Umsetzungsbeispiel 6 – PHILEBOS
Vorbemerkung
Beim Dialog PHILEBOS handelt es sich um einen der spätesten Dialoge Platons, in dem Sokrates zum letzten Mal als wichtigster Gesprächspartner auftritt. Der Text im Ganzen ist ziemlich sperrig, enthält eine seltsame Mischung aus äußerst abstrakten Passagen (über eine vierfache Klassifikation ontologischer Merkmale der Welt) und völlig detailversessenen Partien (über richtige und falsche Arten der Lust); er wird in der Forschung nach wie vor kontrovers bewertet: Eine der bedeutendsten Interpretationen stammt von Hans-Georg Gadamer, der in vielen Punkten eine Vorwegnahme von Lehrstücken der NIKOMACHISCHEN ETHIK sieht (1931/1982)1.
Mit dem PHILEBOS nimmt Platon noch einmal sowohl das ethische Hauptthema der sokratischen Frühdialoge auf – die Frage nach dem guten Leben - als auch das Methodenrepertoire der Gesprächsführung, wie es aus den frühen sokratischen Dialogen Sokrates’ bekannt ist (das elenktische Prüfverfahren). Doch während in den frühen Dialogen stets den (Definitions-)Vorschlägen der Gesprächspartner Mängel nachgewiesen werden, werden hier die ersten Vorschläge sowohl von Philebos als auch von Sokrates kritisiert und zugunsten einer dritten konstruktiven und vermittelnden Position überwunden.
Die Ouvertüre des Dialogs enthält schon die gesamte argumentative Grundstruktur und weist sowohl den Hedonismus als auch eine allzu kopflastige, intellektualistische Position bezüglich der Frage nach dem glücklichen, vollkommenen Leben in die Schranken.
Er eignet sich in bearbeiteter Form zur Erarbeitung vernunftgeleiteten Argumentierens in der Ethik, weil er, unter Hinzuziehung der Methode des Gedankenexperiments („Wäre es ein vollkommenes Leben, wenn ...“) den klarsten und konstruktivsten Abriss der sokratischen Ethik enthält
1 Diese nimmt eine neuere Interpretation des amerikanischen Sprachphilosophen Donald Davidson überwiegend positiv auf: Gadamer und Platons Philebos, 1997, in ders.: Wahrheit, Sprache und Geschichte, Frankfurt 2008 (orig. 2005), S. 398 – 419; den ausführlichsten Kommentar bietet derzeit Dorothea Frede in Platons Werke. Übersetzung und Kommentar. III,2. Philebos, Göttingen 1997
Umsetzungsbeispiel Sokrates: Herunterladen [docx][117 KB]
Weiter zu PHILEBOS