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Brau­chen wir noch eine Pri­vat­sphä­re?

Ar­beits­auf­trä­ge

  1. Be­stimmt mit­hil­fe des In­ter­net Ar­gu­men­te, die von den Ver­tre­tern der „Post-Pri­va­cy“-Be­we­gung für eine grund­sätz­li­che Preis­ga­be von Pri­vat­heit an­ge­führt wer­den.
  2. Ana­ly­siert mit­hil­fe des Toul­min-Sche­mas (vgl. leh­rer­fort­bil­dung-bw.de/, 5.4.2017) die Ar­gu­men­ta­tio­nen der Be­für­wor­ter einer sol­chen Ge­sell­schaft und prüft die Ar­gu­men­ta­tio­nen auf Schlüs­sig­keit.

Der Phi­lo­soph und So­zio­lo­ge Georg Sim­mel (1858-1918) setzt sich in sei­nem Buch „So­zio­lo­gie“(1908) mit der Be­deu­tung des Ge­heim­nis­ses aus­ein­an­der:

„Wie das ma­te­ri­el­le Ei­gen­tum gleich­sam eine Aus­deh­nung des Ich ist […] und wie des­halb jeder Ein­griff in den Be­sitz­stand als eine Ver­ge­wal­ti­gung der Per­sön­lich­keit emp­fun­den wird, gibt es ein geis­ti­ges Pri­vat­ei­gen­tum, des­sen Ver­ge­wal­ti­gung eine Lä­die­rung des Ich in sei­nem Zen­trum be­wirkt. […] Das Ge­heim­nis, […] das […] Ver­ber­gen von Wirk­lich­kei­ten, ist einer der größ­ten Er­run­gen­schaf­ten der Mensch­heit; ge­gen­über dem kin­di­schen Zu­stand, in dem jede Vor­stel­lung so­fort aus­ge­spro­chen wird, jedes Un­ter­neh­men allen Bli­cken zu­gäng­lich ist, wird durch das Ge­heim­nis eine un­ge­heu­re Er­wei­te­rung des Le­bens er­reicht, weil vie­ler­lei In­hal­te des­sel­ben bei völ­li­ger Pu­bli­zi­tät* über­haupt nicht auf­tau­chen kön­nen. Das Ge­heim­nis bie­tet so­zu­sa­gen die Mög­lich­keit einer zwei­ten Welt neben der of­fen­ba­ren. Die Welt des pri­va­ten Le­bens wird von der Welt des öf­fent­li­chen Le­bens auf das stärks­te be­ein­flusst, und diese wird von jener auf stärks­te be­ein­flusst. Es cha­rak­te­ri­siert jedes Ver­hält­nis zwi­schen zwei Men­schen oder zwi­schen zwei Grup­pen, ob und wie­viel Ge­heim­nis in ihm ist.“

(Sim­mel, Georg (1908): So­zio­lo­gie. Un­ter­su­chun­gen über die For­men der Ver­ge­sell­schaf­tung. Ber­lin: Duncker & Hum­blot, S. 266, 272)

*Be­kannt­sein

Ar­beits­auf­trä­ge

  1. Er­ar­bei­tet mit­hil­fe des Tex­tes von Sim­mel eine De­fi­ni­ti­on von „Pri­vat­heit“.
  2. Be­grün­det, warum Sim­mel das Ge­heim­nis zu den „größ­ten Er­run­gen­schaf­ten der Mensch­heit“ zählt.
  3. Ver­fasst einen fik­ti­ven Brief von Sim­mel an einen Ver­tre­ter der „Post-Pri­va­cy“-Be­we­gung, in dem der Phi­lo­soph Stel­lung nimmt zu der Frage, ob die Pri­vat­sphä­re voll­stän­dig auf­ge­ho­ben wer­den soll­te.
  4. Ent­wi­ckelt ei­ge­ne ethi­sche Re­geln für den Um­gang mit per­sön­li­chen Ge­heim­nis­sen und be­grün­det Eure Ent­schei­dun­gen.

Der So­zio­lo­ge und So­zi­al­psy­cho­lo­ge Ha­rald Wel­zer (*1958) be­schreibt in einem In­ter­view die Aus­wir­kun­gen der Di­gi­ta­li­sie­rung auf ein selbst­be­stimm­tes Leben:

„Zu­nächst ist Selbst­be­stim­mung, als eine Form von Frei­heit, immer be­droht. Denn sie ist an be­stimm­te ge­sell­schaft­li­che Ord­nun­gen ge­bun­den und diese Ord­nun­gen kön­nen ver­än­dert wer­den. Frei­heit­li­che Ge­sell­schaf­ten kön­nen zu Dik­ta­tu­ren wer­den, das wis­sen wir. […] Zu Frei­heit und de­mo­kra­ti­scher Selbst­be­stim­mung ge­hört ganz we­sent­lich Pri­vat­heit. Und diese Pri­vat­heit ist im Ver­schwin­den be­grif­fen. Sie wird er­setzt durch eine merk­wür­di­ge Form von Trans­pa­renz, ja sogar die For­de­rung nach mehr Trans­pa­renz. Darin be­steht eine große Ge­fahr. […] Die Grund­la­gen einer frei­heit­li­chen Ge­sell­schaft wer­den der­zeit unter der Hand auf­ge­ho­ben. Das pas­siert ganz all­täg­lich, ohne dass wir es be­mer­ken. […] Es ist schon in­ter­es­sant, dass im di­gi­ta­len Be­reich […] voll­kom­me­ne Will­fäh­rig­keit herrscht. Egal, kli­cke ich halt „ak­zep­tiert“. Was ge­schieht da? Worin liegt die spe­zi­el­le Ver­füh­rung? Was bie­ten die Apps ei­gent­lich Be­son­de­res an?

Im Kern geht es geht es wohl um ein Op­ti­mie­rungs­an­ge­bot: Wir ma­chen das Leben bes­ser! Und zwar im Sinne der Be­quem­lich­keit: Wir ma­chen dein Leben da­durch bes­ser, dass wir es be­que­mer ma­chen, da­durch, dass wir dich un­zu­stän­dig ma­chen!“

(Wel­zer, Ha­rald (2016). In: Ders./Rein­hard Mer­kel [Ge­spräch auf der phil.​co­lo­gne]: Das Ende der Au­to­no­mie? In: Phi­lo­so­phie Ma­ga­zin Nr. 3, S. 26-31, hier: S. 27f.) [Ver­öf­fent­li­chung mit freund­li­cher Ge­neh­mi­gung von Ha­rald Wel­zer und der phil.​co­lo­gne]

Ar­beits­auf­trä­ge

  1. Er­läu­tert, was eine frei­heit­li­che Ge­sell­schaft von einer Dik­ta­tur un­ter­schei­det.
  2. Be­stimmt, wel­che Form von Frei­heit („Frei­heit von“, „Frei­heit zu“) Wel­zer in dem Text meint.
  3. Stellt in einer Ar­gu­men­ta­ti­ons­skiz­ze dar, wie Wel­zers be­grün­det, dass wir in einer „smar­ten Dik­ta­tur“ leben.
  4. Un­ter­sucht Wel­zers Ar­gu­men­ta­ti­on für seine These von der „smar­ten Dik­ta­tur“ auf Schlüs­sig­keit.
  5. Er­ar­bei­tet ein Streit­ge­spräch zwi­schen Wel­zer und Al­zaa­lan über die Frage, ob wir in einer „smar­ten Dik­ta­tur“ leben.

Ma­chen Smart­pho­nes unser Leben frei­er oder ab­hän­gi­ger?: Her­un­ter­la­den [docx][67 KB]