiger vor kurzfristigerem Nutzen; moralische vor eudaimonistischen vor rechtlichen vor Nutzen-Werten; Verhältnismäßigkeit? „recht und billig“? vgl. Hilfe 2]

2 d) Erklären Sie, mit welcher Position der Moralphilosophie (ökologischer Ethik) die Bevorzugung eines bestimmten Wertes gerechtfertigt werden kann. (08 VP)

Es könnten alle vier naturethischen Positionen zur Bevorzugung des Naturerhaltes bzw. des Naturschutzes herangezogen werden, jedoch unterschiedlich fundiert.

Anthroprozentrismus:  Der Erhalt der Natur und Arten nur instrumentell bezogen auf das Wohl des Menschen.

Pathozentrismus: Schutz der Vögel (Leiden: erschwerte Futtersuche, geringere Reproduktionsrate…), kein Schutz der Bäume.

Biozentrismus: Respektierung alles Lebendigen, inklusive Bäume

Holismus: Schutz der gesamten Landschaft / Achtung der gesamten Natur

Moralphilosophische Begründungen : Ein Präferenzutilitarist (P. Singer) könnte die Interessen aller Beteiligten u. Betroffenen berücksichtigen.  Das Interesse der Pflanzen, niederen Tiere und des gesamten Ökosystems muss nicht abgewogen werden.

Klassischer Utilitarismus (J. Bentham): Jeder zählt als einer, auch Tiere.

Neoaristotelische Position (M. Nussbaum): capability -Ansatz, Bedingungen für gutes Leben. Deontologischer Ansatz: („unvollkommene“) Pflichten gegenüber der Natur

Jonas: Verpflichtung gegenüber zukünftigen Generationen (neuer Imperativ)

2 e) Nehmen Sie abschließend begründet  Stellung zu der Frage, ob der Damm gebaut werden soll.  Beziehen Sie sich bei Ihrer Begründung auch auf eine alternative Position  der Moralphilosophie oder der ökologischen Ethik. (10 VP)

Hierbei handelt es sich um eine offene Aufgabe, die zu bewerten ist nach den Kriterien

  • Problembewusstsein
  • Begriffliche Klarheit und Differenziertheit
  • fall - und problembezogene [!] Anwendung von moralphilosophischem und ethischem Wissen
  •  Plausibilität und Stringenz der Begründung des eigenen Standpunkts.

Einbettung der Fallanalysen-Teilaufgabe (hier: Teilaufgabe 2) in die Gesamtaufgabenstruktur:

Der Fallanalysen-Teilaufgabe können weitere Teilaufgaben vorangestellt oder nachgestellt werden.

Vorangestellt werden können Aufgaben aus dem (EPA-)Anforderungsbereich I,
z.B.

1. Ordnen Sie folgende Aussagen einem der Ansätze der ökologischen Ethik zu .

„Wenn ein Wesen leidet, kann es keine moralische Rechtfertigung für die Weigerung geben, dieses Leiden zu berücksichtigen; wenn ein Wesen nicht fähig ist, zu leiden, bzw. zu genießen, gibt es nichts zu berücksichtigen.“   (04 VP)

Nachgestellt werden können Aufgaben aus dem (EPA-)Anforderungsbereich I und II
z.B.

3 a) Skizzieren Sie die verantwortungsethische Position von Hans Jonas.(08 VP)

3 b) Stellen Sie Jonas‘ neue Imperative dem Kategorischen Imperativ Kants gegenüber. ( 08 VP)