Zur Haupt­na­vi­ga­ti­on sprin­gen [Alt]+[0] Zum Sei­ten­in­halt sprin­gen [Alt]+[1]

Pro­blem be­ar­bei­ten

Trans­pa­renz oder Frei­heit?

Der Phi­lo­soph und Päd­ago­ge Jean-Jac­ques Rous­seau (1712-1778) trat in sei­nen Schrif­ten für die Auf­klä­rung ein. In sei­nem Brief­ro­man „Julie oder die neue He­loi­se“ aus dem Jahre 1761 fin­det sich fol­gen­de ethi­sche Regel:

„Tu und sag nie­mals etwas, von dem du nicht wol­len kannst, dass alle Welt es sehe und höre.“

(Rous­seau, Jean-Jac­ques (1761/1835): Julie ou la Nou­vel­le Héloïse. In: Jean Jac­ques Rous­seau: Œuvres, Tome 2. Paris: Chez Furne, S. 214, ei­ge­ne Über­set­zung)

Ar­beits­auf­trä­ge

  1. Er­läu­tert Rous­se­aus For­de­rung an­hand von Bei­spie­len.
  2. Be­nennt die von Rous­seau ge­for­der­te Welt mit einem Aus­druck.
  3. Stellt Euch vor, auf der Welt könn­te diese von Rous­seau for­mu­lier­te mo­ra­li­sche Norm für alle Men­schen ver­pflich­tend sein. Dis­ku­tiert Vor- und Nach­tei­le einer sol­chen Welt. Prüft dabei auch, ob die Men­schen in einer sol­chen Welt mehr Frei­hei­ten hät­ten.

Der Be­griff „Frei­heit“ wird im All­tag un­ter­schied­lich ge­braucht, als Un­ab­hän­gig­keit, als Ab­we­sen­heit von Zwang. In der Ethik und in der Po­li­tik wird un­ter­schie­den zwi­schen „ne­ga­ti­ver Frei­heit“ und „po­si­ti­ver Frei­heit“. Ne­ga­ti­ve Frei­heit, auch „Frei­heit von“, be­zieht sich auf so­ge­nann­te Ab­wehr­rech­te und Schutz­rech­te ge­gen­über Zwang. Die­ses wird durch staat­li­che In­sti­tu­tio­nen wie Par­la­men­te, Ge­rich­te, So­zi­al­äm­ter oder der Po­li­zei si­cher­ge­stellt sowie durch die Ach­tung von Wer­ten, Nor­men und mo­ra­li­schen Prin­zi­pi­en er­mög­licht. Ohne diese Ein­rich­tun­gen wür­den die­je­ni­gen über uns herr­schen, wel­che die größ­te Macht hät­ten. Der Rechts­staat schützt uns also vor Will­kür. Zu den ne­ga­ti­ven Frei­hei­ten zäh­len zum Bei­spiel die Mei­nungs- und Re­li­gi­ons­frei­heit.

„Po­si­ti­ve Frei­heit“, auch „Frei­heit zu“ ge­nannt, be­zieht sich auf die Ver­wirk­li­chung von Frei­hei­ten, auf so­ge­nann­te Teil­ha­ber- oder Par­ti­zi­pa­ti­ons­rech­te. Dazu zählt zum Bei­spiel die Frei­heit, ei­ge­ne Ent­schei­dun­gen zu­tref­fen, sei­nen Wohn­ort selbst zu wäh­len oder das Recht de­mons­trie­ren zu gehen. Frei­hei­ten die­nen zur Er­mög­li­chung eines selbst­be­stimm­ten Le­bens.

Au­to­ren­text

Der Rechts- und Po­li­tik­wis­sen­schaft­ler An­d­rew Ro­berts, Pro­fes­sor an der Uni­ver­si­tät Mel­bourne,er­läu­tert den Zu­sam­men­hang zwi­schen den Be­grif­fen „ne­ga­ti­ve Frei­heit“ und „Herr­schaft“:

„Ne­ga­ti­ve Frei­heit be­deu­tet nicht die Frei­heit von Be­schrän­kung oder Be­ein­flus­sung, son­dern die Ga­ran­tie, von der Will­kür an­de­rer un­ab­hän­gig zu sein. Eine Theo­rie, die unter ne­ga­ti­ver Frei­heit le­dig­lich die Ab­we­sen­heit tat­säch­li­cher Ein­grif­fe ver­steht, deckt […] nicht die volle Band­brei­te von Um­stän­den ab, unter denen eine Ein­schrän­kung von Frei­heit vor­liegt. Diese näm­lich wird nicht erst dort be­schnit­ten, wo ein an­de­rer in die Hand­lun­gen und Ent­schei­dun­gen eines In­di­vi­du­ums ein­greift, son­dern schon dort, wo er die un­ein­ge­schränk­te Macht dazu be­sitzt – die Macht nach Be­lie­ben ein­zu­grei­fen. […]

Eine Per­son wird in ihren Ent­schei­dun­gen in dem Maße be­herrscht, in dem ein an­de­rer die Macht be­sitzt, in ihre Ent­schei­dun­gen ein­zu­grei­fen, ohne darin sei­ner­seits von der Per­son, die der Macht un­ter­wor­fen ist, wirk­sam kon­trol­liert zu wer­den.“

(Ro­berts, An­d­rew (2016): Pri­vat­heit und re­pu­bli­ka­ni­sche Frei­heit [Über­set­zung von The­re­sa Friedl­mei­er und Se­bas­ti­an Esch]. In: Wes­tEnd 13 H. 1, S. 119-131, hier: S. 121, 128) [Ver­öf­fent­li­chung mit freund­li­cher Ge­neh­mi­gung von An­d­rew Ro­berts und den Über­set­zern The­re­sa Friedl­mei­er und Se­bas­ti­an Esch]

Ar­beits­auf­trä­ge

  1. Stellt in einen Schau­bild den Un­ter­schied zwi­schen „ne­ga­ti­ver Frei­heit“ und „po­si­ti­ver Frei­heit“ dar.
  2. Be­stimmt mit ei­ge­nen Wor­ten den Be­griff „ne­ga­ti­ve Frei­heit“.
  3. Er­läu­tert an­hand eines Bei­spiels den Zu­sam­men­hang zwi­schen „ne­ga­ti­ver Frei­heit“ und „Herr­schaft“ im di­gi­ta­len Zeit­al­ter.
  4. Dis­ku­tiert unter Be­zug­nah­me auf den Frei­heits­be­griff, ob und durch wen Ihr im di­gi­ta­len Zeit­al­ter be­herrscht wer­det.

→ Leit­be­griff Frei­heit

PbK

2.2 Ana­ly­sie­ren und in­ter­pre­tie­ren

2.2.2 zen­tra­le Be­grif­fe der Ethik er­läu­tern, von­ein­an­der ab­gren­zen und be­stim­men

2.3 Ar­gu­men­tie­ren und re­flek­tie­ren

2.3.5 Werte und Nor­men bei ethi­schen Frage- und Pro­blem­stel­lun­gen dis­ku­tie­ren

IbK

3.​2.​6.​1 (2) Werte und Nor­men als kon­sti­tu­tiv für das Zu­sam­men­le­ben dar­le­gen und dis­ku­tie­ren

Ma­chen Smart­pho­nes unser Leben frei­er oder ab­hän­gi­ger?: Her­un­ter­la­den [docx][67 KB]