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Problem analysieren

Geben wir freiwillig Daten im Netz preis?

„Du wunderst Dich darüber, wenn Du im Internet surfst, dass Dir als Werbung bestimmte Produkte gezeigt werden. Zum Beispiel werden Dir Computerspiele, CDs, Bücher, Sportschuhe, zum Kauf empfohlen. Wenn Du etwa auf Amazon etwas bestellen willst, siehst Du, was andere Kunden (auch) gekauft haben. Damit wird versucht Einfluss auf Deine Kaufentscheidung zu nehmen. Dieses liegt daran, dass das Netz u.a. mittels sogenannter Cookies Daten über Dich gespeichert hat. Immer wenn Du im Internet eine Seite besuchst, wird dieser Vorgang gespeichert. So weiß das Netz, welche Seiten du besonders häufig aufrufst.“

Autorentext

 

Arbeitsaufträge

  1. Weitere Einflussmöglichkeiten des Netzes auf unsere Entscheidungen bestehen darin, die Zahl der Wahlmöglichkeiten im Netz einzuschränken, bestimmte Optionen als von wenigen Personen gewählte oder als schlecht bewertete zu präsentieren. Prüft, ob Ihr Euch schon einmal durch Werbung zum Kauf eines Produkts im Netz habt verleiten lassen.
  2. Diskutiert, wie frei Ihr beim Kauf eines Produkts im Internet seid.
  3. Recherchiert mithilfe des Internet die Arbeitsweise von Cookies (vgl. z. B. https://www.vis.bayern.de/daten_medien/datenschutz/cookies.htm, 5.4.2017). Problematisiert die Funktionen von Cookies.

 

Der Journalist und Blogger Christian Heller (*1984) zeigt in seinem Buch „Post Privacy“, wie die sexuelle Orientierung im Netz ermittelt wird.

 

„Nehmen wir mal an, Herr Meyer sei homosexuell. Er will nicht, dass sein Facebook-Umfeld davon erfährt. […] Er zieht klare Grenzen, was er der Welt mitteilen möchte und was nicht. Die Angabe, homosexuell zu sein, wird er in seinem Profil sicher nicht machen. Herr Meyer geht sogar noch weiter: Er versucht, gar nicht erst einen Eindruck von möglicher Homosexualität aufkommen zu lassen. Er wird sich hüten, Fotos vom letzten Christopher Street Day auf Facebook einzustellen oder andere Vorlieben publik zu machen, von denen er glaubt, sie könnten in dieses oder jenes Schwulen-Klischee passen. Mit solchen Vorsichtsmaßnahmen glaubt er sich einigermaßen sicher. Seine sexuelle Orientierung ist privat, und das soll sie auch bleiben.

Er hat seine Rechnung allerdings ohne die Tüftler vom «Massachusetts Institute of Technology» (MIT) gemacht. Dort hat man ein Verfahren entwickelt, um die Homosexualität von Männern mit Facebook-Profil mit hoher Wahrscheinlichkeit zu ermitteln, selbst wenn sie weder Fotos einstellen noch Vorlieben egal welcher Art verkünden. Alles, was man dafür braucht, ist eine Analyse ihres sozialen Umfelds auf Facebook: Dort ist man ja vor allem, um mit Freunden, Verwandten und Bekannten in Kontakt zu bleiben. Oft genug (es lässt sich abstellen, aber so besorgt sind nur wenige) führt man sie sogar in einer für alle Welt sichtbaren Freundesliste auf. Am MIT fand man nun heraus: Ob ein Student schwul ist, lässt sich näherungsweise vorhersagen über einen bestimmten Anteil von Männern unter seinen Facebook-Freunden, die sich auf ihren eigenen Profilen als schwul outen.“

(Heller, Christian (2011): Post Privacy: Prima leben ohne Privatsphäre. München: C. H. Beck, S. 11f.) [Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von C.H. Beck]

 

Arbeitsaufträge

  1. Beschreibt die Bestimmung der sexuellen Orientierung mithilfe der Daten im Netz.
  2. Erläutert mithilfe des Internet den Begriff und die Funktionsweise von „Algorithmen“ (vgl. z.B. https://www.blm.de/aktivitaeten/medienkompetenz/materialien/algorithmenbroschuere.cfm, 5.4.2017).
  3. Vergleicht die „algorithmische“ Arbeitsweise des Internet zur Erkenntnisgewinnung mit anderen Formen zu Erkenntnissen zu kommen.
  4. Nehmt zur „algorithmischen“ Erkenntnisgewinnung anhand von Beispielen Stellung.

 

Der Politik- und Rechtswissenschaftler Andrew Roberts, Professor an der Universität Melbourne, erläutert, wie der Mensch im digitalen Zeitalter bei seinen Entscheidungen manipuliert werden kann.

 

„Die Daten, die aus unserer Kommunikation und unseren Browserverläufen gesammelt werden, versorgen diejenigen, die Zugang zu ihnen haben, wahrscheinlich mit Informationen über die Anzahl und Art unserer Beziehungen, unseren Finanzstatus, unsere politischen Ansichten, unsere Religion, unsere sexuelle Orientierung, unsere Meinung über andere, unsere Ängste, unsere Vorlieben, unsere Schwächen und über alle möglichen großen und kleinen Ziele, die wir im Leben haben. […] Unsere Kommunikationsdaten und unser Browserverlauf offenbaren wahrscheinlich mehr, als unsere engsten Vertrauten über uns wissen. Je mehr über uns bekannt ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich irgendwann die Gelegenheit bietet, auf eine der verschiedenen […] Weisen in unsere Entscheidungen einzugreifen. […] Es ist nicht schwer sich Umstände vorzustellen, in denen der Erwerb von Informationen über die Befürchtungen, Sehnsüchte, Ambitionen und Ängste einer Person jeden, der diese Informationen besitzt, in der Lage versetzt, die Entscheidungen dieser Person zu manipulieren. Wenn ich zum Beispiel verhindern möchte, dass Sie eine bestimmte Entscheidung treffen, kann ich Ihnen suggerieren, dass die Wahl dieser Option Sie in eine Lage bringen wird, von der ich weiß, dass sie Ihnen Angst macht. Im gleichen Atemzug kann ich die Wahrscheinlichkeit herunterspielen, dass Sie von der Wahl dieser Option profitieren werden. […]

Das [menschliche] Gedächtnis zerfällt und die in ihm gespeicherten Informationen werden üblicherweise nur an relativ wenige Menschen weitergegeben. […] Informationen in einer elektronischen Datenbank dagegen können nicht selten für Jahrzehnte jederzeit abgerufen werden und von allen möglichen Personen zu allen möglichen Zwecken verwendet werden. Je mehr Leute Zugang zu den Informationen eines Individuums erhalten, desto größer wird seine Abhängigkeit. Es ist auf die Integrität*, den guten Willen und das Wohlwollen nicht nur einer Person, sondern vieler angewiesen.“

(Roberts, Andrew (2016): Privatheit und republikanische Freiheit. [Übersetzung von Theresa Friedlmeier und Sebastian Esch]. In: WestEnd 13 H. 1, S. 119-131, hier: S. 126, 123, 127) [Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von Andrew Roberts und den Übersetzern Theresa Friedlmeier und Sebastian Esch]

 

*Unbestechlichkeit

 

Arbeitsaufträge

  1. Was der Netz alles über einen weiß, zeigt das Beispiel von einer Bewerberin, die einen guten Job bei einer internationalen Firma in Aussicht hatte, bis von ihr gepostete Partybilder auftauchten, worauf die Firma den Vertrag kündigte. Recherchiert weitere Beispiele dafür, dass die Informationen des Netzes, Einfluss auf die Entscheidungs- und Handlungsmöglichkeiten von Menschen nehmen.
  2. Erarbeitet die Unterschiede zwischen dem menschlichen Gedächtnis und dem „digitalen Gedächtnis“.
  3. Stellt Argumente, die für und gegen ein „digitales Gedächtnis“ sprechen, dar. Systematisiert und gewichtet die Argumente.
  4. Auch wenn viele Schülerinnen und Schüler sich oft per WhatsApp eine Nachricht schicken, ist Lehrerinnen und Lehrern die dienstliche Nutzung der Kommunikationsplattform WhatsApp in baden-württembergischen Schulen nicht erlaubt. Erläutert mithilfe des Netzes (vgl. http://www.it.kultus-bw.de/,Lde/1653651, 5.4.2017) die Argumentation des baden-württembergischen Kultusministeriums für diese Regelung.

 

PbK

2.2 Analysieren und interpretieren

2.2.1 Informationen aus verschiedenen Quellen als Denkanstoß für die Deutung ethischer Sachverhalte erschließen

2.2.8 Argumentationen für die Deutung ethisch-moralischer Sachverhalte erarbeiten und einordnen

2.3. Argumentieren und reflektieren

2.3.1 sich zu ethisch relevanten Themen, Frage- und Problemstellungen äußern und eine Position argumentativ darlegen

 

IbK

3.2.3.1 (1) die welterschließende und weltverändernde Wirkung von Medien in einer zunehmend digitalisierten Welt beschreiben und diskutieren

3.2.4.2 (1) den Menschen als Kulturwesen beschreiben und sich mit möglichen Auswirkungen auf sein Selbstverständnis (zum Beispiel Leiblichkeit, Moralität) auseinandersetzen

 

 

Machen Smartphones unser Leben freier oder abhängiger?: Herunterladen [docx][67 KB]

 

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