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Esperanza

Von der eigenen Person ausgehen und wieder zu ihr zurück

Das Schiff Esperanza in 7/8

Die mithilfe wachsenden Abstraktionsvermögens neu erarbeitete Fähigkeit, die Rezeption innerhalb eines literarischen Textes im Miterleben zu verlassen und von außen Details und Strukturen einer intensiven Analyse unterziehen zu können, führt im Idealfall zu einer persönlichen Wiederannäherung an den Text. Es wird ein neuer Bezug des Textes bzw. der aus dem Text gewonnenen Erkenntnisse auf die eigene Person möglich. Damit wird auch die grundsätzliche Bedeutung, die Literatur für das eigene Leben haben kann, kognitiv fassbar, dies geschieht am Fall des einzelnen Werkes aber durchaus über das einzelne Werk hinaus. Im neuen Bildungsplan ist diese Funktion von Literatur für die Klassenstufen 7/8 explizit festgeschrieben, im Abschnitt „Texte kontextualisieren“ im Kapitel „Literarische Texte“. Dort heißt es: Die Schülerinnen und Schüler können „die Bedeutsamkeit eines Textes für die eigene Person reflektieren und Textinhalte mit eigenen Erfahrungen vergleichen;“ (24). Im Vergleich dazu verlangt der parallele Standard auf 5/6 lediglich, dass die Schülerinnen und Schüler „eine eigene Position zu einem Text erklären und die Bedeutsamkeit eines Textes für die eigene Person erläutern;“(20). Auch in der Orientierungsstufe also wird ein Text in Beziehung zur eigenen Person gesetzt. Der entscheidende Unterschied liegt in „erläutern“(5/6) versus „reflektieren“. Dabei geht die Fähigkeit zum identifikatorischen Lesen, zur einfühlenden Annäherung, keineswegs verloren. In den Klassenstufen 7/8 ist davon auszugehen, dass es weiterhin den Erstzugang zu einem literarischen Text darstellt, der nun durch analytische Weisen der Erschließung erweitert werden kann. Dies bedeutet zum Beispiel, dass Jugendbücher weiterhin sehr sinnvolle Unterrichtsgegenstände sein können, der Umgang mit ihnen aber auf eine neue Basis gestellt werden muss, das heißt, das dieselbe literarische Gattung einer neuen Herangehensweise und neuen Zielen begegnet.

Ein im traditionellen Deutschunterricht beheimatetes Werk, das heute kaum mehr Beachtung findet, erweist sich als besonders fruchtbar für den Weg von der identifikatorischen Lektüre zur distanzierteren Analyse hin und über die Suche nach der „Bedeutsamkeit eines Textes für die eigene Person“ wieder zum Leser zurück. Es handelt sich um „das Schiff Esperanza“ von Fred von Hoerschelmann. Dieses Hörspiel aus dem Jahr 1953 richtet sich ursprünglich an eine erwachsene Hörerschaft, die den Krieg bewusst und traumatisch miterlebt haben und versteht sich als eine Darstellung gesellschaftlicher Realität und Aktualität im zerstörten Nachkriegseuropa. Außerdem wird der Umgang mit der eigenen Vergangenheit zum Thema gemacht. Daneben lassen sich mehrere zentrale Merkmale des klassischen Jugendbuches ausmachen, wie zum Beispiel die Jugendlichkeit des Protagonisten Axel Grove oder die fast auffällige Aussparung von Themen wie Sexualität und Gewalt 1. Zentral ist die Entthronung des Vaters, der während der Kindheit idealisierte Orientierungsgröße war. Besonders wertvoll für den Deutschunterricht wird der Text aber durch seine intensive Arbeit mit Motiven und Symbolen, die zu analytischer Textarbeit einladen.

Übrigens: Durch die zentral behandelte Flüchtlings- und Auswanderungsthematik hat das Schiff Esperanza unerwartet neue Aktualität bekommen. Die Geschichte der aus den verschiedensten Gründen Auswandernden auf einem schrottreifen Schiff, die von Schleppern vor der Küste einer neuen Welt ausgesetzt werden und umkommen, bietet der Thematisierung grundsätzlicher Fragen im Rahmen der Leitperspektive BTV an.


1   Es handelt sich beim Schiff Esperanza um eines der Werke, die, wenn die Zeit über sie hinweg gegangen ist, eine zweite Karriere als Jugendbuch beginnen können.

 

Die Handlung

Themen und Motive

Didaktische Aspekte

 

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