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Vorschlag für neue Akzente

Konzentration auf das, was Sokrates zum vernünftigen Argumentieren in Sachen Moral beitragen kann. Er beschreibt als sog.

Logos-Prinzip

  • die kritische Prüfung von Wissensansprüchen
  • die gemeinsame Suche nach Wissen in Fragen der Ethik
    • Wie soll man leben? Was ist Tugend? Soll ich fliehen?
  • eine Technik, wie gedankliche Folgerungen geprüft werden können
    • Widerspruchsfreiheit?
    • Triftiger Syllogismus?
  • eine Technik, wie allgemeine(Wert-)Begriffe geklärt werden können
    • Was ist das Wesentliche/Allgemeine an X?
    • In welchen Situationen hat ein Mensch die Eigenschaft X?
    • Ist ein Definitionsvorschlag zu eng/zu weit? Methode der Gegenbeispiele
    • Welches sind die notwendigen / hinreichende Bedingungen für X?
    • Teil und Ganzes, Art und Gattung zu sind leicht zu verwechseln!
  • begründete Überzeugung von der Richtigkeit bestimmter Handlungsgrundsätze
    • Unrecht tun ist schlimmer als Unrecht erdulden.
    • Recht leben ist wichtiger als überleben.
  • ein handwerkähnliches Können, das sich in der Lebenspraxis bewähren muss
    • als Selbstbefragung am Maßstab der Tugend
    • als ständige Selbstsorge um das 'Wohl der Seele'

Für die Erarbeitung dieser sokratischen Komponenten vernunftgeleiteten Argumentierens empfiehlt sich, den bisherigen (Schulbuch-) Textkanon zu modifizieren sowie die Textform zu adaptieren:

Passagen aus Platon-Dialogen favorisieren, in denen Sokrates nicht nur destruktiv das Scheinwissen anderer entlarvt, sondern konstruktiv für eigene ethische Überzeugungen eintritt. Das ist der Fall z.B. in APOLOGIE; KRITON; GORGIAS; MENON; PHILEBOS. 
Lernen die Schüler durch eine Textstelle besser als ohne sie? Weder Platons Text noch Schleiermachers Übersetzung sind sakrosankt, dürfen also und sollten für Unterrichtszwecke präpariert, gekürzt und paraphrasiert werden ... wie es z.B. G. Matthews für seine philosophischen Gespräche mit Kindern praktiziert hat.

Wenn im Folgenden Texte vorgeschlagen werden, so nicht, um einen textzentrierten Unterricht zu favorisieren. Die Texte haben die Funktion von Dialogpartnern bei der angeleiteten Problemerarbeitung und Problemvertiefung, sei es im Sinne des sog. Bonbon-Modells der Lernschrittplanung oder in jedwedem anderen Modell der Unterrichtsplanung, das Problemorientierung, induktives Vorgehen, Lebensweltorientierung, Anschaulichkeit und Exemplarität privilegiert.

Texte werden hier nur deshalb in extenso präsentiert, um zu plädieren für eine Variation und Ausweitung des sokratischen Textkanons sowie für Technik des Präparierens der Texte für Unterrichtszwecke im Fach Ethik in Jg. 9/10.

Schließlich könnte es paradox erscheinen, sich gerade der sokratischen Ethik über Texte anzunähern, wo doch der Gründervater unseres Faches vorsätzlich Gespräche geführt und keine Texte verfasst hat. Doch bleiben die authentischsten Zeugnisse von Sokrates’ Wirken eben die kunstvoll geschriebenen Dialoge seines Schülers Platon und das Aneignen und Anwenden sokratischer Praktiken setzt ein genaueres Verstehen seiner Techniken der Begriffsklärung und Argumentation voraus, dem Führen (neo-)sokratischer Gespräche sollte ein hermeneutisches Bemühen um die sokratische Methode und eine Analyse seiner vernunftgeleiteten Argumentation vorausgehen.

Erst dann verfügt man auch über Kriterien zur Beurteilung (neo-)sokratischer Gespräche, deren Spezifik sich auch in den Augen der Schülerinnen und Schüler abheben sollte vom Debating, von Varianten des fragend-entwickelnden Unterrichtsgesprächs und von sonstigen Formen von Diskussionen.

Für alle im Folgenden vorgeschlagenen Auszüge aus platonischen Dialogen gilt also, dass sie eingebettet sein müssen in eine Reihe von Lernschritten, deren roter Faden den üblichen didaktischen Prinzipien folgt. Eine Orientierung über Lernschritte bieten in vergleichbarer Weise die Systematik der prozessbezogenen Kompetenzen des Bildungsplans 2016, die frühere Kompetenz-Spirale, das Schritte-Schema zur Durchführung einer Fallanalyse, das sog. Bonbon-Modell, die Bausteine einer gelungenen Unterrichtsstunde.

Also etwa im folgenden Sinn:

Modell:Hinführung
Problemwahrnehmung, wahrnehmen & sich hineinversetzen

Problemfeststellung

Vertiefung
intuitive Problemlösung, analysieren & interpretieren

angeleitete Problemlösung z.B. mittels Textarbeit, argumentieren & reflektieren

Ergebnissicherung

Transfer
Bewertung des Ergebnisses, beurteilen & sich entscheiden

Erneute Problematisierung

Umsetzungsbeispiel Sokrates: Herunterladen [docx][117 KB]