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John Boyne, Der Junge im gestreiften Pyjama

„Mir scheint als hat der Film mehr Details als das Buch“ 1

Didaktischer Kommentar

Das mit einigen Preisen 2 ausgezeichnete Buch von John Boyne liegt als Film und als Hörbuch vor und bietet damit verschiedene Möglichkeiten, mediale Umsetzungen zu thematisieren. Insbesondere ein Vergleich mit dem Film bietet sich zumindest auszugsweise an.

Der Film gilt als eine werkgetreue Umsetzung der literarischen Vorlage. Viele Dialoge wurden direkt ins Drehbuch übernommen.

Die Deutung, die der Film anbietet, ist jedoch etwas anders konnotiert als das Buch. Der Regisseur Mark Herman formuliert seinen Ansatz folgendermaßen 3:

„It’s misleading to refer to it as a Holocaust-Film because it is really so much more about a family“. Dies erklärt auch die äußerst emotionale Umsetzung, die z.B. vor allem in den Schlussszenen durch Musik unterstrichen wird oder durch den Zusammenbruch der Mutter am Zaun. Über das Schicksal der Familie weist dann zwar die Schlusseinstellung, der Blick auf die Tür der Gaskammer, von der sich die Kamera immer weiter rückwärts entfernt und damit links und rechts die ausgezogenen Häftlingsuniformen in den Blick geraten, hinaus, aber die emotionale Betroffenheit, die erzeugt werden soll über die Identifikation mit dem kleinen, äußerst sympathischen Bruno, steht eindeutig im Vordergrund.

Der konsequent naive, manchmal fast schon lakonisch wirkende Stil des Buches hingegen verursacht auch ein gewisses Erschrecken dadurch, dass sich fast absurde, oder vielleicht sogar ironische Untertöne in den Text schleichen und man als Leser durch die Perspektive des Kindes zum Lachen gebracht wird, was man aber ja natürlich auf gar keinen Fall will. Allein die konsequente Weigerung des kleinen Bruno „Aus-Wisch“ und den „Furor“ richtig auszusprechen, wirkt teilweise komisch.

John Boyne will seinen Roman als Fabel verstanden wissen und er schreibt ausdrücklich im Nachwort: „Auch heute gibt es noch Zäune wie den, der im Zentrum von „Der Junge im gestreiften Pyjama „steht; es ist unwahrscheinlich, dass sie jemals ganz verschwinden werden“. Die Moral der Geschichte ist somit klar und durch diesen Untertitel dürfte auch deutlich werden, dass eine auch nur annähernd realistische oder historisch korrekte Verarbeitung des Themas gar nicht intendiert ist. Die vielfach geäußerte Kritik, dass ein so naiver Junge, der 1942 in Berlin lebt und dann mit der Familie nach Auschwitz ziehen muss, doch nicht so konsequent alles ausblenden könne, trifft deshalb nur bedingt zu.

Problematisch ist jedoch die Rolle des Vaters. Der Täter wird am Schluss zum Opfer seiner eigenen Ideologie . Manche Interpreten sehen im Schluss die Erkenntnis des Vaters, dass sein Sohn die Seiten gewechselt hat, als eine Art Läuterung. Auch er also „nur ein Opfer, ein Irregeleiteter?“ 4 Zudem wird unser Blick und unser Mitleid natürlich sehr einseitig auf die eine Seite des Zaunes gelenkt: “Die deutsche Familie zerbricht an dem Leben in Auschwitz und dem Tod des Sohnes. Dieses Schicksal steht im Mittelpunkt des Romans, während die Geschichte der jüdischen Familie von Schmuel, die ungleich größeres Leid erfährt und stellvertretend für das jüdische Volk einsteht, nur am Rande Erwähnung findet.“ 5

Etwas gewichtiger ist die Kritik am Film. Als „ästhetische Frechheit und geschichtspolitische Blasphemie“ 6 hat Andreas Kilb, der Filmkritiker der FAZ, den Film beschrieben. Kommt jedoch dann zum Schluss, dass der Film mit seinen Bildern in Tiefen vorstoße, die meist schon zugeschüttet seien und auch einen hartgesottenen Kritiker deshalb nicht unberührt lassen.

Auch Harald Eggebrecht geht eher mit der Umsetzung als mit der Handlung ins Gericht. Diese Aspekte kann man sich für einen Film-Text Vergleich sehr gut zu Nutze machen.

Im Zusammenhang mit dem Film ist die Thematisierung von Trailern eine sinnvolle Aufgabe.

Je nachdem, ob man diese Untersuchung von Trailern dem Film vorschaltet oder dies danach einsetzen möchte, ergeben sich andere Fragestellungen. Dass man zur Vorwegnahme von Handlungselementen in einem Trailer nur etwas sagen kann, wenn man den Film zur Gänze kennt, versteht sich von selbst. Auch die Frage , ob wesentliche Informationen der Handlungselemente für den Spannungsaufbau schon verraten werden (sog. Spoiler) kann natürlich erst nach dem Anschauen beantwortet werden.

Ähnliche Filme, die sich insbesondere dem Thema Nazi-Diktatur und Widerstand aus einer jugendlichen Sicht nähern, sind beispielsweise der Film „Napola – Elite für den Führer“ (Dennis Gansel, D 2004), sowie „Sophie Scholl – Die letzten Tage“ (Marc Rothemund, D 2004). Roberto Benignis Film „Das Leben ist schön“ ist sicherlich als eine Art Vorläufer zu sehen. Es ist der erste Holocaust-Film, der eine kindliche und spielerische Perspektive eingenommen hat, indem das KZ kurzerhand zu einem Abenteuerspiel erklärt wurde.

Zum Buch und Film liegen einige Unterrichtsvorschläge vor. 7

Wie auch beim Hören lassen sich beim Sehen drei Phasen unterschieden, analog zu Aufgabenstellungen, wie sie im Fremdsprachenunterricht schon lange gängig sind.

 

Pre-viewing

  1. Was für eine Geschichte erwartest du, wenn du die Filmhülle anschaust?
  2. Beschreibe die unterschiedliche Gestaltung des Buchumschlags und der Filmhülle.
  3. Was weißt du über den Holocaust? (Brainstorming)
  4. Höre das erste Kapitel als Hörbuch oder lese das erste Kapitel: Wie müsste der Ort aussehen, an dem die erste Szene spielt?
  5. ...

 

While-viewing:

  1. Wie wird die kindlich naive Perspektive eines Kindes im Buch und wie im Film umgesetzt?
  2. ...

 

Post-viewing

  1. Überlegt euch, welche Szenen des Films sich für einen Trailer eignen würden. Stellt zehn dieser Szenen in Standbildern nach. Die Zuschauer dieser zehn Bilder machen auf ein Klatschzeichen die Augen zu und auf und sehen jeweils beim Öffnen der Augen das neue Standbild. (Klick-Klack-Methode). Die Produzenten des Films, d.h. die SuS, die zuschauen, möchten den Film natürlich gut verkaufen und geben euch ein Feedback. Ihr erläutert eure Überlegungen.
  2. Schaut euch das Bonusmaterial auf der DVD an. Welche Themen des Films werden genannt, die den Schauspielern und den Filmemachern wichtig sind an dem Buch und an dem Film? Stimmt ihr zu?
  3. Stellt euch vor, ihr dürft Vorschläge für einen Filmabend machen an eurer Schule. Sammelt in einer Gruppe Gründe, die für den Film und welche dagegen sprechen. Bereitet eine Diskussion vor
  4. ...

 

Material:

AA: Jugendbuch im Medienverbund, Trailer (Fobi)
AB: Einen Trailer untersuchen
AB: Das Ende vom Buch – Das Ende vom Film
AB: Zäune wie dieser + Symbole verstehen

 


1   Internetkommentar von Leon Kut

2   Irish Book Award Children’s Book of the Year (2006), Irish Book Award People’s Choice bokk of the Year (2006), British Book Award (Nominierung 2006), Deutscher Jugendliteraturpreis (Deutschland, Nominierung 2008)

3   siehe Extras zum Film

4   Rauch, Marja S.110

5   Rauch, Marja, S . 111

6   Andreas Kilb, FAZ

7   Ingrid Haferkamp, Einfach Deutsch
Tilman von Brand, Die Lücke im Zaun. In: Praxis Deutsch 224, 2010 S.42 - 51
www.4teachers.de (Überprüfung des Textverständnisses mit Leitfragen)
http://www.fischerverlage.de/service/lehrer (Unterrichtsmaterialien)
http://www2.mediamanual.at/pdf/filmabc/19_filmabcmat_Der-Junge-im-gestreiften-Pyjama.pdf (sehr empfehlenswert, Filmanalyse im Unterricht)

 

Das Jugendbuch

Arbeitsaufträge

Trailer

Symbole bestimmen 1

Symbole bestimmen 2

Ende

 

John Boyne - Der Junge im gestreiften Pyjama: Herunterladen [pdf][207 KB]

John Boyne - Der Junge im gestreiften Pyjama: Herunterladen [docx][52 KB]

 

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