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Generisches Lernen

Infobox

Diese Seite ist Teil einer Materialiensammlung zum Bildungsplan 2004: Grundlagen der Kompetenzorientierung. Bitte beachten Sie, dass der Bildungsplan fortgeschrieben wurde.

Der Begriff „Genre“, auf den sich das Konzept des generischen Lernens bezieht, ist uns eigentlich aus der Kunst geläufig – wir verbinden damit etwa literarische Genres wie Epik, Dramatik, Lyrik, oder beispielsweise die Genres Stillleben oder Landschaftsmalerei in der Bildenden Kunst. Gemeint ist jeweils eine (künstlerische) Ausdrucksform, die bestimmten Regeln und Konventionen folgt. Die Fremdsprachendidaktik wendet dieses Konzept auf verschiedenen Textsorten an und macht es sich zunutze. [1] Wer weiß, was einen Text ausmacht, kann seine eigene Produktion – sowohl die schriftliche als auch die mündliche - nach paradigmatischen Vorlagen gestalten. Generisches Lernen meint somit Lernen am Modell.

Ziel des Fremdsprachenunterrichts ist die Kommunikationsbereitschaft und -fähigkeit, d.h. auch die Fähigkeit, in bestimmten kommunikativen Kontexten die jeweils angemessenen sprachlichen Handlungen zu vollziehen. Dabei ist die mündliche Kommunikation immer mehr in den Fokus geraten. Gerade im Bereich der Mündlichkeit ist das Automatisieren von sprachlichen Handlungen, von Sprechakten, von essenzieller Bedeutung. Diese Einsicht greift das Konzept des Generischen Lernens auf; es geht davon aus, dass sprachliche Interaktion Übereinkünften und Regeln folgt, dass nicht nur schriftliche Diskurse in Genres unterteilt werden können, sondern dass dies auch für mündliche Diskurse möglich ist. Gespräche in zahlreichen Situationen sind demnach nach erkennbaren Regeln aufgebaut, folgen bestimmten (kulturellen) Konventionen und weisen sich wiederholende Strukturen auf. So können bestimmte Gesprächsformen immer wieder den gleichen Verlauf nehmen (z.B. Verkaufsgespräche oder Gespräche im Restaurant, aber auch Smalltalk oder Bewerbungsgespräche). In der Muttersprache haben wir - oft unbewusst - eine Vorstellungen davon, wie bestimmte Diskurse ablaufen; in der Fremdsprache gilt es nun, diese Strukturen bewusst zu machen und das sprachliche Material zur Verfügung zu stellen, einzuüben und zu automatisieren, das für den Ablauf des Diskurses notwendig ist, mit dem Ziel, dass sie den Lernen in der authentischen Gesprächssituation so geläufig sind, dass es ihnen leichter fällt, sich auf den – je nach Situation unterschiedlichen – Inhalt zu konzentrieren.

Damit dienen die Texte eines Lehrbuchs nicht nur der Einführung von neuem Vokabular oder zu erlernenden grammatischen Strukturen, sondern können Vorlage und Modell für die Erarbeitung generischer Merkmale sein.

Zu diesen Merkmalen gehören:

  • der Aufbau eines Textes / eines Gesprächs
  • die Funktion der Textteile/Gesprächsbeiträge (Sprechakte)
  • die Verwendung bestimmter sprachlicher Formen/grammatischer Strukturen mit einem bestimmten kommunikativen Ziel
  • Redemittel, die in der vorgegebenen Gesprächssituation besonders hilfreich sind

Selbstverständlich sind auch „Nicht-Lehrbuch-Texte“ als Modell für die Sprachproduktion der Schüler geeignet.

Wolfgang Hallet schlägt für die Behandlung eines Textes ein 5-schrittiges Vorgehen vor:

  1. Festlegen des Kontextes (situative Einbettung)
  2. Herausarbeiten und Bewusstmachung der Formen, Strukturen und
  3. Regelmäßigkeiten, die für den Text konstitutiv sind
  4. Erstellen eines Textes nach dem zuvor erarbeiteten Muster
  5. Individuelle Textproduktion; Selbst- und Peer-Evaluation
  6. Transfer in andere Kontexte, in denen gleichartige Texte gebräuchlich sind

Übertragen auf Lehrbuchtexte bedeutet das:

  1. Aktivierung des Vorwissens zum Kontext; Formulieren von Hör- bzw. Leseerwartungen (actividades antes de la lectura/audición)
  2. Erste Präsentation und Global-, ggf. Detailverstehen des Textes (Übungen im Lehrbuch); Stellen einer tarea final , die in der Präsentation eines gleichartigen Textes besteht
  3. Herausarbeiten der Formen, Strukturen und Regelmäßigkeiten
  4. Ggf. Einüben der Strukturen (Übungen im Lehrbuch, ggf. Zusatzmaterial für differenzierte Förderung)
  5. Erstellen eigener Texte in EA oder PA
  6. Präsentieren, Überarbeiten und Einüben der Texte in GA
  7. Präsentation und Evaluation im Plenum
  8. Evtl. mündliche Prüfung > Übertragen der Formen, Strukturen und Regelmäßigkeiten in andere, aber ähnliche kommunikative u. situative Kontexte

Methodisch bieten sich vor allem verschiedene Vorgehensweisen bzw. Visualisierungsmöglichkeiten an.

  • Dialogrekonstruktion: Darbietung des Einzelteile des Textes in vertauschter Reihenfolge); wichtig sind dabei Analyse und Reflexion (Woran wurde die richtige Reihenfolge der Einzelteile erkannt? Welches ist jeweils ihre Funktion?)
  • Flow Charts: Ablaufdiagramme, die den Gesprächsverlauf visualisieren und rekonstruierbar machen
  • Sprechaktanalyse: Analyse der Funktion der einzelnen Äußerungen bzw. bestimmter sprachlicher Mittel (evtl. in Form von Zuordnungsaufgaben)
  • Tabellen / Praxeogramme
  • Listen mit Redemitteln (geordnet nach Sprechakten)

Weiter mit Arbeit mit Flow Charts

Generisches Lernen: Herunterladen [docx][159 KB]


[1] Vgl.: Wolfgang Hallet: Generisches Lernen. In: FU Englisch, 114/2011, S. 2-7