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Umsetzungsbeispiel: Mehr Freiheit durch Smartphones?

Didaktisch-methodischer Kommentar

Das Symbol der digitalen Revolution ist das Smartphone, welches sich als Multifunktionsgerät auf Seiten der Jugendlichen große Beliebtheit erfreut. Während die Digitalisten die Vorzüge des Internet als Tor zur Welt, als Beitrag zu einer transparenten, freien und gerechten Welt preisen, sehen Kritiker in der digitalen Revolution eine neue „smarte Diktatur“(Welzer), die durch das Smartphone als tragbares Minipanoptikum ermöglicht wird. Daher wurde die Leitfrage „Machen Smartphones unser Leben freier oder abhängiger?“ gewählt.

Als Einstieg zur Identifizierung des ethischen Problems der Digitalisierung aller Lebensbereiche dienen Statements, welche den Nutzen von Smartphones betonen, kontrastiert mit kritischen Stimmen der Digitalisierung. Digitalisten, Smartphonenutzer als auch Kritiker der Digitalisten rekurrieren dabei auf den gleichen Wert, nämlich „Freiheit“, einem der Leitbegriffe des Ethikunterrichts. In der Phase der Problemanalyse erkennen die SuS an konkreten Beispielen aus ihrer Lebenswelt, wie Überwachung in ihrem Alltag funktioniert und welche Rolle dabei Algorithmen auch bei ihrer Verhaltenssteuerung spielen. Dazu erarbeiten die SuS den zentralen Begriff des „Panoptikum“ bzw. des „panoptischen Prinzip“ unter Bezugnahme auf Jeremy Benthams gleichnamiges Buch, um die Differenzen zwischen den Formen der Überwachung in der modernen Gesellschaft und denen der digitalen, spätmodernen Gesellschaft zu eruieren.

In der Phase der Problembearbeitung stehen das eigene ethisch-moralische Argumentieren sowie die Rekonstruktion von Argumentationen zur Kritik der digitalen Transparenzgesellschaft im Vordergrund. Dabei werden im Anschluss an Jean-Jacques Rousseau mittels eines Gedankenexperiment die Grenzen der Transparenzgesellschaft ausgelotet, die Relevanz der „negativen Freiheit“ im digitalen Zeitalter demonstriert, der Begriff der Privatheit analysiert und der Zusammenhang der Werte „Freiheit“ und „Privatheit“ verdeutlicht sowie der Shitstorm als spätmoderne Fehlform der „moralischen und volkstümlichen Sanktion“(Bentham) konturiert, welche aus Gründen der Altersadäquatheit in Form eines „Philo-Talk“ erfolgt. Die Podiumsdiskussion zu der Frage, ob Smartphones unser Leben freier oder abhängiger machen, dient dazu, dass die SuS eigenständig argumentieren, die unterschiedlichen Argumente für und gegen die digitale Transparenzgesellschaft hierarchisieren und sich ein ethisch reflektiertes, differenziertes Urteil bilden.

In der Phase der Problemlösungen und deren Beurteilung gilt es der verbreiteten Haltung entgegenzuwirken, dass die SuS der digitalen Revolution ohnmächtig gegenüberstehen. Daher sollen die SuS zunächst eigene Normen für einen verantwortungsvollen Umgang mit Smartphones entwickeln und dann erst unter Rekurs auf die Vorschläge Welzers und einer Reaktualisierung von Immanuel Kants klassischen Aufklärungsaufsatz durch Ralf Lankau eigene Handlungsmöglichkeiten diskutieren.

Außerdem ermöglichen die Materialien fächerübergreifendes Arbeiten, zum Beispiel mit dem Fach Informatik. Die Aufgaben zum Kompetenzerwerb dienen dazu, sich mit Mythen der Post-Privacy-Bewegung auseinanderzusetzen, zum Beispiel anhand der Diskussion, ob Bentham, der Verfasser des „Panoptikum“ Anhänger des „digitalen Panoptikum“ wäre. Dadurch kann die Verzahnung von Teilkompetenzen der „philosophischen Begründungen von Moral“ und mit denen von „Medien und Wirklichkeiten“ geleistet werden. Als niveaudifferenzierende Aufgabe wurde die Diskussion von Welzers These von „smarten Diktatur“ gewählt.

 

     

prozessbezogene Kompetenzen

inhaltsbezogene Kompetenzen

2.1 Wahrnehmen und sich hineinversetzen

3. eigene Bedürfnisse, Interessen und Gefühle und die anderer erkennen und beschreiben

6. in Situationen, Ereignissen oder Handlungen ethische Fragestellungen oder Probleme identifizieren

7. Situationen und Sachverhalte aus verschiedenen Perspektiven betrachten und beschreiben

 

3.2.6.1 (1) Lebens- und Glücksvorstellungen wiedergeben und unter verschiedenen Aspekten vergleichen (zum Beispiel Glücksversprechen, Sinnsuche, Freiheit, Hedonismus, Utopien)

 

3.2.3.1 (1) die welterschließende und weltverändernde Wirkung von Medien in einer zunehmend digitalisierten Welt beschreiben und diskutieren

3.2.4.2 (1) den Menschen als Kulturwesen beschreiben und sich mit möglichen Auswirkungen auf sein Selbstverständnis (zum Beispiel Leiblichkeit, Moralität) auseinandersetzen

 

3.2.3.1 (3) mediale Darstellungen unter ethisch relevanten Fragestellungen analysieren und beurteilen (zum Beispiel bezogen auf Meinungsfreiheit, Persönlichkeitsrechte, Privatsphäre, Menschenwürde, Gerechtigkeit, Wahrhaftigkeit)

3.2.3.1 (4) den Stellenwert von moralischen Werten und Normen für mediale Darstellungen aus verschiedenen Perspektiven beschreiben und diskutieren (zum Beispiel Produktion, Vertrieb, Rezeption)

3.2.6.1 (2) Werte und Normen als konstitutiv für das Zusammenleben darlegen und diskutieren

3.2.6.2 (1) d) die Orientierung am erwartbaren Nutzen bei Handlungsentscheidungen beschreiben und in seiner Bedeutung für das menschliche Zusammenleben darstellen (zum Beispiel Bentham)

3.2.6.2 (2) die Bedeutung von Vernunft, Vertrag, Gefühl und Nutzen für die Motivation moralischen Handelns erläutern und diskutieren

3.2.4.2 (4) exemplarisch verschiedene Zukunfts- und Fortschrittsentwürfe im Hinblick auf Vorstellungen eines guten Lebens (unter anderem Freiheit, Gerechtigkeit und Verantwortung) untersuchen und diskutieren

3.2.6.1 (4) Vorstellungen eines gelungenen Lebens entwerfen und ihre Vereinbarkeit mit Anforderungen der Moral überprüfen und diskutieren

2.2 Analysieren und interpretieren

1. Informationen aus verschiedenen Quellen als Denkanstoß für die Deutung ethischer Sachverhalte erschließen

2. zentrale Begriffe der Ethik erläutern, voneinander abgrenzen und bestimmen

8. Argumentationen (*zum Beispiel aus Texten der Moralphilosophie*) für die Deutung ethisch-moralischer Sachverhalte erarbeiten und einordnen

9. ethisch-moralische Sachverhalte unter verschiedenen Gesichtspunkten und Fragestellungen untersuchen und problematisieren

 

2.3 Argumentieren und reflektieren

2. einen Standpunkt begründet und unter Bezug auf moralische Regeln und ethische Grundsätze vertreten

4. verschiedene Argumente in der ethisch-moralischen Auseinandersetzung in Beziehung setzen und gewichten

5. Werte und Normen bei ethischen Frage- und Problemstellungen diskutieren

7. in kommunikativ-argumentativen Kontexten (beispielsweise Rollenspiele, Szenarien, Fallbeispiele, Diskussionen) Position beziehen und gemeinsam neue Lösungsansätze entwerfen und vertreten

 

 

 

2.4 Beurteilen und (sich) entscheiden

4. eigene begründete Standpunkte entwickeln und moralphilosophische Begründungsansätze einbeziehen

5. Handlungs- und Lösungsansätze hinsichtlich der Realisierbarkeit, ihrer Normen- und Wertebasis und Folgen kritisch-argumentativ überprüfen (beispielsweise in Gedankenexperimenten, ethischen Dilemmata) und bewerten

6. eigene Handlungsoptionen entwerfen, im Hinblick auf Folgen und Realisierbarkeit bewerten und die Rolle von Vernunft und Gefühl beim Entscheiden kritisch prüfen

 

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