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Tha­les von Milet (ca. 624-546 v. Chr.)

Tha­les von Milet ist Ihnen aus der Ma­the­ma­tik be­kannt vom „Satz des Tha­les“: Alle in einen Halb­kreis ein­ge­schrie­be­nen Drei­ecke sind recht­wink­lig.

Tha­les ist der erste der so­ge­nann­ten Na­tur­phi­lo­so­phen.

(1) Den Na­tur­phi­lo­so­phen wird das Ver­dienst zu­ge­schrie­ben, die ers­ten Schrit­te in Rich­tung einer wis­sen­schaft­li­chen Be­trach­tungs­wei­se der Welt ge­macht zu haben. Sie gel­ten als Weg­be­rei­ter der sich spä­ter ent­wi­ckeln­den Na­tur­wis­sen­schaf­ten. Über­prü­fen Sie an­hand der bei­den fol­gen­den Texte, ob diese Aus­sa­ge auf Tha­les von Milet zu­trifft und sich sein Den­ken we­sent­lich vom my­thi­schen Den­ken un­ter­schei­det.

Tha­les, Text 1 (Vo­ka­bel­blatt 1)

(Sprach­li­che Vor­be­rei­tung bei Be­darf: AcI)

De prin­ci­piis rerum, e qui­bus omnia con­stant, est inter ma­gnos ho­mi­nes summa dis­sen­sio. Prin­ceps Tha­les ex aqua dixit esse omnia.

(Ci­ce­ro, Libri Aca­de­mi­ci prio­res 2,117f., be­ar­bei­tet, vgl. Fried­rich Maier (1), S. 10)

Tha­les, Text 2 (Vo­ka­bel­blatt 1)

Tha­les aquam pu­ta­bat rerum esse prin­ci­pi­um et hinc omnia ele­men­ta mundi ip­sum­que mund­um et, quae in eo gignun­tur, ex­sis­te­re.

(Au­gus­ti­nus,De ci­vi­ta­te Dei 8,2)

ad (1)

  • „ex aqua esse omnia“
  • „aquam… rerum esse prin­ci­pi­um…“

Tha­les ver­zich­tet in die­sen bei­den Tex­ten dar­auf, auf das Han­deln von Göt­tern zu­rück­zu­grei­fen, um die Ent­ste­hung der Welt zu er­klä­ren. Statt­des­sen nimmt er ein na­tür­li­ches, in der Welt vor­find­ba­res Ele­ment, das Was­ser, als Ur­stoff an, aus dem alle Ele­men­te und die Welt selbst ent­stan­den seien.

(2) Über­le­gen Sie, wel­che Na­tur­be­ob­ach­tun­gen Tha­les zu sei­ner Vor­stel­lung vom Was­ser als Grund­bau­stein allen Seins ge­führt haben könn­ten.

ad (2)

  • Alles Leben braucht Was­ser.
  • Im Was­ser ent­ste­hen schein­bar aus dem Nichts oder eben schein­bar nur aus dem Was­ser Algen und an­de­re Le­bens­for­men.
  • Das Was­ser kann ver­schie­de­ne Ag­gre­gat­zu­stän­de an­neh­men: flüs­sig, „luft­ar­tig“ (Dampf), fest (Eis)

Was Tha­les noch nicht wis­sen konn­te, im Nach­hin­ein seine Theo­rie je­doch noch re­spek­ta­bler macht: In­ter­es­san­ter­wei­se ist der Was­ser­stoff (H) das Ele­ment, das im Uni­ver­sum am häu­figs­ten vor­kommt, und zu­gleich auch das Ur­ele­ment, aus dem sich in einem lan­gen Pro­zess von Kern­fu­sio­nen die an­de­ren Ele­men­te ge­bil­det haben.

(3) Tha­les be­müht sich um eine ra­tio­na­le Er­klä­rung der Welt, denkt aber nicht streng na­tur­wis­sen­schaft­lich in un­se­rem heu­ti­gen Sinne. Be­le­gen Sie diese Be­haup­tung an­hand des fol­gen­den Tex­tes:

Tha­les, Text 3 (Vo­ka­bel­blatt 1)

Tha­les Mi­le­si­us, qui pri­mus de ta­li­bus rebus qua­e­si­vit, aquam dixit esse in­iti­um rerum, deum autem eam men­tem, quae ex aqua cunc­ta fin­ge­ret.
(Ci­ce­ro, de na­tu­ra de­o­rum 1,25)

ad (3)
Nach die­ser Text­stel­le be­schränkt sich Tha­les nicht dar­auf, die Ent­ste­hung der Welt mit dem Was­ser als Ur­stoff alles Sei­en­den (in­iti­um rerum) zu er­klä­ren, son­dern er nimmt eine ge­stal­ten­de gött­li­che Kraft an, die aus dem Was­ser alles ge­bil­det habe (deum autem men­tem, quae ex aqua cunc­ta fin­ge­ret). Streng na­tur­wis­sen­schaft­li­ches Den­ken schließt den Rück­griff auf ein gött­li­ches Wir­ken als Er­klä­rung der Welt aus.
[Bei Tha­les wirkt ent­we­der die my­thi­sche Denk­wei­se nach oder es han­delt sich um einen be­wuss­ten on­to­lo­gi­schen Dua­lis­mus von Ma­te­rie und Geist (on­to­lo­gisch: die Lehre des Seins be­tref­fend).]

(4) Zei­gen Sie, wel­ches – of­fen­sicht­lich zeit­lo­se – Kli­schee die fol­gen­de von Pla­ton über­lie­fer­te An­ek­do­te ent­hält:

Tha­les, Text 4 (Vo­ka­bel­blatt 2)

Wie­der­ho­lung: Ge­run­di­um, PC, NcI

Cum Tha­les Mi­le­si­us si­de­ra spectan­di causa ocu­los ad cae­l­um con­ver­tens in pu­te­um ce­ci­dis­set, serva face­ta eum his ver­bis ir­ri­sis­se fer­tur: Tu cae­lestia co­gnos­cen­di cu­pi­dus ne ea qui­dem, quae ante pedes sunt, co­gno­scis.

(Nach Pla­ton, The­ai­tet 174)

pu­teus, i m: Brun­nen; fa­ce­tus, a, um: wit­zig, schlag­fer­tig
cae­lestia, ium n: Him­mels­er­schei­nun­gen

(5) In­for­mie­ren Sie sich über wei­te­re geis­ti­ge Leis­tun­gen, die Tha­les zu­ge­schrie­ben wer­den.

  • Vor­her­sa­ge einer Son­nen­fins­ter­nis
  • Be­rech­nung der Höhe von Py­ra­mi­den
  • an­geb­li­che „Vor­aus­be­rech­nung“ einer rei­chen Oliven­ern­te (Die vor­sorg­li­che An­mie­tung einer gro­ßen Zahl von Öl­müh­len im vor­aus­ge­hen­den Win­ter zu einem nied­ri­gen Preis habe Tha­les zur Zeit der über­rei­chen Ernte viel Geld ein­ge­bracht, wo­durch er be­wie­sen habe, dass Phi­lo­so­phen durch­aus ge­schäfts­tüch­tig sein könn­ten, wenn sie woll­ten.)

 

Die Na­tur­phi­lo­so­phen (Vor­so­kra­ti­ker): Her­un­ter­la­den [docx][53 KB]

Die Na­tur­phi­lo­so­phen (Vor­so­kra­ti­ker): Her­un­ter­la­den [pdf][381 KB]

 

Wei­ter zu Ana­xi­man­der von Milet