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Feh­ler­be­trach­tun­gen vor­neh­men

In­fo­box

Diese Seite ist Teil einer Ma­te­ria­li­en­samm­lung zum Bil­dungs­plan 2004: Grund­la­gen der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung. Bitte be­ach­ten Sie, dass der Bil­dungs­plan fort­ge­schrie­ben wurde.

Bil­dungs­plan

Spe­zi­fi­sches Me­tho­den­re­per­toire der Phy­sik

Klas­se 8: Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler kön­nen erste Ex­pe­ri­men­te unter An­lei­tung … an­ge­ben, wel­che Fak­to­ren die Ge­nau­ig­keit von Mess­er­geb­nis­sen be­ein­flus­sen.
Klas­se 10: Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler kön­nen Ex­pe­ri­men­te unter An­lei­tung … ein­fa­che Feh­ler­be­trach­tun­gen vor­neh­men.
Klas­se 12: Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler kön­nen Ex­pe­ri­men­te selbst­stän­dig … ein­fa­che Feh­ler­be­trach­tun­gen vor­neh­men.


Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler sol­len ler­nen, in wel­cher Weise äu­ße­re Ein­flüs­se das Ver­hal­ten von Mess­wer­ten be­ein­flus­sen. Dazu bie­tet die Feh­ler­ana­ly­se bei jedem Ex­pe­ri­ment eine pas­sen­de Ge­le­gen­heit. Hier geht es nicht um eine wis­sen­schaft­lich ex­ak­te Feh­ler­rech­nung – auch nicht in der Ober­stu­fe! Viel­mehr sol­len die Schü­ler in die Lage ver­setzt wer­den, Ein­flüs­se zu er­ken­nen, die das Ver­hal­ten der Mess­wer­te be­din­gen. In einem zwei­ten Schritt sol­len die Schü­le­rin­nen und Schü­ler ein­schät­zen kön­nen, in wel­cher Weise die Mess­wer­te durch diese äu­ße­ren Ein­flüs­se ver­än­dert wer­den und wel­che Aus­wir­kun­gen dies auf das zu er­mit­teln­de End­er­geb­nis hat. Feh­ler­ab­schät­zun­gen sind hier­bei – zu­min­dest in der Ober­stu­fe – an ge­eig­ne­ten Stel­len durch­aus an­ge­bracht.
Das Er­ken­nen und Ein­schät­zen sub­jek­ti­ver und ob­jek­ti­ver Feh­ler­quel­len, deren Ak­zep­tanz und der be­wuss­te Um­gang mit die­sen Feh­lern ist für die Schü­le­rin­nen und Schü­ler etwas völ­lig Neues und Un­ge­wohn­tes. Ein schritt­wei­ses Her­an­füh­ren an diese Pro­ble­ma­tik muss vom Leh­rer sehr be­wusst und be­hut­sam er­fol­gen. Dies kann er immer wie­der im all­täg­li­chen Un­ter­richt bei der Durch­füh­rung von De­mons­tra­ti­ons­ex­pe­ri­men­ten tun und somit ein all­ge­mei­nes Ver­ständ­nis ent­wi­ckeln.
Im Laufe ihrer Schul­lauf­bahn soll­ten die Schü­le­rin­nen und Schü­ler in die Lage ver­setzt wer­den, Feh­ler­quel­len zu er­ken­nen und ihre Mess­er­geb­nis­se da­hin­ge­hend sinn­voll ein­zu­schät­zen. All­ge­mei­ne Flos­keln wie „Rei­bung“, „Luft­feuch­tig­keit“ usw. soll­ten ins­be­son­de­re im fort­ge­schrit­te­nen Un­ter­richt und Prak­ti­kum nicht mehr ak­zep­tiert wer­den.

Sach­ana­ly­se 1

Um Feh­ler­be­trach­tun­gen vor­neh­men zu kön­nen, sind fol­gen­de Wis­sens­zie­le not­wen­dig:

  1. Jede Mes­sung ist prin­zi­pi­ell mit einem Feh­ler be­haf­tet, d.h. der Mess­wert weicht um einen un­be­kann­ten Be­trag vom un­be­kann­ten wah­ren Wert der Mess­grö­ße ab.
  2. Je nach Ur­sa­che un­ter­schei­det man
    1. Auf Irr­tü­mern be­ru­hen­de grobe Feh­ler (sol­len im Wei­te­ren außer Be­tracht blei­ben)
    2. Sys­te­ma­ti­sche Feh­ler
    3. Sto­chas­ti­sche oder zu­fäl­li­ge Feh­ler
  3. Sys­te­ma­ti­schen Feh­ler
    1. ent­ste­hen durch Un­voll­kom­men­heit der Mess­ge­rä­te und Mess­ver­fah­ren. Bei­spie­le:
      • Funk­ti­ons­feh­ler oder An­zei­ge­feh­ler von Mess­ge­rä­ten
      • Fer­ti­gungstol­ler­an­zen in­ner­halb der Ge­nau­ig­keits­klas­se
      • Fer­ti­gungstol­ler­an­zen bei den Mess­mit­teln wie Wä­ge­stü­cken, Ha­ken­kör­pern, Wi­der­stän­den, …
      • Strom- oder Span­nungs­feh­ler­schal­tung
      • Ein­fluss des Mess­ge­räts auf das Mess­ob­jekt
      • Ver­nach­läs­sig­te Ein­flüs­se wie
        • Druck, Tem­pe­ra­tur
        • elek­tro­ma­gne­ti­sche Streu­fel­der
        • Rei­bung bei me­cha­ni­schen Ab­läu­fen
        • Ver­zö­ge­rung beim Aus­lö­sen von me­cha­ni­schen Ab­läu­fen
        • Un­zu­rei­chen­de ther­mi­sche Iso­lie­rung bei ka­lo­ri­me­tri­schen Mes­sun­gen…
      • Pro­mi­nen­tes Bei­spiel war der feh­ler­haf­te Spie­gel beim Hub­b­le-Space-Te­le­scope
    1. wir­ken sich bei Wie­der­ho­lung der Mes­sung stets in glei­cher Weise aus
    2. kön­nen ent­we­der ver­mie­den oder klein ge­hal­ten wer­den oder las­sen sich durch eine ma­the­ma­ti­sche Kor­rek­tur be­rück­sich­ti­gen.
  1. Zu­fäl­li­ge Feh­ler
    1. kön­nen ob­jek­ti­ve oder sub­jek­ti­ve Ur­sa­chen haben. Bei­spie­le
      • sta­tis­tisch wir­ken­de Ein­flüs­se wie
        • Er­schüt­te­run­gen
        • Span­nungs­schwan­kun­gen
        • Tem­pe­ra­tur­schwan­kun­gen
      • Un­ge­schick­lich­keit beim Mes­sen und Ab­le­sen
      • Un­zu­läng­lich­keit der Sin­nes­or­ga­ne des Men­schen
  1. Bei Ein­mal­mes­sun­gen, und nur sol­che kom­men im Phy­sik­un­ter­richt vor, müs­sen die Feh­ler ge­schätzt wer­den.

 

An­for­de­run­gen

Klas­se 7/8:
An­ge­ben, wel­che Fak­to­ren die Ge­nau­ig­keit von Mess­er­geb­nis­sen be­ein­flus­sen (Feh­ler­kri­tik)

  • Die Schü­ler sol­len wis­sen, dass jede Mes­sung mit einem Feh­ler be­haf­tet ist.
  • Sie sol­len Ur­sa­chen für Mess­feh­ler ken­nen und be­nen­nen kön­nen.

Eine Un­ter­schei­dung zwi­schen sys­te­ma­ti­schen und sta­tis­ti­schen Feh­lern ist nicht not­wen­dig.

Klas­se 9/10:
Ein­fa­che Feh­ler­be­trach­tun­gen (unter An­lei­tung) vor­neh­men (Feh­ler­ab­schät­zung)

  • Über das Be­nen­nen hin­aus soll­ten die Schü­ler zu­neh­mend in der Lage sein, zu er­ken­nen, wel­che Mess­feh­ler be­son­ders stark in das Mess­er­geb­nis ein­ge­hen. Dabei han­delt es sich um Grö­ßen, die mit hö­he­rer Po­tenz in das Mess­er­geb­nis ein­ge­hen und sol­chen, die mit einer be­son­ders gro­ßen Mes­s­un­si­cher­heit be­haf­tet sind.
  • Die Schü­ler soll­ten zu­neh­mend in der Lage sein, den Ein­fluss eines Mess­feh­lers auf das Mess­er­geb­nis ab­zu­schät­zen und da­durch ein ma­xi­ma­les Ver­trau­ens­in­ter­vall an­zu­ge­ben. Dazu soll­ten sie
    • Unter den wahr­schein­li­chen Ein­fluss­grö­ßen die­je­ni­ge her­aus­fin­den, die den größ­ten Ein­fluss haben
    • Eine ma­xi­ma­le Ab­wei­chung für diese Grö­ßen schät­zen
    • Aus­rech­nen, wie sich da­durch der Mess­wert ver­än­dern würde.
  • Die Schü­ler soll­ten einen re­la­ti­ven Feh­ler oder eine re­la­ti­ve Ab­wei­chung des Mess­werts vom Ta­bel­len­wert aus­rech­nen kön­nen und in Pro­zent an­ge­ben kön­nen. Dies ist immer dann sinn­voll, wenn Grö­ßen ge­mes­sen wer­den, deren Wert be­kannt ist bzw. nach­ge­schla­gen wer­den kann (Schall­ge­schwin­dig­keit, Licht­ge­schwin­dig­keit, spez. Wär­me­ka­pa­zi­tät, Dich­ten von Stof­fen, Ma­te­ri­al­kon­stan­ten …
  • Eine Un­ter­schei­dung zwi­schen sys­te­ma­ti­schen und sto­chas­ti­schen Feh­lern ist so lange nicht zwin­gend, so lange keine Mehr­fach­mes­sun­gen durch­ge­führt wer­den; hin­sicht­lich der Stu­dier­fä­hig­keit und der damit ver­bun­de­nen Feh­ler­rech­nung in na­he­zu allen wis­sen­schaft­li­chen Dis­zi­pli­nen ist sie wün­schens­wert.

 

Me­tho­di­sche Um­set­zung
Zu­nächst wird man den Sach­ver­halt bei De­mons­tra­ti­ons­ver­su­chen im Leh­rer-Schü­ler-Ge­spräch ent­wi­ckeln und da­nach bei De­mons­tra­ti­ons­ver­su­chen, Schü­ler­ver­su­chen und im Prak­ti­kum und nicht zu­letzt auch in Klas­sen­ar­bei­ten fes­ti­gen.

 

Feh­ler­be­trach­tun­gen vor­neh­men: Her­un­ter­la­den [pdf] [30 KB]


1 Vgl. Kuch­ling: Ta­schen­buch der Phy­sik, Fach­buch­ver­lag Leip­zig-Köln,1994, S. 594 f.